Vassilakou-Ultimatum lässt Häupl kalt

Im Streit über ein neues Wahlrecht zeigt sich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) wenig beeindruckt von einem Ultimatum von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne). Sie forderte noch diese Woche eine Zustimmung, sonst gäbe es „weitreichende Konsequenzen“.

Häupl und Vassilakou anlässlich der Bekanntgabe eines rot-grünen Koalitionspaktes

APA/Schlager

Ein Bild aus freundlicheren Zeiten in der Stadtregierung

"Ein Wahlrecht brauchen wir dann, wenn Wahlen stattfinden“, zeigte sich Häupl am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz wenig beeindruckt von Vassilakous Ultimatum. Dass es bereits einen Vorschlag der Verhandlungsgruppe gebe, wie von Vassilakou behauptet, dementierte er: „Eine einseitige Beendigung von Verhandlungen, nur weil man selbst seinen Standpunkt hat, halte ich nicht für gut.“ Es werde jedoch selbstverständlich weitergeredet, und zwar auf Klubebene.

Gespräche zwischen ihm und Vassilakou werde es dazu nicht mehr geben. Es habe vor Weihnachten den Wunsch gegeben, dass sich die beiden damit befassen, meinte der Bürgermeister in Anspielung auf den Mitte Dezember einberufenen Koalitionsausschuss: „Aber das hat uns offensichtlich auch nicht viel weitergebracht.“

Vassilakou droht mit Konsequenzen

Vassilakou richtete dem Koalitionspartner via Gratiszeitung „Heute“ (Mittwochausgabe) aus, dass sie noch für diese Woche die Zustimmung der SPÖ zu der - aus ihrer Sicht - bereits ausverhandelten Lösung erwarte. „Ein ‚Nein‘ kann nicht akzeptiert werden - und hätte weitreichende Konsequenzen“, wird Vassilakou zitiert. Auf APA-Nachfrage erklärte Vassilakou, dass dies bedeute, dass man dann „nächste Schritte“ setzen werde. Denkbar ist etwa, im nächsten zuständigen Gemeinderatsausschuss einen eigenen Reformantrag einzubringen.

Dass es ihr darum gehe, eine Entscheidung vor der Grünen Landesversammlung am Samstag zu erreichen, verneinte Vassilakou gegenüber „Radio Wien“. Es gehe nicht um einen Tag auf oder ab, aber man verhandle schließlich nicht seit gestern, sondern schon seit vier Jahren. Bei der Landesversammlung der Grünen am Samstag wird die Kandidatenliste für die Wien-Wahl erstellt - mehr dazu in Van der Bellen tritt in Wien nicht mehr an.

EU-Wahl 2014: Hinweisschild mit der Aufschrift "Zum Wahllokal" aufgenommen  in einem Wahllokal in Wien

APA/Georg Hochmuth

Wann in Wien gewählt wird, ist noch nicht bekannt

Politikberater: Gütliche Lösung kaum mehr möglich

Politikberater Thomas Hofer sieht bei möglichen Konsequenzen, die Vassilakou ziehen könnte, nur zwei Möglichkeiten: Ein Ende der Koalition oder ein öffentlicher Bruch mit der SPÖ zumindest beim Thema Wahlrecht. „Beide haben sich bei ihrem Standpunkt so eingegraben, dass eine gütliche Lösung kaum mehr möglich ist“, konstatierte Hofer im „Radio Wien“-Interview. Und: "Wenn die Vizebürgermeisterin ein Ultimatum stellt und sagt, es muss diese Woche passieren, dann kann Häupl schon allein deshalb nicht einlenken.“

Sowohl Vassilakou als auch Häupl würden mit ihrem Auftreten derzeit wahrscheinlich innerparteilich bei der Basis punkten wollen, so Hofer. So würden etwa in der SPÖ-Basis nicht alle die rot-grüne Zusammenarbeit „supertoll“ finden. Gleichzeitig müssten beide aufpassen, dass sie nicht den Eindruck erweckten, man würde nur mehr streiten, das wäre für beide schlecht, so Hofer.

