Vergewaltigter 14-Jähriger „kein Ausreißerfall“

„Das war kein Ausreißerfall“, sagte der Wiener Jugendrichter Andreas Hautz über die mutmaßliche Vergewaltigung eines 14-Jährigen in der Justizanstalt (JA) Josefstadt. Der Richter sprach von zwei ähnlichen Fällen „im letzten halben oder dreiviertel Jahr“ in der JA-Josefstadt.

Er habe „im letzten halben oder dreiviertel Jahr“ in seiner beruflichen Funktion in der Abteilung für Jugendliche bzw. junge Erwachsene (Häftlinge im Alter zwischen 18 und 21, Anm.) der JA Josefstadt zwei ähnlich gelagerte Fälle wahrgenommen, stellte Hautz im Gespräch mit der APA fest. Ihn persönlich würden Gewalttätigkeiten und körperliche bzw. sexuelle Übergriffe im Jugendgefängnis nicht wundern, sagte Hautz: „Das kommt dabei raus, wenn man zu viele Leute auf zu engem Raum einsperrt.“

Recht, „möglichst einzeln“ untergebracht zu werden

In Zusammenhang mit der anhaltenden Kritik an den Haftbedingungen hat der Wiener Strafrechtsprofessor und Kriminologe Wolfgang Gratz in einem Gastkommentar im „Standard“ (Montag-Ausgabe) auf eine Bestimmung im Strafvollzugsgesetz (StVG) aufmerksam gemacht, derzufolge sämtliche Strafgefangene grundsätzlich einen Rechtsanspruch darauf haben, „während der Zeit der Nachtruhe“ - so die Formulierung im Paragraph 124 StVG - „möglichst einzeln“ untergebracht zu werden.

Von der Einzelunterbringung Strafgefangener bei Nacht darf demnach laut Gesetz „nur abgesehen werden, soweit die Einrichtungen der Anstalt eine solche nicht zulassen, organisatorische Gründe entgegenstehen oder wenn der Strafgefangene die Unterbringung in Gemeinschaft mit anderen wünscht.“

„Diese Bestimmung ist mittlerweile 20 Jahre alt“, betonte Jugendrichter Hautz. Dessen ungeachtet sei es in zahlreichen Justizanstalten aus baulichen und infrastrukturellen Gründen noch immer nicht möglich, ihr Genüge zu tun. Es wäre daher an der Zeit, im Strafvollzug dem Gesetz entsprechende Bedingungen zu schaffen, gab der Standesvertreter zu bedenken.

„Falter“: Missstände im Jahr 2009 „prophezeit“

Neue Vorwürfe erhob indessen die Wiener Wochenzeitung „Falter“ unter Berufung auf interne Akten aus dem Justizministerium. Demnach sollen Spitzen des Ministeriums bereits 2009 von Beamten von schweren Missständen im Jugenddepartement der Justizanstalt informiert worden sein. Ein Sprecher von Ressortchefin Beatrix Karl (ÖVP) wollte die Vorwürfe am Dienstag gegenüber der APA nicht kommentieren. Damals sei noch Karls Vorgängerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) im Amt gewesen, außerdem sei in erster Linie die Strafvollzugsdirektion angesprochen.

Bekannt geworden war der Fall des 14-Jährigen, weil die Wiener Jugendrichterin Beate Matschnig erneut unzumutbare Bedingungen in der Jugendabteilung der JA-Josefstadt im „Falter“ kritisierte. An Wochenenden werden die Jugendlichen bereits ab 13.00 Uhr in ihre Zellen gesperrt, an manchen Wochentagen bereits um 15.00 Uhr. Die Jugendrichterin sprach deshalb von „Folter“ - mehr dazu in Jugendlicher in Haft misshandelt.

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