KAV-Ärzte: Mehr Gehalt, geänderte Arbeitszeiten

Nach nächtlichen Verhandlungen gibt es eine Einigung über die Arbeitszeiten für die Ärzte des Krankenanstaltenverbundes (KAV). Die Arbeitszeiten werden geändert, das Grundgehalt wird erhöht. Das Modell soll im März im Landtag beschlossen werden.

Das neue Modell gehe weit über die reine Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie für Spitalsärzte hinaus, wie Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) nach einer durchverhandelten Nacht am Donnerstag in einer Pressekonferenz betonte: „Wir haben es geschafft, miteinander eine sehr große Strukturreform einzuleiten und die Spitalsorganisation auf neue Beine zu stellen.“ Es seien sehr, sehr schwierige Verhandlungen gewesen, aber mit einem „guten und solidarischen“ Ende.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely

APA/Herbert Pfarrhofer

Nach einer nächtlichen Verhandlungsrunde gaben Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely das Ergebnis bekannt

Neue Tagesarbeitszeit von 7.00 bis 19.00 Uhr

„Modernere und zeitgemäßere“ Arbeitsbedingungen sollen vor allem auch durch eine interne Umschichtung der Dienste in den Krankenhäusern erreicht werden. Bisher begann der Nachtdienst bereits um 13.00 Uhr, künftig wird die Tagesarbeitszeit von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr gehen. Erst dann beginnen die Nachtstunden. Damit sollen vor allem in den Nachmittagsstunden mehr Patienten versorgt werden, während die Nachtdienste um ein Drittel reduziert werden können. „Dadurch wird der Personalbedarf in den KAV-Spitälern nicht steigen, sondern sinken“, erklärte Wehsely.

„Es ist sehr viel wert, dass wir endlich in Richtung der 40-Stunden-Woche kommen“, betonte Christian Meidlinger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB). Auch die Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Mehrleistung sei jetzt deutlich klarer. Der viel diskutierte 25-Stunden-Dienst, der in manchen Abteilungen notwendig sei, könne unter Einhaltung gewisser Bedingungen weiter durchgeführt werden. „Der KAV ist der einzige Verbund, bei dem die Umsetzung der Richtlinie wirklich gelungen ist“, kommentierte Wiens Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.

Sandra Frauenberger, Thomas Szekeres, Sonja Wehsely, Christian Meidlinger

APA/Herbert Pfarrhofer

Frauenstadträtin Sandra Frauenberger, Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres, Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und Christian Meidlinger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten

Mehr Geld vor allem für Turnusärzte

Auch bei den Gehältern hatte es sich in den Verhandlungen immer wieder gespießt, so hatte die Wiener Ärztekammer mit anderen Bundesländern vergleichbare Verdienste gefordert. Nun hat man sich geeinigt, die für 2017 geplante Besoldungsreform aller Wiener Gemeindebedienstete für die KAV-Ärzte vorzuziehen und die Gehaltskurve deutlich abzuflachen. Turnusärzte verdienen mit 1. Juli 2015 3.400 Euro bis 4.000 Euro brutto monatlich, was eine Steigerung von 25 bis 29 Prozent entspricht. Zudem erhalten sie künftig fünf Tage Prüfungsurlaub.

Fachärzte verdienen künftig zwischen rund 5.200 Euro und rund 7.900 Euro - diese Anpassung wird in zwei Schritten durchgeführt: Die erste Etappe im Ausmaß von 70 Prozent wird mit 1. Juli 2015 durchgeführt, die zweite dann am 1. Jänner 2017. Fix sind außerdem 6,5 für Fortbildung reservierte Tage. „Das ist der Stadt auch etwas wert gewesen“, betonte Wehsely. 47 Millionen Euro kommen aus den Dienstumschichtungen, 19,9 Millionen Euro schießt die Stadt extra zu, um die Reformen zu finanzieren.

