Heime: Bisher 1.320 Opfer entschädigt

Die Aufarbeitung eines dunklen Kapitels in der Geschichte der Wiener Kinderheime läuft: Bis Oktober bekamen 1.320 Betroffene von Gewalt und Missbrauch vom Weissen Ring eine Entschädigung. Es melden sich aber im Schnitt noch immer 44 Betroffene pro Monat.

Drohungen, massive sexuelle Übergriffe oder Schläge: Insgesamt haben sich bisher 1.904 Menschen an den Weissen Ring gewandt, der von der Stadt mit der Abwicklung der Entschädigungszahlungen beauftragt wurde. Neben monetären Zuwendungen gibt es für die Betroffenen auch psychologische Hilfe und Therapien.

Jenes Gremium, dass über Leistungen und Zahlungen entscheidet, hat in bisher 33 Sitzungen 1.700 Fälle einzeln untersucht, sagte Marianne Gammer, Geschäftsführerin des Weissen Rings gegenüber Radio Wien. Davon wurde in 1.320 Fällen finanzielle Unterstützung beschlossen.

Durchschnittlich noch 44 Meldungen pro Monat

Die Höhe der Entschädigungszahlungen beträgt bis zu 25.000 Euro. In besonders schweren Fällen ist diese laut Gammer auch höher. Bei den Betroffenen handelt es sich mit 61,2 Prozent um mehr Männer als Frauen.

Von den Betroffenen wurde am häufigsten das Heim am Wilhelminenberg als Ort von Gewalt genannt. Dahinter folgen Eggenburg und die Hohe Warte. Viele Betroffene lebten übrigens nicht nur in einem Heim, sondern sind öfter gesiedelt. Im Schnitt wurden 4,4 Unterbringungen pro Person berechnet. Aber auch die Unterbringung bei Pflegeeltern konnte von Gewalt geprägt sein - davon erzählten 196 Opfer.

„Am meisten werden Gewaltübergriffe von Personen angegeben, die zwischen 1950 und 1959 geboren wurden“, sagte Gammer. Auch wenn die Zahl der „Neumeldungen rückläufig“ ist, wurden vom Weissen Ring in diesem Jahr noch immer durchschnittlich 44 Meldungen pro Monat gezählt. Im Vorjahr meldeten sich im Durchschnitt 55 Personen pro Monat.

Heimreform im Jahr 2000

Im Juni legte eine Untersuchungskommission unter Leitung von Barbara Helige ihren Bericht zum Kinderheim am Wilhelminenberg vor. Dort „hat es systematische Gewalt und Missbrauch gegeben“. Den verantwortlichen Politiker seien die Missstände in Heimen betreffend physische Gewalt spätestens seit den 1960er Jahren in vollem Ausmaß bekannt gewesen, heißt es darin - mehr dazu in Wilhelminenberg: Missbrauch bestätigt.

Seit der Heimreform im Jahr 2000 gibt es in Wien keine Großheime mehr. Die Kinder werden nunmehr in Wohngemeinschaften untergebracht. Zudem wurden auch Krisenzentren geschaffen. Dort werden Kinder und Jugendliche laut Jugendamt vorläufig untergebracht, wenn der Schutz in der Familie nicht mehr gewährleistet werden kann. Auch Pflegeeltern erhalten heutzutage eine Ausbildung.

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