Psychiatrie: Ministerium verbietet Netzbetten

Ende für eine umstrittene Praxis in der Psychiatrie: Das Gesundheitsministerium verbietet Netzbetten. In Wien hatte die Volksanwaltschaft diese Praxis zuletzt kritisiert. Der KAV will das Verbot fristgerecht umsetzen.

Ab 1. Juli 2015 dürfen Netzbetten nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen, hieß es in einer Aussendung am Montag. Patientenvertreter, Menschen- und Bürgerrechtsaktivisten und viele Psychiater hatten die Praxis seit vielen Jahren bekämpft.

Dazu erklärte Siegfried Kasper, Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien am Montag: „Ich bin fest überzeugt, dass man die Netzbetten nicht braucht. Ich habe in Jahrzehnten - unter anderem in Freiburg, Heidelberg, Washington, Bonn und Wien - nie an einer Klinik gearbeitet, an der es Netzbetten gab.“

Die Netzbetten, in denen Patienten praktisch eingesperrt waren, wurden in Österreich jahrzehntelang verwendet. Es kam auch zu Zwischenfällen. Mit der Maßnahme zieht Österreich laut dem Gesundheitsministerium mit den internationalen menschenrechtlichen Standards gleich. Kritik hatte es auch vonseiten der Europäischen Antifolterkonvention des Europarates sowie der Volksanwaltschaft gegeben.

Netzbett in Wien

APA/Herbert Pfarrhofer

Volksanwalt: „Dunkles Kapitel geschlossen“

Volksanwalt Günther Kräuter zeigte sich am Montag über den Erlass erfreut: „Endlich wird mit der noch in Wien und teilweise der Steiermark gängigen Praxis aufgeräumt, psychisch kranke Menschen in käfigartige Betten zu sperren. Damit erfüllt sich eine langjährige Forderung der Volksanwaltschaft und ihres Menschenrechtsbeirates sowie des Europarates und der Europäischen Antifolterkonvention“ - mehr dazu in Kritik am Einsatz von Psychiatrie-Netzbetten.

Die Volksanwaltschaft appelliere an Einrichtungen, die noch Netzbetten im Einsatz haben, unabhängig von der Übergangsfrist die Netzbetten umgehend zu entsorgen. Kräuter in einer Aussendung abschließend: „Ein dunkles Kapitel der österreichischen Psychiatrie wird endgültig geschlossen.“

Die Grünen begrüßten den Erlass. „Es ist sehr erfreulich, dass endlich das Verbot von Netzbetten durchgesetzt und damit eine unerträgliche Menschenrechtsverletzung in Österreich beendet wird“, so die Gesundheitssprecherin der Grünen, Eva Mückstein.

KAV setzt Arbeitsgruppe ein

Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) werde den Erlass fristgerecht und nachhaltig umsetzen, hieß es in einer Aussendung am Montag. Eine entsprechende Arbeitsgruppe werde eingesetzt.

„Wien hat die Abschaffung der Netzbetten in der Psychiatrie bis zum letzten Augenblick auf die lange Bank geschoben, jetzt hat diese Hinhaltetaktik endlich ein Ende“, erklärte dazu die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Ingrid Korosec.

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