Groebner: „In Wien musst du immer bitte sagen“

Severin Groebner watscht in seinem Programm „Servus Piefke!“ die Deutschen ab. Dafür bekam er den Österreichischen Kabarettpreis 2013 verliehen. Im Gespräch mit wien.ORF.at erzählt Groebner, warum er Wien den Rücken kehrte.

„Als Exil-Wiener und Wahl-Frankfurter illustriert er die Eigentümlichkeiten der Deutschen mit originellen und genüsslich ins Groteske fortgestrickten Begegnungen und Erlebnissen“, würdigte die Jury Groebners Programm - mehr dazu in Severin Groebner bekommt Kabarettpreis (wien.ORF.at; 20.08.2013). Im Interview erzählt Groebner über seine Jugend im Helmut Qualtinger Hof, warum sich die Österreicher gerne mit den Deutschen beschäftigen und warum er den Kabarettpreis verdient hat.

wien.ORF.at: Wie fühlt man sich, wenn man den Österreichischen Kabarettpreis 2013 gewonnen hat?

Severin Groebner: Gut und überrascht, weil ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet hätte, dass ich von Wien in irgendeiner Form noch ausgezeichnet werde. Ich meine, ich bin jetzt zehn Jahre weg. Man wird sich an mein Wegsein bereits gewöhnt haben. Ich bin zwar regelmäßig da, um zu spielen, aber anscheinend hab ich genügend Eindruck hinterlassen, dass sie gesagt haben: Dieses Jahr kriegt der Groebner den Kabarettpreis.

Severin Groebner

ORF/ Florian Kobler

Am Tag nach der Preisverleihung im Muth und der anschließenden Feier brauchte Kabarettist Severin Groebner vor allem eines: Kaffee

wien.ORF.at: Haben Sie den Preis verdient?

Groebner: Sicher, klar hab ich den Preis verdient. Wer sonst? (lacht) Die Jury besteht ja zusammengesetzt aus lauter namhaften Kulturjournalisten und wer bin ich, um dieser gesammelten Ansammlung von Integrität und Kunstbeflissenheit zu widersprechen. Also wenn die meinen, dass ich den Preis verdient habe, selbstverständlich hab ich ihn dann verdient.

wien.ORF.at: Muss man als österreichischer Künstler ins Exil oder Ausland gehen, damit man in Österreich etwas wert ist?

Österreichischer Kabarettpreis

Dieser Preis wird seit 1999 in Wien verliehen. Neben Severin Groebner gewannen heuer BlöZinger (Förderpreis) und die Science Busters (Sonderpreis).

Groebner: Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass man erst respektiert wird, wenn man lang genug weg ist. Weil für den Wiener ist die Vorstellung, dass man nicht in Wien lebt, ja völlig verrückt. Wien ist zwar „gschissen“ und „oasch“, alles „Drecksgfrasta“, aber draußen ist es ja noch viel, viel schlimmer. Da ist ja Land. Man war zwar schon einmal in Gumpoldskirchen oder vielleicht sogar einmal in Graz, aber das ist ja nichts. Insofern nötigt es dem Wiener dann grundsätzlich Respekt ab, wenn ein Wiener woanders wohnt. Er versteht es zwar nicht, aber es nötigt ihm irgendwie Faszination ab.

wien.ORF.at: Kann es auch daran liegen, dass Sie in Ihrem Programm „Servus, Piefke!“ als Österreicher auf die Deutschen draufhauen?

Groebner: Das wäre die nächste Vermutung, die ich auch schon gehabt habe. Bei diesem Programm, in dem ich die Deutschen ja auch verarsche - natürlich nur freundlich necke, was den Deutschen auch gut gefällt, habe ich ein bisschen den Eindruck, dass es in Österreich heißt: „Ah, er ist halt doch einer von uns. Das hat er gut gemacht.“

wien.ORF.at: Welchen Ehrenplatz bekommt denn der Preis?

Groebner: Der Preis kriegt den Ehrenplatz zwischen dem Salzburger Stier, den ich 2004 gewonnen hab, und dem deutschen Kleinkunstpreis, den ich 2003 gewonnen hab. Der steht dann oben auf meinem Regal, schön zum Anschauen und sachte zum Einstauben. Ich hab mal kurz überlegt, weil der Preis so ein Spiegel ist, ob ich ihn ins Bad stellen soll als Rasierspiegel. Ich mag das ja auch gern, wenn Preise nicht nur dekorativ sind.

Kabarettpreisverleihung: Science Busters, Severin Groebner, Robert Blöchl, Roland Penzinger

PID/Georg Oberweger

Kabarettpreisträger 2013: Heinz Oberhummer, Martin Puntigam (Science Busters), Severin Groebner, Robert Blöchl und Roland Penzinger (BlöZinger)

wien.ORF.at: Warum haben Sie Österreich den Rücken gekehrt?

Groebner: Das war ein Bündel von Gründen. Also im Programm erwähne ich die schwarz-blaue Koalition, die hat auch einen Ausschlag gegeben. Keine Frage, denn ich war nie ein Fan der FPÖ und werde es in dem Leben auch nicht mehr. Es gab auch private Gründe und ich konnte parallel dazu in München durchstarten.

Zur Person

Severin Groebner wurde 1969 in Wien geboren und wuchs im „Helmut Qualtinger Hof“ auf. Von 1992 bis 1999 bildete er mit Klaus Gröll das Kabarettduo Gröll & Groebner. Inzwischen wohnt Groebner in Frankfurt am Main und ist als Solokabarettist und Schauspieler erfolgreich.

