Juristisches Hickhack um Glücksspielverbot

Ab 1. Jänner ist das kleine Glücksspiel in Wien verboten. Die Automatenbetreiber sehen das anders. Wegen einer fehlenden EU-Notifizierung könne die Gesetzesnovelle gar nicht in Kraft treten, sagen sie. Die Stadt widerspricht.

Der Wiener Landtag strich das Wort „Münzgewinnspielapparat“ aus dem Veranstaltungsgesetz. Damit ist nach Rechtsansicht der Stadt und des Bundes das kleine Glücksspiel mit 1. Jänner 2015 in Wien verboten - mehr dazu in Glücksspielverbot im Landtag besiegelt.

Die Automatenbetreiber sehen das anders. Das Verbot sei juristisch nicht einwandfrei, weil die Novelle noch nicht von der EU abgenickt worden sei, sagt Helmut Kafka vom Automatenverband gegenüber „Radio Wien“. Das könne noch drei Monate dauern. „Ab 1. Jänner kann die Streichung des Worts Münzgewinnspielapparat im Veranstaltungsgesetz nicht rechtswirksam in Kraft treten.“ Bisher habe sich bei der Stadt niemand darum gekümmert, sagt Kafka.

Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) widerspricht man dieser Rechtsansicht. Die EU-Notifizierung sei nur erforderlich, wenn neue technische Erfordernisse für Geräte in ein Gesetz geschrieben werden. In diesem Fall sei die Notifizierung daher nicht notwendig, das sei auch im Vorhinein abgeklärt worden. Bei der Stadt geht man weiters davon aus, dass die Rechtskonstruktion korrekt ist und auch vor dem Höchstgericht halten werde - mehr dazu in Glücksspiel: Weitere Betreiber ignorieren Verbot.

„Stehende“ Automaten als Klagsgrundlage

Ein zweiter Punkt, bei dem die Automatenbetreiber - allen voran die Novomatic - einhaken, sind Landeskonzessionen, die teilweise noch Jahre laufen oder sogar unbefristet gültig sind. Der Automatenverband geht davon aus, dass mehr als 2.000 Konzessionen noch länger gültig sind. Die Automatenbetreiber wollen ihre Geräte daher weiterbetreiben. Novomatic-Rechtsanwalt Walter Schwarz stellte dazu schon vor zwei Wochen im „ORF-Report" klar: „Die Novomatic ist der Ansicht, dass rechtskräftige Konzessionen sie dazu berechtigen, auch über den 31.12. hinaus Automaten zu betreiben“ - mehr dazu in Automatenverbot: Novomatic droht mit Klagen.

Glücksspielautomat

APA/Hochmuth

Eine Amtshaftungsklage in der Höhe von rund 100 Millionen Euro gegenüber dem Land Wien steht im Raum. Helmut Kafka rät den Betreibern in diesem Zusammenhang, die Automaten nicht abzubauen. „Wer am 1. Jänner oder danach nicht steht, hat keine Klagsgrundlage, dass er Schadenersatz für die Restlaufzeit seiner Konzession fordern kann. Manche Konzessionen laufen bis 2020 oder sind unbefristet.“

Strafen bis zu 22.000 Euro pro Automat

Zuständig für die Kontrollen ab 1. Jänner ist die Finanzpolizei. „Klar ist, dass wir auf die geänderte Situation in Wien auch entsprechend reagieren werden. Noch im Jänner werden in Wien Schwerpunktkontrollen stattfinden", sagt Wilfried Lehner, der Leiter der Finanzpolizei. Automaten werden in einem ersten Schritt von der Finanz versiegelt und dann nach einer Anzeige von der Exekutive beschlagnahmt. Die Palette der Sanktionen ist umfangreich: Von einer Verwarnung über Beschlagnahmung der Spielautomaten bis hin zu Betriebsschließungen und Verwaltungsstrafen bis zu 22.000 Euro pro Automat ist alles möglich.

Steuerpflicht für verbotene Automaten

Die Automaten sind auch nach dem 1. Jänner steuerpflichtig, sofern sie nicht offiziell abgemeldet werden. Denn die Entrichtung der Vergnügungssteuer endet nicht mit dem Auslaufen der Lizenz, sondern mit der Abmeldung, heißt es von der Stadt - mehr dazu in Kleines Glücksspiel: Steuerpflicht bleibt.

Die meisten Automaten stehen in „ärmeren“ Bezirken, ergab eine Datenrecherche der Plattform „Dossier“. Experten erwarten durch das Verbot des Kleinen Glücksspiels vor allem eine Entspannung bei jungen Migranten - mehr dazu in Meiste Automaten in „ärmeren“ Bezirken.