Rund 1.500 Spitalsärzte bei Protest

Im MuseumsQuartier haben am Montag rund 1.500 Ärzte auf Einladung der Wiener Ärztekammer ihrem Unmut zum neuen Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte Luft gemacht. Bei der zweistündigen Veranstaltung wurde auch ein Forderungskatalog beschlossen.

Auch vor der Halle E standen nach Angaben der Ärztekammer, die die Kundgebung organisierte, nach Beginn um 14.00 Uhr noch mehrere hundert Ärzte. „Wir haben nicht mit so viel Unterstützung gerechnet, das ist ein eindeutiges Zeichen“, freute sich Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer. Um alle Anwesenden einzubeziehen, nutzte man dazu - mit dem Hashtag #spitalsaerzte - auch Social Media.

In seinen Begrüßungsworten erneuerte Szekeres seine Forderung nach einer Anhebung der Gehälter. Denn derzeit würden Spitalsärzte einen Stundenlohn zwischen zehn und 20 Euro bekommen - laut Szekeres „lächerlich wenig“ für die geleistete Arbeit. Er forderte eine Anhebung auf nationales bzw. internationales Niveau. Denn nur so könne man die Abwanderung von Jungärzten stoppen. Derzeit würden nur sechs von zehn in Österreich ausgebildeten Ärzten auch hier zu arbeiten beginnen.

Spitalsärzte Protest

APA/Helmut Fohringer

Die Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt

„Das Herumwursteln muss ein Ende haben“

„Wenn die Bedingungen so bleiben, wird es bald keine Ärzte in den Spitälern mehr geben“, so etwa Wolfgang Weismüller vom Kaiser-Franz-Josef-Spital, das zum Wiener Krankenanstaltenverbund gehört. Er forderte ein national und international vergleichbares Grundgehalt, bei dem „jede Stunde über der 40. Arbeitsstunde eine Überstunde ist und auch als solche bezahlt wird.“ Ähnliche Forderungen stellte auch Thorsten Graf vom Hanusch-Krankenhaus, das zur Wiener Gebietskrankenkasse gehört: „Es ist Feuer am Dach. Eine weitere Verdichtung der Arbeitszeiten ist schlicht nicht mehr möglich, wir sind an der Belastungsgrenze angekommen.“

Vor weiteren Engpässen warnte Martin Andreas vom Wiener AKH, dessen Ärzte in die Zuständigkeit der Medizinischen Universität Wien und damit des Bundes fallen: „Es werden uns nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt, um das neue Arbeitszeitgesetz auch zu leben. Wir sagen, es wird sich nicht irgendwie ausgehen, das Herumwursteln muss ein Ende haben, jemand muss Verantwortung übernehmen.“ Schon jetzt gebe es Auswirkungen wie längere Wartezeiten in Ambulanzen und weniger Operationen. Sollte es zu keiner Lösung kommen, „drohen ab Februar relevante Punkte auszufallen“.

Probleme gebe es auch im St.-Anna-Kinderspital, dessen Träger das Rote Kreuz ist, berichtete Wolfgang Mor: Das neue Arbeitszeitgesetz habe dazu geführt, dass der Spitalsbetrieb mit dem bisherigen Personalstand nicht mehr zu bewältigen sei - Geld für neue Fachärzte habe es jedoch keines gegeben. Erst Umschichtungen im Budget hätten die Einstellung neuer Assistenten möglich gemacht. „Dass uns die öffentliche Hand so aushungert, kann nicht sein“, betonte er.

Ärzte „wieder ins Boot zu holen“

Gemeinsam einigte man sich auf einen Forderungskatalog, der u.a. die Einhaltung des Ärztearbeitszeitgesetzes der Europäischen Union, attraktive Arbeitszeitmodelle, die eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf erlauben, sowie Zeit für Aus- und Weiterbildung festhält. Die Bezahlung soll auf ein international übliches Niveau angehoben werden - vor allem die Grundgehälter sollen auf Basis einer 40-Stunden-Woche neu berechnet werden. Zusätzlich soll die gesetzliche Standesvertretung als Verhandlungspartner auf allen Ebenen anerkannt werden.

Der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Hermann Leitner, zeigte sich „wirklich beeindruckt“ von der Zahl der anwesenden Mediziner. Er forderte die Politik auf, die Ärzte „wieder ins Boot zu holen“ und Arbeitszeit und Grundgehälter anzupassen. Ansonsten werde es nicht nur Einschränkungen für die Patienten geben müssen, sondern man werde sich „vielleicht auch im Happel-Stadion“ wiedersehen.

Spitalsärzte Protest

APA/Helmut Fohringer

Opposition unterstützt Ärzte

Unterstützung kam via Aussendungen auch vonseiten der Wiener Oppositionspolitiker: „Seit Jahren wusste man in Wien von einer bevorstehenden Änderung der Dienstzeiten sowie der dementsprechenden Gehälter und die Stadt hat wie so oft die Hände in den Schoß gelegt und abgewartet“, erklärte Wiener ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. Das führe nun unweigerlich zu Versorgungsmängeln, sorgte sich auch Landesparteiobmann Manfred Juraczka.

Zu erwartende Engpässe müssten unbedingt verhindert werden, meinte auch der nicht amtsführende FPÖ-Stadtrat David Lasar. „Niemand möchte einen so hochwertigen Job unter derart miserablen Bedingungen ausüben. Wien liegt weit unter dem internationalen Niveau wenn es um die Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte geht“, so Lasar.

Annäherung in Verhandlung mit Stadt

Grund für den Protest ist das neue Arbeitszeitgesetz, das unter anderem eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit von 60 auf 48 Stunden vorsieht. Dadurch fallen vor allem gut bezahlte Überstunden und Nachtdienste weg, was Ärztevertreter Gehaltseinbußen von bis zu 30 Prozent und Strukturprobleme befürchten lässt. Zudem gebe es in manchen Spitälern bereits Engpässe bei Operationen - mehr dazu in AKH: 15 Prozent weniger Operationen.

Eine Annäherung hat es zuletzt bei den Verhandlungen mit der Stadt Wien gegeben - mehr dazu in Ärzte: Gespräch bringt „Annäherung“. Beim AKH, das durch die Medizin-Uni dem Bund untergeordnet ist, verständigte man sich auf eine rasche Lösung und eine rückwirkende Gehaltsanpassung - mehr dazu in Gehalt für AKH-Mediziner wird angepasst.

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