Ich habe dort Watzmann gespielt und anschließend fünf Jahre immer Sommertheater gemacht. Man hat mich endlich einmal spielen lassen. Dinge, bei denen ich in Wien immer „bitte“ sagen musste. Man muss da immer betteln kommen. Man merkt ein bisschen, dass Wien Reichs- und Residenzstadt war. Muss man immer antichambrieren. Ich kann viele Dinge, antichambrieren gehört nicht dazu. Aber mittlerweile hat sich das auch gebessert in Wien, mir gegenüber zumindest.

Und in München hat das damals wirklich angefangen, parallel dazu hab ich in Nürnberg den deutschen Kabarettförderpreis bekommen und ich hab einfach das Gefühl gehabt, Deutschland sagt: „Ja, schön, komm, wir finden dich geil.“ Und in Österreich hat man gesagt: „Jaja, geh hoid nur. Wennst glaubst, dann geh hoid.“ Und dann bin ich halt gegangen.

wien.ORF.at: Kann es auch daran liegen, dass man in Österreich als Kabarettist große Konkurrenz aus der Politik bekommt?

Groebner: Man ist als Kabarettist ja auch Staatsbürger und hätte natürlich gern eine gut arbeitende, funktionierende Regierung, ein Parlament, auf das man stolz sein kann, und politische Debatten, die nicht nur blöde gegenseitige Beschimpfungsorgien sind auf einem Niveau, wo du dir denkst: „Wie sats ihr eigentlich genau zu dem Job kumma? Weil in da Fleischhauerei ka Stö mehr frei woa?“ Natürlich ist man als Kabarettist in der guten Lage, dass man Rohmaterial bekommt, wenn Politiker sich besonders blöd aufführen. Aber ganz ehrlich, ich hätte auch ausreichend Ideen wenn die politische Situation eine andere wäre.

wien.ORF.at: Ist Ihr Programm „Servus Piefke“ das Cordoba des Kabaretts?

Groebner: Es ist einfach so, dass sich die Österreicher immer wieder gerne mit den Deutschen beschäftigen. So, wie vielleicht der Kollege Stermann sich als Deutscher mit den Österreichern beschäftigt, hab ich mich zufällig zeitgleich mit den Deutschen beschäftigt. Es gab auch früher schon Themen und Fernsehserien, die sich mit dem Verhältnis beschäftigt haben. Ich denke da an die Piefke-Saga von Felix Mitterer. Auch wenn man sich das Weiße Rössl anschaut, den Klassiker. Da liegt das auch die ganze Zeit drunter, dass sie den Berliner verarschen am Wolfgangsee. Das ist also ein Quell ewiger Freude.

wien.ORF.at: Sind Sie nach Auftritten bedroht worden?

Veranstaltungshinweis

Severin Groebner spielt „Servus, Piefke!“ am 22. Dezember, um 20.00 Uhr im Theater Akzent

Groebner: Zu neunzig Prozent gefällt es den Leuten sehr gut, aber es gibt dann schon immer wieder Leute, die rausgehen und sagen: „Na so kann man das aber nicht sagen.“ Und das finde ich auch ganz gut, weil „Everybodys darling is everybodys Oaschloch“, wie man in Wien sagt. Und bei Kabarett, das allen gefällt und von allen Seiten Applaus bekommt, stimmt irgendetwas nicht.

wien.ORF.at: Der Kabarettpreis ist mit 5.001 Euro dotiert. Was sagen Sie zum Kabarettduo BlöZinger, das mit dem Förderpreis ja nur um zwei Euro weniger verdient hat als Sie?

Groebner: Sie haben in Wahrheit 2.500 Euro weniger verdient, weil sie den Preis teilen müssen. Die Armen! Ich hab ja auch lange im Duo gearbeitet und weiß, du denkst dir immer: „Warum geht sich das wirtschaftlich nicht aus. Ich spiel ja viel. Achso, weil ich immer teilen muss, mit dem anderen.“ Ich mag BlöZinger sehr und finde, dass sie eine ganz eigene Handschrift, einen typisch oberösterreichischen Humor, einen sehr genauen Blick und die Gabe haben, dass sie Leute, die sie beobachten, sehr schön wieder auf die Bühne hinstellen können.

wien.ORF.at: Sie sind im „Helmut Qualtinger Hof“ aufgewachsen. Was hatte das für einen Einfluss auf Ihre Kabarettlaufbahn?

Groebner: Der Gemeindehof hatte große Auswirkungen auf mich. Der Helmut Qualtinger auch, aber dass das zusammenkommt war eher Zufall. In meinem Elternhaus im Gemeindebau wurde einigermaßen schönes, österreichisches Hochdeutsch gepflegt. Und „im Bau hob i hoid glernt, wie ma red, wie ma leiwand sagt und Gschissener“.

Helmut Qualtinger wiederum kenne ich von Kindesbeinen an - von „Der Wilde mit seiner Maschin“ und der „Herr Karl“. Ich hab den Spruch gelernt und herausgefunden, was Kabarett ist. Da der Qualtinger dann leider gestorben ist, wurde dieser Hof nach ihm benannt. Da freut man sich, denn das kann man schön in die Biografie reinschreiben.

Das Interview führte Florian Kobler, wien.ORF.at

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