Der Valentinstag der Plattenläden

Dieser Samstag ist ein Feiertag für Vinyl-Liebhaber. Es ist Record Store Day. Speziell für diesen Tag veröffentlichen Labels limitierte Sonderpressungen für Fans und Sammler. Auch in Österreich nehmen 13 Shops teil, vier davon in Wien.

Seit Jahren wird von der Wiederauferstehung der Schallplatte geredet. Für Werner „Shorty“ Schartmüller, Inhaber des Rave Up in der Hofmühlgasse in Mariahilf, ist diese Diskussion über ihr Comeback nicht ganz nachvollziehbar, denn seiner Meinung nach war sie überhaupt nie weg. Den Boom der letzten Jahre hat er nicht wirklich mitbekommen, für ihn drehte sich schon immer alles um Musik auf Vinyl. „Ich wusste schon mit 20 Jahren, dass ich einen Plattenladen aufmachen werde“, so der mittlerweile 60-Jährige.

Sein Geschäft gibt es bereits seit fast 27 Jahren und ans Aufhören denkt Schartmüller noch lange nicht. Beim Record Store Day macht sein Shop heuer zum vierten Mal mit. Es ist der umsatzstärkste Tag im Jahr. „Wir sperren um 9.00 Uhr auf und lassen erst einmal die Stammkunden stöbern, die regulären Kunden kommen dann später“, sagt er und erzählt einer Kundin, die ein Album der Wiener Singer-Songwriterin Clara Luzia kauft, dass diese am Abend des Record Store Day ein kleines Konzert vor seinem Laden spielen wird. Auch solche Zuckerl gibt es.

Schartmüller

Nicole Schöndorfer

Werner „Shorty“ Schartmüller dort, wo er seit fast 27 Jahren steht: im „Rave Up“.

3.000 Plattenläden weltweit

Den offiziellen Record Store Day gibt es seit 2007. Chris Brown, der Besitzer eines Plattenladens im US-Bundesstaat Maine, hat ihn damals vor sieben Jahren ins Leben gerufen, um Aufmerksamkeit für die lokalen Independent- und Spezialisten-Plattengeschäfte zu generieren und so ihnen und sich selbst zu mehr Kundschaft zu verhelfen. Das Konzept ging auf. In diesem Jahr beteiligen sich ungefähr 3.000 Läden weltweit von Kanada über Japan bis Israel am Record Store Day. 2013 waren es noch 1.700. Die Zahl hat sich somit beinahe verdoppelt.

In Wien nehmen wieder Recordbag, Tongues, Substance und eben Rave Up am Trubel um den Record Store Day teil. Etwa 700 spezielle Releases gibt es für diesen Tag. Die Wiener Vertriebe können natürlich nur einen Bruchteil davon bestellen und halten sich dabei an die eigene Spezialisierung. Bei Werner Schartmüller ist dies „härterer Indie-Rock“, wie er sagt. „Von Iggy und den Stooges habe ich alles. Das weiß jeder.“ Aber auch Funk und Soul ist gut vertreten im Rave Up und österreichische Labels sind sowieso immer zuhauf im Sortiment.

Rave Up

Nicole Schöndorfer

Etwa 700 Sonderpressungen erscheinen zum diesjährigen Record Story Day.

Boom bei den Elektro-Großhändlern

Wie bereits mit dem Auftritt von Clara Luzia erwähnt, bieten die Inhaber der Wiener Geschäfte neben den Spezial-Releases noch eine Reihe anderer Zuckerl und Besonderheiten. Im Rave Up profitieren die Kunden ebenso von Specials, wie zum Beispiel im Substance in der Westbahnstraße, wo eine nur für den Shop aufgenommene Two-Track-Single der Wiener Drone-Band Shampoo Boy erhältlich sein wird und im Recordbag in der Kollergerngasse in Mariahilf werden Judo Push und Robert Räudig (Chuzpe) jeweils ein kurzes Konzert spielen.

„Ich weiß alles über jede LP hier“, antwortet Werner Schartmüller auf die Frage, was denn ihn und die unabhängigen Wiener Plattenläden und Elektro-Großhändler, die seit dem sogenannten Boom neben CDs auch wieder verstärkt auf Vinyl setzen, wesentlich unterscheidet. Er und die Kollegen kennen die Platten, die sie verkaufen. Sie haben sie ja immerhin selbst ausgesucht. Konkurrenz machen die Großhändler trotzdem, werden doch leider viele Exemplare bequem von diesen bezogen.

Rave Up

Nicole Schöndorfer

Dass Vinyl boomt, ist für Großhändler neu und bedroht somit die kleinen Shops.

Alle im selben Boot

Mittlerweile ist es außerdem nicht selten, dass Kunden eine nur am Record Store Day erhältliche, limitierte Pressung kaufen, um sie dann wenig später wesentlich teurer auf Ebay anzubieten. Das kann natürlich beim Kauf nicht geprüft und somit auch nicht verhindert werden. Das kann allen passieren. Konkurrenz unter den Plattengeschäften in Wien gibt es laut Schartmüller nicht. „Irgendwann habe ich gelernt, dass man nur mit sich selbst in Konkurrenz stehen kann. Alles andere ist ermüdend“, so der gebürtige Steirer.

Grundsätzlich sitzen sie ja alle im selben Boot. Sie wollen Vinyl-Liebhabern aller Genres zu neuer Musik verhelfen und mit ihnen ihre Leidenschaft teilen. Dass auch ein Geschäftsaspekt dahintersteckt, ist selbstverständlich. Um diesen auch hin und wieder einmal auszukosten und die Kunden daran zu erinnern, warum sie lieber beim kleinen Laden ihres Vertrauens als beim Großhändler im Einkaufszentrum einkaufen, gibt es den Record Store Day.

Logo 2014

Record Store Day

Das Logo des Record Store Day 2014. Botschafter ist heuer US-Rapper Chuck D.

Ab dem nächsten Jahr soll ein kleiner Betrag von den am Record Store Day teilnehmenden Shops eingehoben werden. Plattenladenbesitzer zeigen sich demgegenüber entsprechend unkooperativ, warum sollten sie schließlich für die Arbeit bezahlen, die sie ohnehin das ganze restliche Jahr über machen. Die großen Verlage scheinen Profit zu wittern und begründen die Idee angeblich damit, dass sich mit den Einnahmen doch ein bisschen Werbung machen ließe. Unnötige Werbung, denn Sammler markieren den Tag sowieso schon Monate zuvor rot im Kalender.

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