Eine Million Euro für nie gebautes Gefängnis

Vor sechs Jahren sollte ein neues Justizzentrum in Wien-Erdberg viele Probleme im Jugendstrafvollzug lösen. Das 77 Millionen teure Projekt wurde jedoch nie gebaut. Trotzdem überwies das Ministerium eine Million Euro an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG).

Modell Justizzentrum Erdberg

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Modell des Justizzentrums

Seit Dienstag ist eine Taskforce im Justizministerium damit beschäftigt, die Frage zu beantworten, wie man Haftbedingungen für Jugendliche künftig ändern und verbessern könnte - mehr dazu in U-Haft für Jugendliche auf Prüfstand. Im Raum steht unter anderem eine neue Jugendstrafanstalt in Wien-Umgebung.

Diese Idee wurde bereits vor sechs Jahren aufgegriffen: Geplant war damals ein neues Justizzentrum speziell für jugendliche Straftäter in Wien-Erdberg. Gebaut wurde jedoch nie, trotzdem wurde der Steuerzahler kräftig zur Kasse gebeten.

Teurer Plan, ohne „Plan B“

Das Justizzentrum in Erdberg soll auf dem Papier schon fix und fertig geplant gewesen sein. Vorgesehen waren rund 450 moderne Plätze für jugendliche Straftäter und ein eigener Jugendgerichtshof. Bereits vor vier Jahren hätten die Arbeiten für die Strafanstalt in der Baumgasse beginnen sollen, doch aus dem 77 Millionen Euro schweren Projekt wurde schließlich nichts außer Blaupausen.

Dennoch überwies das Justizministerium 2011 eine Million Euro aus öffentlichen Geldern an die BIG, die mit der Planung des Projektes beauftragt gewesen war, berichtet „Wien heute“. Als Gründe für die dennoch erfolgte Zahlung werden vor allem die umfangreichen Planungen und der internationale Architekturwettbewerb genannt. Normalerweise würden solche „Vorauszahlungen“ erst nach der Fertigstellung des Gebäudes von den Gesamtkosten abgerechnet.

Blick durch Zaun auf Grundstück

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Blick auf das Grundstück

„Wien heute“ in der ORF-TVthek.

Aus Insiderkreisen heißt es, dass das Justizministerium noch nie zuvor für einen nicht durchgeführten Bau gezahlt habe. Der Pressesprecher der Justizministerin teilte unterdessen mit, dass heute niemand der damals Verantwortlichen im Bundesministerium tätig sei.

Mobilität statt Gitterblick

Zum ersten Mal wurde das Justizzentrum mit Jugendgerichtshof im Jahr 2007 unter der damaligen Justizministerin Maria Berger (SPÖ) vorgestellt. Zwei Jahre später kündigte ihre Nachfolgerin Claudia Bandion-Ortner eine Verschiebung des Projektes aus Geldmangel an. Das Thema wurde daraufhin nicht mehr aufgegriffen. Mittlerweile wurde das Grundstück in der Baumgasse vom ehemaligen Eigentümer für elf Millionen Euro an den ÖAMTC verkauft. Statt eines Justizzentrums soll sich dort künftig ein Mobilitätszentrum befinden.