Causa Alijew: Neue Vorwürfe gegen Anwalt

Neue Vorwürfe sind gegen die Kanzlei von Gabriel Lansky bekannt geworden, die den Verein Tagdyr vertritt. Die Justiz geht allerdings davon aus, dass es sich dabei um eine Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienstes handelt. Lansky weist die Anschuldigungen zurück.

Aus Sicht Gabriel Lanskys kümmert sich seine Kanzlei um Opfer des unter Mordverdacht stehenden Rachat Alijew. Die Wiener Justiz glaubt jedoch, dass es sich bei Tagdyr um eine Tarnorganisation handelt, hinter der sich der kasachische Geheimdienst verbirgt. Das ist einem Beschluss des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) vom vergangenen August zu entnehmen - mehr dazu in Causa Alijew: Geheimdienst hinter „Opferverein“? (wien.ORF.at).

Lansky

APA/ROLAND SCHLAGER

Gegen Lansky werden schwere Vorwürfe erhoben

Ermittlungen seit längerer Zeit

Im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung der Banker ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien seit geraumer Zeit gegen Alijew - mehr dazu unter Chronologie: Der Fall Alijew (wien.ORF.at). Ab 16. Jänner 2012 wurden dazu an drei aufeinanderfolgenden Tagen zwei aus Kasachstan angereiste Zeugen unter Wahrheitspflicht von der Justiz vernommen.

Bei den beiden handelte es sich um einen Direktor der kasachischen Nurbank, der 2007 ebenfalls von Entführern verschleppt worden war, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, sowie einen weiteren Mitarbeiter der betroffenen Bank.

Zeugen von Lansky vorbereitet

Einem mit 15. Jänner 2012 datierten Aktenvermerk der Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner zufolge dürften die beiden Zeugen am Wochenende vor ihrer Zeugenbefragung von Vertretern von Lansky, Ganzger + Partner darauf vorbereitet worden sein.

Die Unterredung, an der laut Aktenvermerk „GL“ (offenbar: Gabriel Lansky) und „AZ"( offenbar: Anna Zeitlinger, in der Kanzlei primär für osteuropäische Agenden zuständig) teilnahmen, ist auf 14 Seiten dokumentiert. Darin werden mögliche Fragestellungen erörtert und besprochen. Zu einzelnen Antworten findet sich der Vermerk "Vorschlag von AZ hierzu“ oder „Antwort von AZ“.

Rakhat Aliyev Alijew

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Rachat Alijew

„Ermittlungsverfahren soll gestört werden“

Gegen Alijew wird auch wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelt. Im Herbst 2012 besuchte ein Lansky-Mitarbeiter die zuständige Staatsanwältin, um sich nach dem Stand der diversen Verfahren zu erkundigen. Die Reaktion der Anklägerin, die auch die Mordvorwürfe untersucht, hielt der Mitarbeiter in einem Aktenvermerk vom 23. Oktober 2012 fest.

Die Staatsanwältin sei „überaus betrübt über die Tatsache, dass offensichtlich von der Kanzlei Lansky falsche Informationen in Schriftsätzen vorgebracht werden, um das Ermittlungsverfahren zu stören bzw. in eine tendenziöse Richtung zu lenken.“ Weiters notierte der Mitarbeiter, die Staatsanwältin sei „extrem aufgebracht und stellt jegliche Info, die von uns kommt, infrage“. Er vermerkte außerdem: „Die StA wünscht lediglich, derzeit keine Eingaben von uns zu erhalten und dass wir die ‚Ermittlungstätigkeit‘ einstellen.“

Der Verteidiger von Alijew, Manfred Ainedter, zeigte sich empört über das Vorgehen der Kanzlei Lansky. Die Aktenvermerke würden belegen, „mit welch unlauteren Mitteln hier versucht wird, ein Strafverfahren auf noch nie da gewesene Weise zu beeinflussen“.

Ainedter nach Lansky-Klage freigesprochen

Ainedter selbst ist am Mittwoch im Straflandesgericht freigesprochen worden, nachdem eine Mitarbeiterin der Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner Ainedter wegen übler Nachrede und Kreditschädigung geklagt hatte - mehr dazu in Fall Alijew: Anwälte im Clinch (wien.ORF.at).

Nachdem Alijew in U-Haft genommen wurde, hatte Ainedter am 6. Juni in einem ORF-Interview erklärt: „Es gibt ja vielfache Hinweise und Nachweise dafür, dass Beweismittel von den Kasachen gefälscht wurden, und leider Gottes kann ich der Kanzlei Lansky den Vorwurf nicht ersparen, dass sie da mitgewirkt hat.“ Aus formalen Gründen wurde Ainedter vom Gericht freigesprochen. Während dieser in Richtung des bei der Verhandlung anwesenden Lansky stichelte, legte die Gegenseite umgehend Rechtsmittel ein. Der Freispruch ist damit nicht rechtskräftig.

Lansky hat am Nachmittag Vorwürfe der Beeinflussung von Zeugen zurückgewiesen. Er werde „mit aller Schärfe“ gegen Behauptungen vorgehen, er fälsche Beweismittel, kündigte er abschließend an. In Bezug auf Aliyevs Verteidiger Manfred Ainedter verwies Lansky auf ein rechtskräftiges OLG-Urteil, das diesen verpflichte, dahin gehende Aussagen zu unterlassen.

Anklageerhebung vor Weihnachten unwahrscheinlich

Dass die Staatsanwaltschaft Wien noch vor Weihnachten ihre Mordanklage gegen Aliyev einbringen wird, erscheint unwahrscheinlich. Zwar soll der von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eingerichtete Weisenrat den Anklageentwurf genehmigt haben, wie in der Vorwoche dem ORF-Hörfunk anvertraut wurde. Doch wurden daran Auflagen geknüpft.

So hat der Weisenrat darauf bestanden, dass noch ein russisch-kasachischer Geschäftsmann als Zeuge vernommen wird. Dieser war abgehört worden, als er zwischen 2011 und 2013 von Dubai aus via Skype mit Aliyev und dem ehemaligen kasachischen Geheimdienstchef Alnur Mussayev telefonierte. Diese Gespräche sollen Aliyev und Mussayev, der im Zusammenhang mit der Ermordung zweier kasachischer Banker ebenfalls seit Anfang Juni in Wien in U-Haft sitzt, belasten.

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