Wohnungen statt Rosenhügelstudios

Die Rosenhügelstudios im Süden Wiens werden ab Herbst schrittweise geschleift. Dort werden ab 2017 sieben Wohnhäuser mit 200 Einheiten und ein unterirdischer Supermarkt realisiert.

Für den Wohncluster, der in Richtung Matthias-Hau-Gasse liegen wird, stehen 17.100 der insgesamt 32.100 Quadratmeter großen Liegenschaft zur Verfügung. Im Zuge eines Wettbewerbs wurde nun eine Gemeinschaftseinreichung des Architektenbüros Berger + Parkinnen und Christoph Lechner als Sieger prämiert.

Die Entwürfe sehen nicht übliche Wohnboxen, sondern weiche organische Grundformen für die fünf bis sechs Geschoße umfassenden Häuser vor. Dank rundumlaufender Balkone bzw. Loggien und dem Erhalt bzw. der Neugestaltung des Grünraums wird man von allen 60 bis 100 Quadratmeter großen Wohnungen „einen super Ausblick“ haben, freute sich Claus Stadler, Geschäftsführer der Strauss & Partner Development GmbH.

Visualisierung

APA/ Berger+Parkkinen Architekten ZT GmbH mit Christoph Lechner & Partner ZT GmbH

So soll das Areal der Rosenhügelstudios künftig aussehen

„Gehobene Mittelklasse“ statt „Luxussegment“

Nach Erledigung aller Widmungsverfahren will man kommenden Herbst zu bauen beginnen. Die ersten Bewohner sollen 2017 einziehen. Preislich wollte sich Stadler nicht festlegen. Im „Luxussegment“ bewege man sich jedenfalls nicht, vielmehr in der „gehobenen Mittelklasse“. Das Auto ist im künftigen Wohnviertel tabu, geparkt wird in einer Tiefgarage darunter.

Offen ist noch, was mit der direkt ans Wohnviertel angrenzenden Halle 1, die aufgrund des Denkmalschutzes erhalten bleiben muss, passiert. Derzeit laufen laut Stadler Gespräche mit Interessenten über - eventuell auch kulturelle - Nachnutzungsmöglichkeiten.

Erste Kunstlichthalle Europas

Der knapp 1.000 Quadratmeter große Quader wurde zwischen 1919 und 1923 errichtet und galt damals als eine der modernsten Aufnahmestudios. „Sie war die erste wirkliche Kunstlichthalle im deutschsprachigen Raum, wenn nicht sogar in Europa“, erklärte Oliver Schreiber vom Bundesdenkmalamt. Zuvor habe man noch im Freien oder in Glashäusern - also bei Tageslicht - gedreht.

Die Halle spielte alle technischen Stücke und war dank ihrer Größe perfekt für opulente Ausstattungsfilme geeignet. „Hier konnte man Ballsäle oder ganze Straßenzüge nachbauen. Unter der Bodenabdeckung befindet sich außerdem ein beheizbares - inzwischen leeres - Wasserbecken, wodurch man bereits in den 1920er-Jahren Unterwasseraufnahmen machen konnte“, so Schreiber. Auch Schiffsszenen oder „Südseeimpressionen“ bannte man hier auf Zelluloid. An der Außenfassade war zudem eine Drehbühne mit 25 Metern Durchmessern angebracht, um Aufbauten nach dem jeweiligen Stand der Sonne ausrichten zu können.

Drehort berühmter Filme

Regie- und Schauspielstars wie Willy Forst, Franz Antel, Paula Wessely, Peter Alexander oder Romy Schneider standen hier vor bzw. hinter der Kamera. „Samson und Delila“ (1922), „Der Engel mit der Posaune“ (1948), „Charley’s Tante“ (1963) oder „Mariandl“ (1961) sind nur einige Beispiele bekannter Rosenhügel-Produktionen. Franz Antel drehte hier zum Teil den „Bockerer“.

In der Spätzeit der Filmstadt werkten hier auch Michael Haneke, unter anderem für „Funny Games“ und „Die Klavierspielerin“, Joseph Vilsmaier mit „Comedian Harmonists“ oder Harald Sicheritz („MA 2412“).

Inzwischen steht ein Großteil der Rosenhügel-Gebäude, die zuletzt von kleineren Produktionsfirmen angemietet wurden, leer. Bis Ende Oktober wird hier noch die Barbara-Karlich-Show für den ORF produziert. Gegen Jahresende ist dann bereits der Beginn der Abrissarbeiten geplant. Zuerst will man den 12.300 Quadratmeter großen Abschnitt in Richtung Speisinger Straße in Angriff nehmen.

Auf dieser Fläche baut Rewe bis Herbst 2015 einen Merkur-Markt. Das Besondere: Das dort vorherrschende Gefälle wird nicht einfach planiert, Verkaufsflächen und Lager verschwinden stattdessen gewissermaßen höhlenartig unter der Erde. Damit bleibt an der Oberfläche darüber Platz, der für „multifunktionale Bildungsräume“ - also etwa Hort oder Kindergarten - nutzbar gemacht werden soll.

„Kinoorgel“ wird restauriert

Bereits seit längerem sind die Pläne für die ebenfalls denkmalgeschützte Synchronhalle, die unmittelbar an die Halle 1 angrenzt, bekannt. Der technisch und architektonisch ausgefeilte Bau aus 1940 wird aufgemotzt und vom Neo-Eigentümer Vienna Symphonic Library als modernes Aufnahmestudio für Film- und Orchestermusik reanimiert. Dabei wird auch eine auf den ersten Blick eher unscheinbare historische Kostbarkeit restauriert - die inzwischen einzige noch erhaltene „Kinoorgel“ Österreichs.

Sie war nicht nur herkömmliches Musikinstrument, sondern wurde auch als Geräuschmaschine bei Filmsynchronisationen eingesetzt. Dank Spezialtasten und ausgeklügelt verbauter Instrumente konnten nicht nur Wind, Regen oder Trommelkrach, sondern auch Telefonklingeln, Kuhglocken oder Pferdegetrappel imitiert werden.