Intime Krankendaten: Streit um Psychotherapie

Sexueller Missbrauch, Suizide in der Familie: Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) verlangt von Menschen, die zu einem Psychotherapeuten gehen, eine Beschreibung des Falles, bevor die Kosten übernommen werden. Die Therapeuten protestieren.

In Österreich bestehe eine Unterversorgung im Bereich der Psychotherapie, heißt es vom Landesverband für Psychotherapie. Nur ein Drittel der Menschen, die eine Therapie brauchen, würden sie auch bekommen, kritisieren die Therapeuten. Der Zugang zur Psychotherapie müsste erleichtert werden, die geplanten Änderungen der WGKK würden jedoch genau das Gegenteil bewirken: Der Zugang zur Psychotherapie werde durch das neue Formblatt wesentlich erschwert, kritisiert der Wiener Landesverband. Der Verband befürchtet zudem, dass die Patientendaten nicht sicher sind.

„Sehen Nötigung der Patienten“

Das neue Formblatt orientiert sich an der Salzburger Gebietskrankenkasse, die die strengeren Regeln bereits 2006 einführte. Die Wiener Gebietskrankenkasse wollte dieses Formblatt in abgespeckter Form bereits vor zwei Jahren übernehmen. Auch damals protestierten die Psychotherapeuten. Die Folge war eine Überprüfung durch die Datenschutzkommission, die das Formblatt aber für in Ordnung befand.

Daher tritt das neue Formblatt der WGKK am 1. Juli in Kraft. Ab dann müssen Versicherte den genauen Grund für die Therapie angeben, wenn sie die Kosten rückerstattet haben wollen. Dazu gehören Informationen wie Krankenstandstage, Alkoholmissbrauch und traumatische Ereignisse wie sexueller Missbrauch oder der Suizid eines Familienmitglieds. „Wir sehen darin eine Nötigung unserer Patienten“, kritisiert Leonore Lerch, Vorsitzende des Landesverbandes.

WGKK verteidigt neues Formblatt

Die WGKK verteidigt das neue Formblatt. Der Datenschutz sei unter anderem durch eigene Botendienste sichergestellt. Außerdem wolle man den Patientinnen und Patienten Kontrolltermine sparen.

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