AMS schafft Aktivierungskurse ab

Das Wiener Arbeitsmarktservice (AMS) stellt die umstrittenen Aktivierungskurse ein. Sie werden durch Kursbausteine ersetzt, die individuell wählbar sind. Das soll etwa verhindern, dass Menschen für sie sinnlose Kurse besuchen müssen.

„Derzeit haben wir eine sehr starke Logik im Ablauf, deshalb wollen wir diesen Bereich auf völlig neue Füße stellen. Inhalt und Niveau müssen einfach passen“, sagte Petra Draxl, Geschäftsführerin des Wiener AMS. Rund 300 Beschwerden zu AMS-Angeboten seien im Jahr 2012 eingegangen. Etwa die Hälfte davon sei berechtigt gewesen.

Frau beim AMS

ORF.at/Julia Hammerle

AMS reformiert Kursprogramm

Derzeit laufen noch drei große Aktivierungsprogramme: „Rasch zum Job“, „Neu starten“ und „ACE - Aktivierung, Coaching, EDV“. Zwar machen diese Kurse laut Draxl nur ein Drittel des gesamten AMS-Angebots aus, sorgen aber für die meiste Kritik: ein Bewerbungskurs von Unterlagen bis Präsentation, nur von einem Trainer unterrichtet und mit unterschiedlichsten Teilnehmern, egal, ob man das möchte oder nicht. Bis November sollen jetzt zusätzlich etwa die Kursbedingungen oder die tatsächliche Anwesenheit des Trainers überprüft werden.

Kein Zwangsbesuch sinnloser Kurse mehr

Ab November soll es mehr Flexibilität und Individualität geben. Arbeitslose sollen künftig nach einer Beratung selbst entscheiden, welche Workshops sie in Anspruch nehmen und wie sie ihre bis zu sechs Wochen dauernde Aktivierungsphase aufteilen wollen. Das soll verhindern, dass Arbeitslose für sie sinnlose Kurse besuchen müssen oder bereits absolvierte Kurse noch einmal machen müssen.

Das neue Kursprogramm soll mit rund 20 Bausteinen beginnen. Die Auswahl reicht dabei vom Bewerbungsunterlagencheck über Gesprächs- und Stimmtraining bis hin zu Präsentation und Umgang mit Absagen. Werden spezifische Leistungen nachgefragt, könne das AMS durchaus noch nachrüsten. Das Budget für die Bausteine bleibt gegenüber den Kursen unverändert. Für die neue Jobwerkstatt stehen 16 Mio. Euro zur Verfügung.

Die Zahl der Teilnehmer an den künftigen Bewerbungskursen wird reduziert. Plätze sollen für 16.000 Arbeitslose zur Verfügung stehen, das sind um 11.000 weniger als jetzt. Eine Wiener Arbeitsloseninitiative sagt zum neuen Kurskonzept, die persönliche Auswahl sei ein Schritt in die richtige Richtung. Ob die Qualität der Kurse steige, hänge aber sehr von den Trainern ab - und für gute Trainer müsse man mehr Geld ausgeben als bisher.

Neues Ausschreibungsverfahren kommt

Bestehende Verträge mit den Trägern der Aktivierungskurse wie zum Beispiel Bildungsinstituten wurden nicht verlängert. Im Moment wird an einem zweistufigen Ausschreibungsverfahren gearbeitet, das im November abgeschlossen sein soll. Insgesamt werden fünf neue Kurspakete ausgeschrieben, vier regional verknüpfte und eines für Maturanten und Akademiker. „Natürlich können sich die Träger wieder bewerben“, betonte Draxl.

Allerdings hätten sich die Anforderungen deutlich geändert. Statt einem Trainer, der alles abdecke, brauche man nun etwa Spezialisten für jeden Bereich. Sie rechnet mit Trägerzusammenschlüssen für das neue Ausschreibungsverfahren: „Das hat gleich den positiven Effekt, dass sich die Träger untereinander ein bisschen kontrollieren.“

Rund 100.000 Menschen in AMS-Betreuung

Insgesamt betreut das AMS Wien mehr als 100.000 Menschen mit etwa 400 Angeboten. Neben den Aktivierungsprogrammen können Arbeitslose auch Beschäftigungsprojekte, eine fachliche Qualifizierung, etwa einen Sprachkurs, und Grundkompetenzen wie etwa Alphabetisierung in Anspruch nehmen. Das Jahresbudget dafür beträgt 372 Mio. Euro.

55 Prozent der Wiener Arbeitslosen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung, mehr als die Hälfte hat Migrationshintergrund. Nach einer absolvierten Aktivierung befindet sich nach einem halben Jahr etwa ein Drittel der Menschen wieder in einem Beschäftigungsverhältnis.

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