Wahlrecht: FPÖ wirft Grünen Wählerverrat vor

Im Streit um die Reform des Wahlrechts kommt jetzt scharfe Kritik der FPÖ an die Grünen. Der Kompromissvorschlag der Grünen an die SPÖ widerspreche dem Notariatsakt zwischen FPÖ, ÖVP und Grünen. Das sei Wählerverrat, sagt FPÖ-Klubchef Johann Gudenus.

Im Notariatsakt, den FPÖ, ÖVP und Grüne noch zu Oppositionszeiten unterzeichneten, sei eine Abschaffung der Mehrheitsförderung im Wahlrecht vorgesehen, sagt Gudenus. In dieser Frage sei kein Kompromiss, also nur eine Abschwächung der Mehrheitsförderung möglich.

„Im Notariatsakt steht, dass die Partei, die mit der SPÖ in Koalition kommen sollte, als Koalitionsbedingung auch firmiert, dass ein neues und faires Wahlrecht umgesetzt werden soll. Das bedeutet, dass jede Stimme gleich viel wert sein soll. Da sind die Grünen umgefallen. Es ist offensichtlich, dass die Grünen ihre Wähler hier verraten haben“, so Gudenus bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Gudenus rechnet mit vorgezogenen Neuwahlen

Gudenus zeigt sich verwunderte über die avisierte Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte. Diese Funktion sei eine Erfindung der SPÖ aus den 1990er-Jahren und von der FPÖ nie so gewollt gewesen.

Gudenus rechnet mit vorgezogenen Neuwahlen innerhalb des nächsten halben Jahres und fürchtet sich nicht davor. Auch der Politologe Thomas Hofer erwartet vorgezogene Neuwahlen - mehr dazu in Hofer: „Einiges spricht für vorgezogene Neuwahlen“. Man sei dafür bestens gerüstet, heißt es von den Blauen. Für Anfang Jänner beantragte die FPÖ einen Sonderlandtag zum Thema Wahlrecht.

Seit Monaten stocken die Verhandlungen zwischen SPÖ und Grünen zum Thema Wahlrecht. Vizebürgermeister Maria Vassilakou (Grüne) ging mit einem Kompromissvorschlag zum Thema Wahlrecht an die Öffentlichkeit, ohne Absprache mit der SPÖ. Bürgermeister Michael Häupl zeigte sich verwundert und berief für Montag den Krisenstab der Koalition, den Koalitionsausschuss ein - mehr dazu in Vassilakou: „Vorschlag ist nicht ganz neu“ und in Wahlrecht: Häupl beruft Krisenstab ein.

ÖVP: Grüne begehen Vertragsbruch

Kritisch sieht den grünen Vorstoß auch die Wiener ÖVP. Ein Kompromiss wäre „ein Vertragsbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern“, der Notariatsakt lasse eben keinen Interpretationsspielraum zu, ermahnte Landesparteichef Manfred Juraczka via Aussendung: „Wenn Vassilakou jetzt von Verhandlungen und Kompromissen mit dem Koalitionspartner SPÖ spricht, dann verlässt sie den Boden unserer Vereinbarung.“