„Angespannte Personalsituation“ in JA Josefstadt

Die „angespannte Personalsituation“ hat am Donnerstag in der Justizanstalt Josefstadt dazu geführt, dass Vorführungen von Häftlingen nur mit „längeren Wartezeiten“ stattfinden konnten. Das räumte am Freitag die Vollzugsdirektion nach Kritik von Strafverteidigern ein.

Die APA berichtete, dass die mangelnden personellen Ressourcen in der Justizanstalt dazu geführt haben, dass am Donnerstag keine Vorführungen stattfinden konnten. Dass Insassen und vor allem frisch in die Justizanstalt eingelieferte Häftlinge nicht mit ihren Rechtsvertretern sprechen könnten, sei für Richard Soyer, einen der Sprecher der Vereinigung Österreichischer Strafverteidigern „eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Betroffenen“. Noch schärfere Worte fand Heinz Patzelt, Österreich-Generalsekretär von Amnesty International (ai): „Das bedeutet Alarmstufe Rot für das Justizsystem.“

Vollzugsdirektion spricht von „Kapazitätsproblem“

„Es ist unrichtig, dass am Donnerstag sämtliche Vorführungen gestrichen wurden“, sagte der stellvertretende Leiter der Vollzugsdirektion, Christian Timm, gegenüber wien.ORF.at. So hätten am Donnerstag 46 Vorführungen zu Verteidigern und 25 zu anderen Gerichtspersonen stattgefunden.

Er räumt aber ein, dass „es ein Kapazitätsproblem“ gegeben habe, weil sechs sehr aufwändige Vorführungen eingeschoben hätten werden müssen. „Die ohnehin schon sehr angespannte Personalsituation hat dann zu einem eingeschränkten Betrieb geführt. Es hat längere Wartezeiten gegeben", sagte Timm. Es ist aber keine einzige gewünschte Vorführung abgewiesen worden“. Vielleicht hätten die Anwälte länger warten müssen. Es habe eine einzige Äußerung eines Anwalts gegeben, der meinte, sich beschweren zu wollen.

„Eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung“

Bereits seit geraumer Zeit machen der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt - die Einrichtung ist mit offiziell 921 Haftplätzen das größte Gefängnis des Landes - personelle Engpässe beim Wachpersonal zu schaffen. Es könne nicht hingenommen werden, „wenn frisch Verhaftete nicht umgehend mit ihren Anwälten und in angemessener Zeit mit ihren Familien in Kontakt kommen können, weil die Justiz nicht über ausreichendes Personal verfügt“, sagte Patzelt. Er ortete „ganz klar eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung“.

Strafverteidiger, die regelmäßig im Wiener Straflandesgericht und der angrenzenden JA Josefstadt zu tun haben, berichten laut APA bereits seit Wochen über Probleme in der Vorführzone. Anwälte müssten demnach oft stundenlang auf ihre Häftlinge warten, um sich mit diesen besprechen zu können, weil es zu wenig Justizwachebeamte gebe, um die Insassen aus ihren Zellen in die Vorführzone zu bringen.

„Stundenlange Wartezeiten entsprechen nicht unserer Beobachtung“, sagte Timm. Künftig werde man aber überlegen, Betriebe der Justizanstalt vorübergehend zu schließen, um Wachpersonal für die Vorführungen freizuspielen, sagte Timm. Informationen der APA zufolge kursiert in der Anwaltschaft mittlerweile eine Unterschriftenliste, mit der die Verteidiger bei Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eine Reaktion auf die aus ihrer Sicht untragbaren Zustände bewirken möchten.

Causa Stein: Mehr Personal zugesagt

Der Fall eines 74-jährigen Häftlings, der in der Justizanstalt Stein in Niederösterreich völlig verwahrloste, zieht weitere Kreise nach sich. Justizminister Brandstetter sicherte bei einem Lokalaugenschein mehr Personal zu und betonte erneut die Notwendigkeit einer Reform - mehr dazu in noe.ORF.at.