Fall Alijew: Rätsel um Tagebuch

Das Tagebuch von Rachat Alijew sei manipuliert worden, sagt sein langjähriger Anwalt Manfred Ainedter. Er beantragte im Namen der Witwe eine zweite Obduktion. Laut dem ersten Obduktionsergebnis deutet alles auf einen Selbstmord hin.

Für Ainedter ist ein Selbstmord unvorstellbar: „Er hat sich gerade neue Brillen bestellt gehabt. Am Dienstag hatte er noch einen Friseurtermin. Und da soll er sich umbringen?“ Ainedter bestätigte außerdem die Existenz eines Tagebuchs, das Alijew im Gefängnis geführt habe. Darüber hinaus behauptet der Anwalt, dass es an diesem Büchlein zu Manipulationen kam, als der herzkranke Alijew vorübergehend ins Krankenhaus der Barmherzigen Brüder verlegt wurde und seine privaten Aufzeichnungen im Gefängnis zurücklassen musste.

Seite aus Tagebuch gerissen?

„Als er zurückgekommen ist, hat eine Seite gefehlt. Sie ist herausgerissen worden“, hielt Ainedter fest. Die Vollzugsdirektion, bei der eine Beschwerde gegen diesen angeblichen Eingriff in Alijews Eigentum ventiliert wurde, sah das allerdings anders. Sie wies die Beschwerde zurück und stellte fest, es habe nichts aus dem Notizbuch gefehlt.

Darauf angesprochen, dass die Staatsanwaltschaft auf Basis des vorläufigen Obduktionsergebnisses derzeit keine Hinweise auf Fremdverschulden sieht, bemerkte Ainedter: „Es ist völlig ausgeschlossen, dass Alijew seine Ehefrau und seine Kinder im Stich gelassen und sich aus dem Leben gestohlen hätte.“ Wie der „Kurier“ berichtet, beantragte der Anwalt eine Freigabe der Leiche, um eine zweite Obduktion durch einen Gerichtsmediziner seiner Wahl durchführen zu lassen.

Jogginghose statt Anzug

Auch die Art und Weise des angeblichen Selbstmords - Alijew war in einer Jogginghose mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt entdeckt worden - irritiert Ainedter: „Er hätte das Stromkabel seines Laptops zur Verfügung gehabt.“ Dass der sehr auf sein Äußeres bedachte Mann in Trainingshosen freiwillig aus dem Leben scheidet, sei „gänzlich ausgeschlossen“, so Ainedter abschließend: „Er ist zu sämtlichen kontradiktorischen Einvernahmen im Anzug gegangen. Zu seinem Prozess wollte er sogar in Uniform erscheinen.“

Der Aussage eines Chefinspektors der Polizei zufolge soll der ehemalige kasachische Botschafter in Wien in einem Tagebuch ihm im Gefängnis widerfahrene Einschüchterungsversuche notiert haben. „Er war in Furcht und Unruhe und hatte die Befürchtung, dass die Drohungen wahr gemacht werden“, hatte der Polizeibeamte am Dienstag wenige Stunden nach dem Auffinden der Leiche erklärt. Alijews Rechtsbeistand geht davon aus, dass dieses Notizbuch in der Zelle von der Tatortgruppe des Wiener Landeskriminalamts (LKA) sichergestellt wurde und nun im Zuge der Ermittlungen ausgewertet wird.

„Keine Anzeichen für Gewalteinwirkung“

Beim Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters Rachat Alijew gibt es laut Staatsanwaltschaft keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, verwies dabei am Mittwoch auf den vorläufigen Obduktionsbericht. Alijew, der im Gefängnis auf seinen Prozess wegen des Verdachts auf Ermordung zweier Banker gewartet hatte, wurde Dienstagfrüh erhängt im Nassraum seiner Zelle aufgefunden. Alijews Anwälte äußerten daraufhin Zweifel an einem Suizid und sprachen von Mord - mehr dazu in „Keine Anzeichen für Gewalteinwirkung“ (news.ORF.at; 25.2.2015).

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