„Neger“ in Legasthenietest: Lehrerin vorgeladen

Ein Legasthenietest am Bernoulligymnasium in der Donaustadt sorgt für Aufregung: Dabei sollten die Schüler in einem Text das Wort „Neger“ finden. Der Stadtschulrat lädt nun die Lehrerin vor, der Schuldirektor stellt sich hinter sie.

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Direktor Albert Schmalz

„Von dem Arbeitsblatt distanzieren wir uns deutlich. Wir akzeptieren Rassismus an Schulen nicht“, betonte die Leiterin der AHS-Abteilung im Stadtschulrat, Gabriele Dangl. Der Behelf stamme aus dem Jahr 1972. Auf einem Arbeitsblatt mit Anagrammen mussten die Schüler im Rahmen einer unverbindlichen Übung für Kinder mit Legasthenieproblemen die Wortkombination „Neger/Enger“ finden. Zur Auswahl standen daneben noch Kombinationen dieser Worte mit den Begriffen „Regen“ und „Gerne“.

„Das Lehrbuch hat sich in der Vergangenheit bewährt. Die Kollegin hat aber leider ein Arbeitsblatt erwischt, auf dem dieser nicht mehr zeitgemäße Ausdruck gedruckt war. Sie hat das erst beim Austeilen bemerkt und die Schüler daraufhin gewiesen, dass dieses Wort hier nichts verloren hat. Sie hat das Blatt aber bei den Schülern gelassen, um die Aufregung nicht künstlich zu vergrößern“, sagte Direktor Albert Schmalz im ORF-Interview.

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Der umstrittene Legasthenietest

„Begriff erklären und nicht verstecken“

Das Arbeitsblatt sei im Jahr 1972 „offenbar unreflektiert“ vom Unterrichtsministerium approbiert worden und stamme aus einem Förderheft für Legastheniker, so Dangl. „So etwas hat heutzutage ganz klar keine Berechtigung.“ Man werde alle Schulen informieren, dass etwaige Altbestände nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen.

Der Direktor verteidigt seine Kollegin: „Man hätte die Blätter einziehen können. Aber die Kollegin war der Meinung, dass es mehr Sinn ergibt, diesen Begriff nicht zu verstecken, sondern darüber zu reden und ihn zu erklären.“

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Das Gymnasium in der Donaustadt

Betroffene Lehrerin hat dunkelhäutige Tochter

Bei dem Gespräch mit der Lehrerin werde man genau recherchieren, warum dieses Material zum Einsatz gekommen sei, sagte Dangl. „Die Kollegin galt bisher als sehr schülerInnenfreundlich. Dementsprechend wird nach dem Gespräch die Überlegung sein, welche dienstrechtlichen Konsequenzen daraus erwachsen.“ Eine Suspendierung der Lehrerin komme bis dahin nicht infrage, da keine Gefahr im Verzug vorliege.

TV-Hinweis:

Das Interview mit dem Direktor sehen Sie in „Wien heute“, 19.00 Uhr, ORF 2 oder in der ORF TVthek.

Den Fall aufgebracht hatte der Journalist Simon Inou. „Das ist ein klarer Fall von Alltagsrassismus“, sagte er gegenüber wien.ORF.at. Unter den Schülern ist laut Inou auch ein schwarzes Mädchen. Deren Eltern hätten sich an ihn gewandt. Die Empörung über seine Kollegin kann Schmalz nicht nachvollziehen: „Mich wundert, dass das Mädchen so betroffen war. Immerhin weiß sie, dass die betroffene Lehrerin ein dunkelhäutiges Mädchen in ihrem Alter adoptiert hat.“

Für die Organisation für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit (ZARA) sind Fälle von rassistischen Lehrmaterialien nicht neu. „Es kommt leider immer wieder vor, dass im Schulunterricht so etwas auftaucht“, sagte Sprecherin Claudia Schäfer.

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