Akademikerball: Kritik an Polizeieinsatz

Die Volksanwaltschaft kritisiert in einem internen Papier den Polizeieinsatz beim Akademikerball und den Gegendemonstrationen im Jänner. Laut Ö1-Morgenjournal ist darin von übertriebenem Pfefferspray-Einsatz die Rede.

Zahlreiche Kritikpunkte aber auch zwei positive Absätze stehen in dem achtseitigen Papier von Volksanwalt Peter Fichtenbauer an die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), das Ö1 zugespielt wurde - mehr dazu in oe1.ORF.at. Fichtenbauer bezeichnete das Schreiben an die Innenministerin gegenüber Ö1 nur als „Anfrage“. Das Innenministerium habe noch nicht reagiert. Insofern gebe es keinen abschließenden Bericht, hieß es.

Demo gegen Akademikerball

APA/Herbert P. Oczeret

Massive Ausschreitungen bei Akademikerball im Jänner

Pfefferspray gegen „zurückweichende Demonstranten“

In dem Papier heißt es, die einzelnen Beamten hätten meist professionell reagiert auf Provokationen - etwa wenn sich Demonstranten an Schutzschilde gelehnt oder Polizisten lächerlich gemacht haben. Und Festnahmen seien korrekt abgelaufen.

Aber kritisiert wird unter anderem übertriebener Pfefferspray-Einsatz nahe dem Parlament. Eine Volksanwaltschafts-Delegation hat beobachtet: „Gegen die bereits zurückweichenden Demonstranten, die wegen der großen Menschenmenge nicht schneller zurückweichen konnten, sei Pfefferspray eingesetzt worden“. Es stelle sich die Frage, ob der Pfefferspray-Einsatz verhältnismäßig war.

Zuvor hatten Demonstranten eine Bank in Richtung der Polizei-Kette geworfen. Zitat: „Es ist für die Volksanwaltschafts-Kommissionen nicht nachvollziehbar, warum nicht mit der gezielten Festnahme der gewaltbereiten Demonstranten sondern mit der Einkesselung von 150 bis 200 Personen reagiert worden ist.“ Und anders als vorgesehen seien bei drei stundenlangen Umzingelungen beziehungsweise Einkesselungen die Betroffenen nicht oder kaum über Lautsprecher informiert worden, wie lange sie in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.

Demo Akademikerball 2014

APA/Herbert P. Oczeret

Gewaltbereite Gegendemonstranten lieferten sich Schlacht mit der Polizei

Nicht genug Polizeicomputer?

Eine Menschenrechtsdelegation der Volksanwaltschaft hat auch eine weinende junge Frau getroffen: „Grund sei gewesen, dass sie die Polizisten eindringlich gebeten habe, den Kessel verlassen zu dürfen, um auf die Toilette zu gehen. Ihre Bitte sei ignoriert worden, wodurch sie gezwungen gewesen sei, auf den Boden zu urinieren. Umso unverständlicher sei es für sie gewesen, dass sie deshalb wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angezeigt worden sei.“

Die Identitätsfeststellungen der hunderten Eingekesselten haben laut Volksanwaltschaft viel zu lange gedauert, und zwar weil es nicht genug Polizeicomputer gab. Bis nach Mitternacht wurde die Akademie der bildenen Künste abgeriegelt, die eigentlich ihren Tag der offenen Tür begangen hat. Zitat: „Wegen fünf Demonstranten, die angeblich Sachbeschädigung begangen haben, seien 200 Personen mehrere Stunden im Gebäude angehalten worden.“

Demo Akademikerball 2014

APA/Herbert P. Oczeret

Kritik an mangelnder Deeskalation

Die zentrale Kritik lautet: „Warum wurde nicht mehr auf die bei der Fußball-Europameisterschaft so erfolgreiche 3D Deeskalationsstrategie gesetzt?“ Also auf Dialog, Deeskalation und Durchgreifen, erst wenn es anders nicht mehr geht. Die Volksanwaltschaft habe keine aktiv deeskalierende Kommunikation wahrgenommen.

Von Innenministerium und Wiener Polizei war gegenüber Ö1 vorerst keine Reaktion auf diese Kritik zu bekommen. Die Polizei hat selbst auch den gesamten Akademikerball-Einsatz evaluiert - inklusive der umstrittenen Platzsperre und dem eher erfolglosen Vorgehen gegen Zerstörung und Vandalismus in der Innenstadt. Das Ergebnis der polizei-internen Evaluierung ist aber noch nicht bekannt. Die Stellungnahme der Innenministerin dazu liegt ebenfalls noch nicht vor, weshalb „sich die Volksanwaltschaft über die Vorgänge zu den Demonstrationen gegen den Akademikerball noch kein abschließendes Bild gemacht hat“ und noch keine „abschließende Beurteilung“ abgegeben hat, heißt es dazu aus der Volksanwaltschaft.

Massive Ausschreitungen in der Innenstadt

Bei den Gegendemos zum Akademikerball war es zu massiven Ausschreitungen in der Innenstadt gekommen. Gewaltbereite Gegendemonstranten warfen Pflastersteine gegen Polizisten, Auslagenscheiben wurden eingeworfen, mehrere Einsatzfahrzeuge und eine Polizeistation verwüstet. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 500 mögliche Täter, die sich an den Sachbeschädigungen im Jänner beteiligt haben sollen. Insgesamt gehen die Ermittler von einem Schaden von 500.000 Euro aus - mehr dazu in Akademikerball: Ermittlungen gegen 500 Täter.

Zuletzt hatte es wegen einer Demonstration gegen den Marsch der rechten „Identitären“ Kritik an der Polizei gegeben. Ähnlich wie beim Akademikerball kam es dabei zu Zusammenstößen zwischen linken Demonstranten und der Polizei. Linke Organisationen sprechen von einer „Polizeiprügelorgie“. Die Polizei weist das zurück - mehr dazu in „Prügelorgie“: Polizei weist Vorwürfe zurück

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