Bakary J.-Anwalt glaubt nicht an Wiederaufnahme

Drei der vier wegen Folter an Bakary J. verurteilten Polizisten wollen das Verfahren neu aufrollen. Der Anwalt des Opfers, Nikolaus Rast, glaubt nicht daran. „Sie können glücklich sein, dass sie nicht wegen versuchten Mordes vor Gericht standen“, sagt Rast.

Die Misshandlung des Schubhäftlings Bakary J. in einer Lagerhalle in Wien gilt als der größte bekannt gewordene Fall von Polizeifolter in der Zweiten Republik. Drei WEGA-Polizisten wurden strafrechtlich verurteilt und dem Opfer 110.000 Euro Wiedergutmachung gezahlt. Nun soll das Verfahren neu aufgerollt werden.

Polizist: „Hoffen, rehabilitiert zu werden“

Zwei der drei Polizisten nahmen vor der „Wien heute“-Kamera Stellung. Sie widerrufen ihre Geständnisse und wollen rehabilitiert werden: „Nach acht Jahren sollte Schluss sein, weil es nicht nur uns, sondern auch unsere Familien betrifft. Ich fühle mich unschuldig“, sagt einer der Polizisten. „Es geht mit dieser Schadenssumme an die wirtschaftliche Existenz. Wir wollen nach acht Jahren Frieden haben und hoffen, mit dieser Wiederaufnahme rehabilitiert zu werden“, meint der andere. Zu juristisch heiklen Fragen wollen sie nicht Stellung nehmen.

Das Interview mit den Polizisten sehen Sie ab dem Abend in „Wien heute“ in der ORF TVthek.

Vorwürfe gegen Polizeiführung

Der Anstoß für die Ex-Beamten, das Verfahren neuerlich aufzurollen, kommt von Bakary J. selbst. Er fordert nun weitere 375.000 Euro, sowie 1.000 Euro monatlich. Außerdem fordere die Republik die bereits bezahlten 110.000 Euro auf dem Regressweg zurück. Die drei Verurteilten sehen sich laut ihrer Anwältin Maria Zehetbauer dadurch finanziell in die Enge getrieben, sie wollen nun die Flucht nach vorne antreten - mehr dazu in Ex-Polizisten wollen neuen Prozess (wien.ORF.at; 19.10.2014).

Dazu liegen zwei neue Gutachten vor, die laut Maria Zehetbauer belegen, „dass nicht alle Verletzungen vorfallskausal sein können“. Schwere Vorwürfe erheben die Ex-Beamten auch gegen die Polizeiführung. Diese habe sie zu entsprechenden Geständnissen gedrängt. Auf die Frage, ob die Beamten damals vor Gericht gelogen haben, sagt Zehetbauer: „Ja, das ist richtig“ - mehr dazu in Bakary J.: Anwalt gegen Gutachter (wien.ORF.at; 11.10.2014).

Misshandelter Bakary J.

APA/privat

Bakary J.

„Als wäre er Mike Tyson begegnet“

Der Anwalt von Bakary J., Nikolas Rast, gibt dem Antrag wenig Chance. „Ich habe meinen Mandanten zwei Tage nach diesem Vorfall persönlich gesehen. Der hat ausgesehen, als ob er Mike Tyson begegnet wäre“, sagt Rast. Diese Verletzungen füge sich niemand selbst zu.

"Warum sollen erfahrene, dekorierte Polizisten, die einer Spezialeinheit angehört haben, ein Geständnis unterschreiben, ab dann als vorbestraft gelten, wenn es nicht den Tatsachen entspricht? Ich würde meinen, die Polizisten können glücklich sein, dass sie nicht wegen versuchten Mordes vor Gericht gestanden sind, so der Anwalt gegenüber „Wien heute“.

Gericht entscheidet über Neuauflage

Die Wiener Polizei weist in einer kurzen Stellungnahme den Vorwurf der Ex-Beamten zurück und verweist auf das rechtskräftige Urteil der Gerichte. Die Entscheidung über eine Prozess-Neuauflage liegt nun beim Wiener Straflandesgericht.

Für Amnesty-Österreich-Generalsekretär Heinz Patzelt ist die Neuentwicklung im Fall Bakary J. ein Skandal: „Das was hier passiert sind die Strohhalme, nach denen offensichtlich Ertrinkende greifen, ein wirklich skandalöses Gutachten, das jetzt auch noch dazu missbraucht werden soll, dass Leute, die längst ihre Schuld vor Gericht gestanden haben, jetzt behaupten, dass das nicht so war.“

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