Zeugnisse: Benotungssoftware macht doppelte Arbeit

Wegen der Probleme mit der neuen Schulverwaltungssoftware „WiSion“ mussten die Noten teilweise zusätzlich im alten System und damit doppelt eintragen werden, sodass die Schüler ihr Zeugnis zeitgerecht erhalten.

Die Eingabe der Noten in die Zeugnisse, die die Schüler am Freitag bekommen, hat sich diesmal in Wien für so manchen Lehrer mühsamer gestaltet als sonst.

Probleme mit „Monsterprogramm“

An wie vielen Schulen konkret Probleme bei der Noteneingabe aufgetaucht sind, lässt sich nicht sagen. „Anscheinend gibt es Standorte mit mehr und mit weniger Problemen“, sagt der Wiener Personalvertretungsvorsitzende Stephan Maresch (FCG) zur APA. Teilweise hätten Schulen es zwar geschafft, mit „WiSion“ am Bildschirm korrekte Zeugnisse zu erstellen, aber die Ausdrucke seien dann fehlerhaft gewesen. „Deshalb haben die Schulen die Zeugnisse dann mit dem alten Programm gemacht“, sagte Maresch.

Für Robert Oppenauer, Leiter der für Schulen zuständigen Magistratsabteilung MA 56, handelt es sich dabei nur um „Anlaufprobleme“ bei der Nutzung eines neuen, hochkomplexen Systems. Immerhin sei „WiSion“ ein „Monsterprogramm“, in dem Millionen von Datensätzen in 27 Modulen den gesamten Schulalltag der Pflichtschulen (Volks-, Haupt-, Sonder-, Polytechnische Schule) abbilden.

Die Schwierigkeiten bei der Noteneingabe führt Oppenauer auf einen fehlerhaften Umgang mit „WiSion“ zurück, das Ungenauigkeiten bei der Dateneingabe nicht verzeihe: Wenn die Daten im alten Programm nicht völlig korrekt eingegeben worden seien, könne das neue sie nicht verarbeiten, betont Oppenauer. „Jedes neue System verursacht zunächst Aufregung. Das ist viel mit Lernen verbunden und die Anwender haben auch einen unterschiedlichen Zugang zum Thema EDV“, sagte Oppenauer.

Programm für 12.000 Benutzer

Das eigentliche Ziel von „WiSion“ sei es, den Schulleitern die Arbeit zu erleichtern: Damit soll online überprüfbar werden, wie viele Lehrer und Schüler aktuell an der Schule, welche Klassen auf Lehrausgang und welche Räume verfügbar sind. Auch die Lohnverrechnung und die Verrechnung der Nachmittagsbetreuung der Schüler soll über das System abgewickelt werden. Insgesamt müssen dafür die Daten von 100.000 Schülern und 12.000 Lehrern zusammengeführt werden, neben den jeweiligen Schulleitern sollen zwei verschiedene Magistratsabteilungen und der Stadtschulrat darauf zugreifen können.

2008 im Gemeinderat beschlossen, sollte „WiSion“ eigentlich schon 2011 an den Start gehen. Der Einsatz wurde allerdings mit Hinweis auf die Komplexität des Programms deutlich verschoben. Seit eineinhalb Jahren müssen Schulleiter parallel im alten und neuen System (und zwar wegen verschiedener Betriebssystem-Anforderungen auf zwei Rechnern) arbeiten, seit vergangenem November schrittweise auch Lehrer in das neue System einsteigen.

Stadt soll „Geld in die Hand nehmen“

Maresch beklagt, „WiSion“ sei trotz Warnungen der Lehrervertreter vor gravierenden Mängeln und deren Forderung nach einer späteren Einführung „beinhart durchgedrückt“ worden. Die Lehrervertreter seien zwar prinzipiell sehr froh über ein neues System, aber: „Ich kann nicht 12.000 Lehrer und 450 Direktoren als Beta-Tester einsetzen. Wir sind mit der Situation sehr unglücklich“. Maresch fordert deshalb, dass die Stadt nun „Geld in die Hand nehmen und alle Kraft darauf verwenden muss, die Probleme auszuräumen“.

Oppenauer kann unterdessen keine grundsätzlichen Fehler bei „WiSion“ erkennen: „Dann hätte ich nicht auch positive Rückmeldungen.“ Das sei nicht als Schuldzuweisung an Lehrer und Schulleiter zu verstehen, betont er. Es sei beim Wechsel von IT-Systemen aber nun einmal so, dass sich die Anwender erst an das neue Programm gewöhnen müssen.