Pürstl: „Ungenaue Formulierung“

Mit der Aussage, Rettungsdaten über Demonstranten heranzuziehen, um diese auszuforschen, hat Polizeipräsident Gerhard Pürstl für Aufregung gesorgt. Von der Wiener ÖVP bekommt er Rückendeckung, von SPÖ und Grünen Kritik.

„Und jetzt kommen’s mir nicht mit der Tränendrüse, dass irgendwelche Tränengas ins Auge bekommen haben. Das ist nämlich gut, wenn sie bei der Rettung waren - da gibt’s die Daten, dann können wir sie ausforschen“, hatte Pürstl in der Sendung gesagt. Grüne, Sozialistische Jugend (SJ) und der Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ) fordern jetzt wegen dieser Aussage, wie die Polizei gewalttätige Demonstranten ausforschen könnte, seinen Rücktritt.

ÖVP stellt sich hinter Pürstl

Die Wiener ÖVP stellt sich hinter den kritisierten Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Die Rücktrittsaufforderungen an Pürstl „seitens der Grünen aber auch Teilen der SPÖ“ seien „für uns nicht nachvollziehbar“, betonte Landesparteichef Manfred Juraczka.

TV-Hinweis

Ein Beitrag dazu ist am 27. Jänner um 19.00 Uhr in „Wien heute“ in ORF2 und danach on demand zu sehen.

Das sei eine zu ungenaue Formulierung, sagte Pürstl schließlich am Montag gegenüber „Wien heute“. In der Sache sei sie aber gesetzlich gedeckt und Polizeialltag. Es gehe nicht um eine Liste aller verarzteten Demonstranten, sondern um konkrete Fälle nach Straftaten - mehr dazu in Pürstl: „Bleiben Sie am Teppich“.

Datenabgleich erfolgt nicht automatisch

In der Tat erfolgt ein Datenabgleich zwischen Berufsrettung und anderen Behörden nicht automatisch. Das bekräftigte am Montag der stellvertretende Chefarzt der Wiener Berufsrettung, Franz Mikulcik: „Die anfordernde Behörde muss eine entsprechende Rechtsgrundlage liefern. Die wird von uns geprüft.“ Eine entsprechende Anfrage der Wiener Polizei gebe es derzeit nicht, so Mikulcik. Solche Anfragen seien aber grundsätzlich relativ häufig, etwa bei Körperverletzungen. „Es ist nicht so, dass der Zettel automatisch hinüberwandert“, betonte der Chefarzt.

Keine Möglichkeit für die Polizei, Personendaten von Rettung und Spitälern einfach so zu verlangen, sieht auch Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk. Das sei nur der Staatsanwaltschaft möglich. Dafür müsste aber ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sein und ein konkreter Verdacht gegen eine konkrete Person vorliegen.

„Wenn es nur eine eingeschlagene Fensterscheibe ist, wird hier wahrscheinlich ein solcher Ermittlungsauftrag die Verhältnismäßigkeit übersteigen, was anderes ist es, wenn es um Verletzung von Menschen geht“, so Funk. Die Staatsanwaltschaft Wien betonte, man könne Datenbeischaffung anordnen. Natürlich benötige man aber einen Verdacht.

Demo vor der Justizanstalt Josefstadt

Rund um den Akademikerball sind nach den Krawallen 15 Personen festgenommen worden. Davon sitzt eine noch in Haft. Es gab Hunderte Anzeigen, die meisten wegen unerlaubter Versammlung in der Sperrzone. Gemeinsam mit der deutschen Polizei werden nun Namenslisten ausgetauscht sowie Überwachungsvideos gesichtet.

Vor der Justizanstalt Josefstadt versammelten sich am Montag rund 80 bis 100 Personen zu einer angemeldeten Demonstration. Diese war von den beiden Plattformen Nowkr.at sowie Umsganze.org (Organisatoren einer der Demonstrationszüge gegen den Akademikerball vom Freitag) als Solidaritätsbekundung für einen der am Freitag Festgenommenen angekündigt worden.

Nach knapp einer Stunde war die Aktion vor der Justizanstalt beendet. Laut einem Sprecher der Demonstranten befindet sich noch einer der bei den Kundgebungen am Freitag Festgenommenen in Untersuchungshaft. Es soll sich dabei um einen Mann aus Deutschland handeln, hieß es gegenüber der APA.

Glawischnig drohte mit Rauswurf

Eine von den Jungen Grünen zur Verfügung gestellte Domain für eine Anti-Akademikerball-Website hat am Montag zu einer Auseinandersetzung mit Parteichefin Eva Glawischnig geführt. Diese hatte der Jugendorganisation mit dem Rauswurf gedroht, wenn die Kontrolle über Inhalte der Website nicht garantiert werde. Die Jungen Grünen wiederum attestierten Glawischnig zunächst „schlechten Stil“, lenkten dann aber doch ein - mehr dazu in Junge Grüne geben nach Rüffel klein bei (news.ORF.at).