FPÖ für Neuwahlen

Der Opposition reißt in der Debatte offensichtlich langsam der Geduldsfaden: Die FPÖ forderte am Mittwoch - nicht zum ersten Mal - Neuwahlen. Die Blauen werden am 20. Februar einen entsprechenden Antrag im Gemeinderat einbringen, kündigte Klubchef Johann Gudenus per Aussendung an. Das „rot-grüne Trauerspiel“ müsse ein Ende haben. Auch ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka hoffte auf ein „baldiges Ende der rot-grünen Schmierenkomödie“. Die Regierungsparteien spielten beim Wahlrecht weiterhin „Koalitionsmikado - wer sich bewegt, hat verloren“, lautet seine Diagnose.

Häupl hält Wahltermin weiter geheim

Wann die Wien-Wahlen stattfinden, wollte Häupl auch am Mittwoch nicht verraten. „Erlauben Sie mir dieses kleine Stückchen Inszenierung“, meinte er launisch, und dann ernsthafter: Er wolle den Termin noch mit seinen Parteifreunden und dem Koalitionspartner absprechen. Am Dienstag hatte Häupl erklärt, er wisse den Termin bereits, „aber ich sage ihn noch nicht“ - mehr dazu in Wahltermin: Häupl gibt sich bedeckt. In den vergangenen Wochen war immer wieder spekuliert worden, dass der Urnengang vom 4. Oktober auf den 14. Juni vorverlegt werden könnte - mehr dazu in Wien-Wahl: Erneut Terminspekulation.

Vassilakou erklärte gegenüber „Radio Wien“ am Mittwoch, sie habe keine Präferenz bezüglich des Wahltermins. Sie drängte aber auf eine Entscheidung: „Ich denke, dass die Stadtbevölkerung, die Politik und die Verwaltung haben langsam aber sicher ein Recht, zu wissen, wann die Wahlen sein werden.“

Politikberater Hofer mutmaßte, dass Häupl den Termin möglicherweise doch noch gar nicht wisse. „Ich glaube es ist aus seiner Sicht noch zu früh, sich da festzulegen", so Hofer. Es stünden noch viele Themen an, wie die Steuerreform, die für einen Termin im Herbst sprächen - „auf der anderen Seite ist es gefährlich für Häupl, erst im Oktober zu wählen, denn davor werden die Steiermark und Öberösterrech zu Urne schreiten, und dort sind blaue Zugewinne zu erwarten.“

Wahlrecht: Änderungen mit ÖVP und FPÖ

Sollte es in Sachen Wahlrecht zu keinem Kompromiss kommen, hat die SPÖ noch die Möglichkeit, das Wahlrecht nur insofern zu ändern, als die Vorgaben des Höchstgerichts - Stichwort: Abschaffung der Nachfrist für Briefwähler - erfüllt werden und die Wahl damit nicht mehr Gefahr läuft, erfolgreich als verfassungswidrig angefochten zu werden. ÖVP und FPÖ hatten dafür kürzlich bereits Zustimmung signalisiert. Die damaligen Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und Grüne hatten 2010 einen Notariatsakt unterzeichnet, mit dem sie sich zu einer Reform des Wahlrechts verpflichteten - mehr dazu in Wahlrecht: Opposition hofft auf Grüne (wien.ORF.at; 15.1.2015).

Häupl hatte am Dienstag gesagt, dass die SPÖ nach wie vor auf ihrem Standpunkt stehe, dass der heiß diskutierte „Verzerrer“ bei der Mandatsverteilung maximal auf 0,75 reduziert wird - mehr dazu in Wahltermin: Häupl gibt sich bedeckt. Zuvor hatte Häupl kundgetan, dass er über das Verhalten des kleinen Koalitionspartners „not amused“ sei - mehr dazu in Grüne: Einigung bei Wahlrecht - SPÖ dementiert.

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