Vernetzung: Mütter von Dschihadisten

Etwa 150 Österreicher sind laut Innenministerium in den Dschihad nach Syrien und in den Irak gereist. Am Dienstagabend trafen sich in Wien einige Mütter der meist noch jugendlichen Terroristen, um sich zu vernetzen und ihre Geschichten auszutauschen.

Viele der 150 Männer und Frauen sind Jugendliche oder junge Erwachsene, die jetzt für den Islamischen Staat oder andere Terrorgruppen kämpfen. Zurückgeblieben sind meist völlig verzweifelte Eltern. Wie die ZIB2 berichtete, trafen sich am Dienstagabend auf Initiative der Organisation „Frauen ohne Grenzen“ Mütter von Dschihad-Terroristen aus verschiedenen Ländern.

Rekrutierung in zwei bis drei Wochen

Das Interesse war groß, die Veranstaltung bis auf den letzten Platz mit Interessierten sowie Betroffenen gefüllt. Frauen aus neun verschiedenen Ländern trafen sich zum ersten Mal, um sich auszutauschen und miteinander zu vernetzen. Denn „wir sehen mit großer Beunruhigung auch hier in Östereich, wie schnell rekrutiert wird“, sagte Edith Schlaffer, Vorsitzende der Organisation Frauen ohne Grenzen.

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Die Rekrutierungszeiten würden immer knapper, es dauere oft nur noch zwei bis drei Monate bis die Kinder und jungen Erwachsenen „von diesem Fieber“ ergriffen würden, sagte Schlaffer. Die Söhne und Töchter einiger bei der Veranstaltung anwesenden Frauen sind in den Dschihad gezogen, einige von ihnen in Syrien ums Leben gekommen, andere halten sich nach wie vor in den Kampfgebieten auf - ihre Mütter wissen wenig über ihr Schicksal.

Von den Behörden, bei denen sie Hilfe suchten, fühlten sich viele im Stich gelassen, berichtet etwa Elfriede D., deren Sohn in die Fänge des radikalen salafistischen Predigers Pierre Vogel geraten war. Sein Verhalten habe sich daraufhin so stark verändert, dass seine Mutter sich an die Behörden wandte: „Ich ging zum Islambeauftragten der Polizei. Der hat gesagt, ist alles nicht so schlimm.“ Sie solle den Teufel nicht an die Wand malen, habe der Beamte der verzweifelten Mutter entgegnet. Wenig später sei ihr Sohn untergetaucht.

Mütter mit Schuldgefühlen

Einmal in Kontakt mit der radikal-salafistischen Szene, würden sich die Jugendlichen völlig aus ihrem sozialen Leben zurückziehen, ihre Zeit mit radikalen Texten und Videos von Predigern verbringen. Bei ihren Töchtern und Söhnen sei kein Durchdringen mehr möglich gewesen, so als wären sie einer Gehirnwäsche unterzogen worden, erzählen die Mütter. Viele von ihnen würden nun Schuldgefühle quälen.

So auch Maria M., deren Sohn in Syrien ums Leben kam. Sie wirft sich vor, auf sein neues religiöses Leben falsch reagiert zu haben: „Instinktiv habe ich immer das Falsche gemacht. Dass ich nicht mit ihm gesprochen habe, in dem Moment sauer gewesen bin, gestritten habe, anstatt nachzuschauen“, erzählt die Frau bei der Veranstaltung.

Dabei geht es den Frauen nicht nur um Vernetzung untereinander, sondern um ein Umdenken bei Behörden, Politik und Gesellschaft: „Unsere Kinder werden als Terroristen gesehen. Kinder, die auf der Suche waren. Und dann sind sie den Menschenfängern in die Hände geraten“.

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