„Damit ist sichergestellt, dass die drohende Ärzteabwanderung gestoppt werden kann“, meinte Meidlinger. Auch Szekeres freute sich über „konstruktive Gespräche und ein Ergebnis, das unseren Forderungen entspricht“. Die Gehälter von Ärztlichen Leitern und Primaren werden noch extra begutachtet, sie sollen dann im Zuge der Besoldungsreform angepasst werden.

Ende von „Opt-Out“-Variante bis 2016

„Wien ist das einzige Bundesland, das nur noch in Ausnahmefällen während der Umstellung auf die Opting-Out-Variante zurückgreifen wird“, erklärte Wehsely. Grundsätzlich ist in der Umsetzung der EU-Richtlinie, die seit 1. Jänner 2015 in Kraft ist, mit dem „Opt-Out“ eine Übergangsmöglichkeit vorgesehen, die es Ärzten mit ihrer Zustimmung erlaubt, weiterhin mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten. Bis 2016 wolle man diese Variante gar nicht mehr brauchen, betonte die Gesundheitsstadträtin.

Bis März werden nun die Details der neuen Modelle zwischen KAV und Gewerkschaft ausgearbeitet, im selben Monat soll das neue Arbeitszeit- und Gehaltsschema dann im Wiener Landtag beschlossen werden. Dann beginnt die sukzessive Umsetzung in den einzelnen Abteilungen, mit einem vollständigen Abschluss rechnet Wehsely im Jahr 2018.

Opposition über Einigung erfreut

Bei der Opposition sorgt die Einigungfür Freude - allerdings mit einigen Vorbehalten. Ein neues Arbeitszeitmodell sei „längst überfällig“ gewesen, kritisierten ÖVP und FPÖ in Aussendungen. Positiv seien sowohl die Anpassung der Dienstzeiten als auch jene der Gehälter, sagte VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. Allerdings fehle noch eine nachhaltige Entlastung der gesamten Ärzteschaft von bürokratischer Schreibarbeit.

Auch um das Pflegepersonal sorgt sich die schwarze Gesundheitssprecherin - es dürfe nicht darauf hinauslaufen, dass Pflegekräften mehr Tätigkeiten übertragen und diese dann mit der Verantwortung alleine gelassen werden. Auch die Freiheitlichen zeigten sich vorsichtig erfreut über die Neuregelung der Dienstzeiten. Problematisch bleibt laut dem nicht amtsführenden FP-Stadtrat David Lasar allerdings die Personalfrage: Derzeit fehle es nicht nur an Ärzten, sondern auch an Schreibkräften und Pflegepersonal.

Weitere Verhandlungen für AKH-Ärzte

In den Spitälern des KAV arbeiten 3.000 Ärzte, davon 1.900 Fachärzte. Für die seit 1. Jänner 2015 geltende neue EU-Richtlinie für Spitalsärzte war im KAV bisher nur eine Übergangsvereinbarung getroffen worden - mehr dazu in Kompromiss bei Ärztearbeitszeit (wien.ORF.at; 21.12.2014).

Noch nicht abgeschlossen sind die Verhandlungen in den Wiener Ordensspitälern, dem Hanusch-Krankenhaus sowie dem größten Spital Österreichs, dem Wiener AKH. Die nächste Verhandlungsrunde der AKH-Ärzte ist für Montag im Wissenschaftsministerium anberaumt.

Um den Druck zu erhöhen hatten sich Mitte Jänner 1.500 Ärzte im MuseumsQuartier versammelt. Bei der zweistündigen Veranstaltung wurde auch ein Forderungskatalog beschlossen - mehr dazu in Rund 1.500 Spitalsärzte bei Protest (wien.ORF.at; 18.1.2015). Danach hatte die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz Kritik an den Forderungen der Spitalsärzte geübt: Es gehe ihnen nicht nur um einen Ausgleich für die niedrigere Arbeitszeit - sie wollten noch höhere Gehälter herausholen, so Pilz - mehr dazu in Patientenanwältin kritisiert Ärzteforderungen (wien.ORF.at; 20.1.2014).

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