Akademikerball: Polizei zieht Lehren
Gebrochene Fensterscheiben, rollende Mistkübel, beschädigte Autos - die Krawalle nach der friedlichen Kundgebung gegen den von Burschenschaftern organisierten Wiener Akademikerball haben Sachschäden weit über 100.000 Euro, neun Verletzte und zwanzig Festgenommene nach sich gezogen. Und das, obwohl 2.600 Polizisten im Einsatz waren und ein großer Teil der Innenstadt abgesperrt war. In einem internen Evaluierungsbericht analysierte die Wiener Polizei nun ihr Vorgehen bei den Protesten und übt sich dabei auch in Selbstkritik.

APA/Herbert P. Oczeret
Ausschreitungen auf dem Stephansplatz
Schwarzer Block nicht unter Kontrolle
Speziell die vom „Schwarzen Block“ ausgehenden Randale nahe des Stefansdoms hatte die Polizei nicht im Griff. Das aggressive Potenzial sei unterschätzt worden. Auch der Umstand, dass Demonstranten ihre Taktik der Situation anpassen können, wurde zu wenig bedacht. Im Evaluierungsbericht sieht man hier auch den größten Schwachpunkt.
„Das Neue bei dieser Veranstaltung war, dass das polizeiliche Gegenüber auch auf Nebenschauplätzen aktiv gewesen ist und sich hier auch Sachbeschädigungen in Bereichen gezeigt haben, die mit dem eigentlichen Anlass, nämlich mit dem Ball, nichts zu tun gehabt haben. Darauf war die Polizei nicht vorbereitet“, so Karlheinz Grundböck, Sprecher des Innenministerium, gegenüber der ZIB2.
Polizei: „Keine Fehler, sondern Lehren“
Dadurch waren dort, wo die Ausschreitungen am heftigsten waren, zu wenige Beamte im Einsatz. Außerdem waren viele davon aus den Bundesländern und daher nicht ortskundig. „Eine Lernerfahrung, die wir in der Evaluierung auch gezogen haben, ist, dass gerade bei ortsfremden Polizeikräften noch mehr Augenmerk in die Vorbereitung gelegt werden muss, damit diese kompetent einschreiten können“, so Grundböck.
Im Innenministerium will man jedoch nicht von Fehlern bei den diversen Großeinsätzen sprechen, sondern von Lernprozessen und Lehren, die man für die Zukunft ziehe. Man betont, dass sowohl die Demonstration als auch der Ball grundsätzlich friedlich stattgefunden hätten. Und das sei laut Konrad Kogler, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, der eigentliche Auftrag der Polizei gewesen.
Grundböck: „Im Rückblick stellt sich manches vielleicht anders dar, als eben zum Zeitpunkt der Einsatzplanung. Es gibt keine einfache und einzelne Antwort auf die Frage, zu welchem Ergebnis eine Evaluierung kommt. Es gibt Teilbereiche, wo wir sehen, ja das ist in Ordnung gewesen, es gibt andere Teilbereiche, wo wir in der Evaluierung sehen, hier gibt es Möglichkeiten, es beim nächsten Mal besser zu machen.“
Keine Kritik an Anzahl der Polizisten
Dass beim Akademikerball zu wenige, bei der Räumung der Pizzeria Anarchia ein halbes Jahr später dagegen viel zu viele Beamte eingesetzt wurden, zeigt der Evaluierungsbericht nicht - mehr dazu in „Pizzeria Anarchia“: Räumung um 870.000 Euro (wien.ORF.at; 9.10.2014).
Links:
- Akademikerball: Zweites Urteil rechtskräftig (wien.ORF.at; 22.8.2014)
- „Prügelorgie“: Polizei weist Vorwürfe zurück (wien.ORF.at; 18.5.2014)
- Pürstl gesteht Fehler ein (wien.ORF.at; 30.1.2014)
- Akademikerball: Kritik an Polizeieinsatz (wien.ORF.at; 24.5.2014)
- Akademikerball: Krawalle bei Demos (wien.ORF.at; 24.1.2014 )