14-Jähriger bleibt angeklagt

Die Anklage wegen Raubes gegen einen 14-Jährigen, der in der Justizanstalt Josefstadt vergewaltigt wurde, bleibt aufrecht. Er war enthaftet worden, nachdem die Behörden nicht ausgeschlossen hatten, dass bei dem Burschen eine verminderte Reife vorliege.

„Die Anklage ist aufrecht“, betonte die Sprecherin des Straflandesgerichts, Christina Salzborn, am Freitag. Der 14-Jährige werde sich Ende Juli vor einem Schöffensenat verantworten müssen, weil er gemeinsam mit zwei jugendlichen Komplizen sowie einem noch strafunmündigen Buben auf der Straße einen älteren Mann überfallen wollte. Der Mann wurde laut polizeilichen Ermittlungen mit zwei gezückten Messern bedroht, eines davon soll der 14-Jährige in Händen gehalten haben.

„Keine Indizien auf verzögerte Reife“

Bei ihrer Festnahme sollen die Jugendlichen den Polizeibeamten gegenüber zugegeben haben, schon in der Vergangenheit einen Raub besprochen zu haben. Sie sollen auch eingeräumt haben, nach dem Überfall auf den älteren Mann einen weiteren Coup geplant und sich bereits über die Verwendung der Beute unterhalten zu haben.

Wie die Mediensprecherin hervorhob, habe es dabei beim 14-Jährigen „keine Indizien auf eine verzögerte Reife gegeben“. Die Einvernahme mit dem 14-Jährigen habe eine spezialisierte Jugendrichterin durchgeführt, der Bursche habe dabei keinen nachhaltig beeinträchtigten Eindruck gemacht. „Die Einvernahme war möglich. Er hat die an ihn gerichteten Fragen beantworten können“, sagte Salzborn.

Das Wiener Straflandesgericht verhängte daraufhin über das Trio wegen Tatbegehungsgefahr die U-Haft. In Haft wurde der 14-Jährige Anfang Mai schwer misshandelt und vergewaltigt - mehr dazu in Jugendlicher in Haft misshandelt.

Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft enthaftet

Als am 14. Mai die Anklage eingebracht wurde, wurden von der zuständigen Hauptverhandlungsrichterin obligatorische Erhebungen bei der Jugendgerichtshilfe in Auftrag gegeben. Die Jugendgerichtshilfe stellte laut Salzborn Lerndefizite und eine leichte Intelligenzminderung fest und kam zum Schluss, es liege bei dem Burschen womöglich eine verminderte Reife vor.

Darauf wurde vom Gericht ein Gutachten der Kinder- und Jugendpsychiaterin Gabriele Wörgötter bestellt, die am 10. Juni per E-Mail die Einschätzung der Jugendgerichtshilfe bestätigte. Nach Erhalt der E-Mail wurde der 14-Jährige unverzüglich mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft enthaftet.

Justizministerin räumt Fehler ein

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) räumte am Freitag Fehler der Justiz ein. „Aus heutiger Sicht hätte man das Opfer nicht in diese Zelle sperren dürfen. Das war ein Fehler“, so Karl bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Karl sieht die Verantwortung allerdings bei der zuständigen Richterin, die die U-Haft verhängt hatte - mehr dazu in Karl kritisiert Richterin .

Kritik an Umständen im Jugendstrafvollzug

Nach dem Vorfall wurde zuletzt von mehreren Seiten Kritik an den Umständen im Jugendstrafvollzug laut. Im Ö1-„Mittagsjournal“ hatte sich Gefängnislehrer Wolfgang Riebniger zu dem Fall geäußert: „Der hätte nie ins Gefängnis gehört, oder zumindest nach kürzester Zeit entlassen.“ Man habe auch schriftlich gegenüber dem Gericht auf die vermutete Strafunfähigkeit hingewiesen.

Angespannte Personalsituation

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Katholischen Gefangenenhausseelsorger Österreichs, Christian Kuhn, führte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress die angespannte Personalsituation im Strafvollzug an. Der Seelsorger: „Ist der Staat nicht in der Lage, Menschen während der Haft zu schützen, darf er sie nicht verhaften. Es ist völlig unverhältnismäßig, etwa wegen eines Einbruchs in Untersuchungshaft zu kommen und Opfer eines schlimmeren Verbrechens zu werden.“

Kuhn wandte sich jedoch gegen eine Schwarz-weiß-Diskussion: „Weder passiert der aktuelle Vorfall täglich, noch ist es ein Jahrhundertseinzelfall - leider.“ Er bezeichnete es als „eines der großen Probleme in jedem Gefängnis, wie man schwache Gefangene vor Übergriffen durch Mitinsassen schützen kann“.