Hausräumung: Pürstl verteidigt Großeinsatz

Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl hat den Einsatz von über 1.000 Polizisten bei der Räumung der „Pizzeria Anarchia“ in Wien-Leopoldstadt am Montag verteidigt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat „keine Freude mit derartigen Aktionen“.

Polizeipräsident Gerhard Pürstl in einem ZiB 2-Interview

ORF

Pürstl: Beamtenanzahl „notwendig“

Die hohe Zahl an Einsatzkräften sei für eine „menschenrechtskonforme sowie professionelle Erfüllung dieser Aufgabe notwendig gewesen“, erklärte Pürstl gegenüber dem „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe). Pürstl, der den Einsatz von der Landespolizeidirektion Wien am Schottenring aus leitete, sah die Notwendigkeit daher gegeben, „weil im Vorfeld von einer hohen Gefährdung der Gerichtsorgane, Speditionen und Polizeikräfte auszugehen war“.

Die Zahl der Einsatzkräfte sei das Ergebnis einer „umfassenden Planung.“ Die Verhältnismäßigkeit eines Einsatzes messe sich nicht an der Zahl der zur Verfügung stehenden Kräfte, sondern an der Form des Einschreitens und des Ergebnisses, sagte der Polizeipräsident weiter. Wie viele Polizisten genau im Einsatz waren, ist weiterhin ungeklärt. Kolportiert wurden 1.700 Beamten, diese Zahl wurde von der Polizei nicht bestätigt, Polizeisprecher Roman Hahslinger sprach am Montag von „sicher nicht weniger als 1.000“.

Mikl-Leitner: „Polizei hat Verantwortung und Aufgabe“

„Egal ob uns diese Aktion jetzt passt oder nicht, wir seitens der Polizei haben hier die Verantwortung und die Aufgabe, Assistenzleistung zu erbringen, wenn das Gericht das fordert - auch wenn ich mit derartigen Aktionen keine Freude habe“, so Mikl-Leitner gegenüber Ö1. Die Polizei rechtfertigte das Großaufgebot der Einsatzkräfte bereits mit der Gefahreneinschätzung. Im „Wien heute“-Interview sagte Hahslinger: „Wir haben mit großer Gegenwehr gerechnet.“ Mehr dazu in Polizeigroßeinsatz beendet: Haus geräumt (wien.ORF.at).

„Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ - so formulierte Journalistin Sybille Hamann ihre Kritik am polizeilichen Großaufgebot im ZIB24-Interview. Auch die Wiener Grünen übten scharfe Kritik am Polizeieinsatz. „Man muss sich leider nicht zum ersten Mal die Frage stellen, wie kompetent der Wiener Polizeipräsident (Gerhard Pürstl, Anm.) eigentlich ist“, meinte Gemeinderat Klaus Werner-Lobo. Denn „absurde Polizeieinsätze“ häuften sich in Wien in letzter Zeit.

Alle Festgenommenen wieder frei

Vor allem die Verhältnismäßigkeit wird kritisiert. So seien bei den Protesten rund um den Akademikerball im Jänner mit Tausenden Demonstranten rund 2.000 Polizisten im Einsatz gewesen - bei der Räumung des Hauses in der Mühlfeldgasse in der Leopoldstadt waren es ungefähr 1.700 Beamte. Auch ein Räumungspanzer und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz. „Die Verhältnismäßigkeit ist ein wichtiger Faktor für die Polizei“, entgegnete Hahslinger.

Insgesamt wurden 31 Personen festgenommen, davon 19 innerhalb des Gebäudes. Sie werden nach Angaben der Polizei wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung angezeigt. Alle 19 Hausbesetzer der „Pizzeria Anarchia“ sind mittlerweile aber wieder frei. Das sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger am Dienstag. „Sie wurden in der Nacht einvernommen und dann auf freiem Fuß angezeigt.“

„Rund die Hälfte der Festgenommenen“ sind laut Hahslinger deutsche Staatsbürger. Weitere zwölf Aktivisten wurden kurzzeitig festgenommen, weil sie vor dem Haus gegen die Räumung demonstriert haben. Weil sie gegen das Platzverbot verstoßen haben, drohen ihnen Verwaltungsstrafen.

Ruhiger Einsatz

Der Großteil der Polizisten kam nicht zum Einsatz. Hahslinger: „Insgesamt waren rund 400 Beamte dauernd im Einsatz, zu Spitzenzeiten 500. Wir haben natürlich auch noch Reserven gebildet, die noch für andere Tätigkeiten herangezogen worden wären, hätte es Spontankundgebungen oder Sitzblockaden gegeben.“

„Der Einsatz ist ruhig verlaufen, die Einsatzkräfte sind langsam ins Haus vorgedrungen. Bis auf die Würfe aus dem Fenster gab es auch keine weiteren Vorfälle und auch keine Verletzten“, sagte Hahslinger. Nun werde die Räumung evaluiert - wie immer bei Einsätzen dieser Größenordnung.

Unterdessen haben am Dienstag bereits die Umbaumaßnahmen am Gebäude begonnen. Der Dachboden soll ausgebaut werden - das sei bereits vom Bauauschuss des Bezirkes genehmigt worden. Das Haus wird derzeit von einer privaten Sicherheitsfirma bewacht. Für die einzige verbliebene Mieterin wurde von der Stadt Wien eine Ersatzwohnung organisiert.

Punks

APA/HERBERT NEUBAUER

Schwierige Kostenberechnung

Wie hoch die Kosten des Einsatzes waren, kann man laut Angaben der Innenministerin noch nicht bemessen. „Das kann man erst im Nachhinein, meistens passiert das dann im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage. Das ist nicht leicht zu berechnen, weil es Kollegen mit Überstunden gibt und andere, die im Regeldienst eingesetzt wurden“, so Hahslinger.

Zum Vergleich: Der Einsatz beim Akademikerball rund um die Hofburg kostete rund eine Million Euro. Für die Kosten muss der Steuerzahler aufkommen, sagt Mikl-Leitner. „Das ist nach der jetzigen Rechtslage nicht anders möglich, da müsste man eine Gesetzesänderung vornehmen. Und das muss natürlich mit der Justiz diskutiert werden.“

Für die Polizei sei der Einsatz jedenfalls noch am Montagabend beendet worden. Noch am Montag sei das Gebäude vom Gerichtsvollzieher dem Hauseigentümer übergeben worden, sagte Hahslinger. Die Räumung war vom Bezirksgericht Leopoldstadt gerichtlich angeordnet gewesen.

Links: