Der Fall Bakary J. - Eine Chronologie

Am 7. April 2006 ist der gebürtige Gambier Bakary J. von Wega-Polizisten in eine Wiener Lagerhalle gebracht und schwer misshandelt worden, nachdem er sich gegen seine Abschiebung gewehrt hatte.

7. April 2006: Drei Beamte der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (Wega) versuchen, den Schubhäftling Bakary J. über den Flughafen Schwechat in seine Heimat Gambia abzuschieben. Der Mann, der mit einer Wienerin verheiratet ist und zwei Kinder hat, wehrt sich, sodass sich der Pilot der Linienmaschine weigert, ihn an Bord zu lassen. Die Polizisten bringen ihn daraufhin in eine Wiener Lagerhalle und misshandeln ihn schwer. Ein vierter, der ihnen die Halle aufgesperrt hat, wendet sich nicht gegen die Aktionen seiner Kollegen.

13. April 2006: Der Fall gerät ans Tageslicht. Die drei Hauptverdächtigen werden vorläufig suspendiert, gegen sie wird wegen Quälens eines Gefangenen und gefährlicher Drohung ermittelt. Bakary J. bleibt unterdessen weiterhin von Abschiebung bedroht.

Misshandelter Bakary J.

APA/privat

Bakary J. erlitt Brüche des Jochbeins, des Kiefers und der Augenhöhle

1. Juni 2006: Es wird ein gerichtsmedizinisches Gutachten bekannt, demzufolge Bakary J. schwere Verletzungen erlitten hat. Die Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich berichtet von Frakturen des Jochbeins, des Kiefers und der Augenhöhle.

21. Juli 2006: Die Staatsanwaltschaft Wien erhebt gegen alle vier Polizisten Anklage wegen Quälens eines Gefangenen.

30. August 2006: Der Strafprozess gegen die vier Beamten beginnt. Sie bekennen sich schuldig, Bakary J. geprügelt und schwer verletzt zu haben. „Es sind uns die Nerven durchgegangen“, sagen sie.

31. August 2006: Die drei Polizisten, die Bakary J. in die Lagerhalle gebracht und geprügelt haben, werden zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt. Ihr Kollege, der ihnen die Halle geöffnet hat, erhält sechs Monate bedingter Haft. Die Urteile werden sofort rechtskräftig. Wegen der Strafhöhe von unter einem Jahr werden die Beamten nicht automatisch aus dem Dienst entfernt. Der Ball liegt nun bei der Disziplinarkommission. Von Menschenrechtsaktivisten kommt heftige Kritik.

15. Dezember 2006: Die Disziplinarkommission verhängt Geldstrafen über die Beamten, hebt deren Suspendierungen allerdings auf. Der Disziplinaranwalt und die Verteidigung berufen.

11. September 2007: Die Disziplinar-Oberkommission im Bundeskanzleramt entscheidet, dass die Beamten im Dienst bleiben. Außerdem setzt sie die Geldstrafen herab.

28. Oktober 2008: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gibt einer Berufung des Disziplinaranwaltes statt und stellt fest, dass die Bestrafung der Beamten durch die Disziplinarbehörden zu milde war. Damit stehen die Polizisten wieder vor ihrer Suspendierung.

8. Jänner 2010: Die Disziplinar-Oberkommission entfernt im zweiten Anlauf drei Polizisten aus dem Polizeidienst. Der vierte, der die Halle aufgesperrt hat, erhält die finanzielle Höchststrafe und darf nur noch Innendienst versehen. Zweieinhalb Monate später erkennt der VwGH einer Beschwerde eines Verteidigers aufschiebende Wirkung zu - mehr dazu in Disziplinargericht unter Beschuss (wien.ORF.at).

24. April 2012: Die drei Beamten werden endgültig aus dem Polizeidienst entfernt. Das entscheidet die Disziplinar-Oberkommission im Bundeskanzleramt - mehr dazu in Bakary J.: Polizisten entlassen (wien.ORF.at). Knapp ein Monat später entschuldigt sich der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, bei Bakary J. und stellt ihm eine Entschädigung in Aussicht - mehr dazu in Entschuldigung im Fall Bakary J. (wien.ORF.at).

24. Juli 2012: Das seit 2005 bestehende Aufenthaltsverbot gegen Bakary J. ist aufgehoben, wie Grundböck bestätigt. Damit darf er nun einer geregelten Arbeit nachgehen - mehr dazu in Bakary J. droht „keine Abschiebung mehr“ (wien.ORF.at).

10. Dezember 2012: Bakary J.’s Anwalt Nikolaus Rast fordert von der Republik 750.000 Euro Schadenersatz für seelische und körperliche Schmerzen. Er stützt seine Forderung auf ein Gutachten. Knapp ein Monat später bringt er Amtshaftungsklage ein und fordert 384.000 Euro Schadenersatz sowie eine monatliche Rente von 1.000 Euro brutto. Der tatsächliche Streitwert beträgt 274.000 Euro, da bereits 110.000 Euro an Bakary J. und seine Familie überwiesen wurden - mehr dazu in Bakary J. fordert Schmerzensgeld (wien.ORF.at) und Bakary J.: Klage auf Entschädigung (wien.ORF.at).

19. Oktober 2014: Via „Kronen Zeitung“ wenden sich die drei verurteilten Ex-Polizisten an die Öffentlichkeit. Sie widerrufen ihre Geständnisse, stellen in den Raum, dass sich Bakary J. die schweren Verletzungen selbst beigebracht haben könnte, und wollen eine Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen - mehr dazu in Bakary J.: Ex-Polizisten wollen neuen Prozess (wien.ORF.at) und Bakary J.-Anwalt glaubt nicht an Wiederaufnahme (wien.ORF.at).

30. Oktober 2014: Bakary J.’s Anwalt Nikolaus Rast reagiert mit einer Verleumdungsanzeige gegen die Beamten - mehr dazu in Bakary J.: Anzeige gegen Ex-Polizisten (wien.ORF.at).

10. November 2014: Mit einem Gutachten des pensionierten Chirurgen Georg Kobinia wollen die drei verurteilten Ex-Polizisten ihren Wiederaufnahmeantrag untermauern. Sie präsentieren die Expertise der Öffentlichkeit, in der Kobinia zu dem Schluss kommt, dass die Verletzungen auf einem veröffentlichten Foto nicht mit der offiziellen Dokumentation des Falles übereinstimmen - mehr dazu in Bakary J.: Ex-Beamte wollen Wiederaufnahme.

10. August 2015: Das Straflandesgericht Wien gibt bekannt, dass der Wiederaufnahmeantrag der Ex-Polizisten abgewiesen worden ist. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig - mehr dazu in Bakary J.: Kein neues Verfahren für Polizisten.

26- November 2015: Im Justizpalast endete das Amtshaftungsverfahren um eine finanzielle Entschädigung von Bakary J. Ihm waren von der Finanzprokuratur zuvor 110.000 Euro zugestanden worden, seine Rechtsvertreter hielten diese Entschädigung für nicht ausreichend und klagten daher am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) weitere 384.000 Euro ein - mehr dazu in Fall Jassey: Amtshaftungsverfahren beendet .

8. Jänner 2016: Der Antrag der Ex-Polizisten auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde auch vom Oberlandesgericht Wien abgelehnt. Es gibt keine Bedenken gegen die Urteile, hieß es vom Gericht - mehr dazu in Fall Bakary Jassey: Antrag wieder abgelehnt.