Häupl: „2.000 neue Gemeindewohnungen“

Bürgermeister Michael Häupl hat bei der SPÖ-Klubtagung im burgenländischen Rust am Donnerstag verkündet, dass in Wien 2.000 neue Gemeindewohnungen entstehen sollen. Die Opposition spricht von einem „Wahlkampfschmäh“.

„Ich schlage vor, dass wir wieder Gemeindewohnungen bauen - und zwar Gemeindewohnungen Neu“, sagte Häupl in seiner Rede bei der SPÖ-Klubtagung - mehr dazu in SPÖ eröffnet Wiener Wahlkampf (wien.ORF.at; 26.2.2015). Die Stadt wird dabei die Grundstücke zur Verfügung stellen. Neue Ankäufe seien dafür nicht nötig, man könne aus den „erheblichen“ Reserven schöpfen, erklärte Häupl.

Neue Gesellschaft für Gemeindebauten

Den Bau übernimmt dann eine eigens eingerichtete „Gemeindewohnungserrichtungsgesellschaft“. An dieser soll zu 51 Prozent die zur Wien Holding gehörende und damit im Eigentum der Stadt stehende Gesiba beteiligt sein, 49 Prozent wird Wiener Wohnen übernehmen, wie Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) sagte. Zuletzt kritisierte der Rechnungshof die Gesiba wegen zu teurer Wohnungen - mehr dazu in Kritik an „ausgelagerten“ Wiener Schulden (wien.ORF.at).

Radio-Wien-Reporter Florian Katzinger aus Rust:

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Häupl und Brauner in Rust

APA / Robert Jäger

Bürgermeister Michael Häupl und Finanzstadträtin Renate Brauner in Rust

Pilotprojekt am ehemaligen AUA-Gelände

„Wichtig ist nicht, was drauf steht, sondern für die Menschen ist das Wichtigste: Was zahle ich?“, so Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Daher sollen die neuen Gemeindewohnungen keine Befristungen, keine Kautionen sowie die „niedrigste Miete, die es in der Stadt überhaupt gibt“ haben, also maximal 7,50 Euro brutto, schilderte Ludwig. Zudem wird es bei diesen Wohnungen keinen Eigenmittelbeitrag geben. Die Vergabe übernimmt Wiener Wohnen.

Die 25 Millionen Euro „Sondertopf“ wird es zusätzlich zur Wohnbauförderung geben, betonte Brauner. Der Topf soll vor allem den Baukostenzuschuss finanzieren, der sonst meist aus den Eigenmitteln der zukünftigen Mieter bestritten wird: „Wenn er nachgefüllt werden muss, dann wird er nachgefüllt“, so die Finanzstadträtin. Sollte sich der „Versuch“ am ehemaligen AUA-Gelände in der Fontanastraße 1 bewähren, seien rund 2.000 neue Wohnungen geplant, meinte der Bürgermeister. In den kommenden fünf Jahren werde jede zehnte geförderte Wohnung eine Gemeindewohnung sein, hieß es.

Zu den konkreten Standorten wollte Häupl sich jedoch noch nicht äußern: „Das erzählen wir Ihnen jedes Mal von Neuem, damit es eine schöne Fortsetzungsgeschichte ist.“ Der „Gemeindebau Neu“ soll nicht das Ende der derzeit forcierten Smart-Wohnungen bedeuten. „Das wird es nebeneinander geben“, so Ludwig. Denn man habe durchaus gute Erfahrungen mit gemeinnützigen Bauträgern gemacht.

Grüne wollen 1.000 neue Wohnungen pro Jahr

Den Grünen sind die bis zu 2.000 in Aussicht gestellten neuen Gemeindebauwohnungen zu wenig. Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) wünscht sich vielmehr 1.000 neue Gemeindewohnungen pro Jahr. „Ziel ist, dass in Wien jährlich 1.000 neue Gemeindewohnungen errichtet werden. Auf Grundstücken, die ohnehin bereits im Besitz der Stadt sind, und durch sanfte Nachverdichtung“, ließen Vassilakou und der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr wissen.

Wobei man sich die Wiederbelebung des städtischen Bauprogramms durchaus auch auf die eigenen Fahnen heftet. 2004 habe Wien unter dem damaligen SPÖ-Wohnbaustadtrat und nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann den Bau von Gemeindewohnungen eingestellt: „Rot-Grün nimmt ihn jetzt endlich wieder auf.“ Vassilakou hatte angekündigt, dass die Wiener Grünen im Wahlkampf ebenfalls auf das Thema Wohnen setzen wollen, und dabei angeregt, den kommunalen Wohnbau wieder anzugehen. Sie fordert eine „365-Euro-Wohnung“ für unter 35-jährige Wiener und in einer Größe von rund 40 Quadratmetern.

Opposition ortet „Wahlkampfschmäh“

Die Euphorie der Opposition hält sich in Grenzen. Die Sache sei nichts als ein „Wahlkampfschmäh“ und eine „Blendgranate“, waren sich ÖVP und FPÖ einig. Für den blauen Klubobmann Johann Gudenus sind die 120 geplanten neuen Gemeindewohnungen ein „PR-Gag des Bürgermeisters“ - denn: „2004 ist der letzte Wiener Gemeindebau entstanden. Elf Jahre komplette Untätigkeit in diesem Bereich sind dafür verantwortlich, dass es zu dieser Mietexplosion gekommen ist“, monierte er. Die FPÖ fordert indes 5.000 Gemeindewohnungen pro Jahr.

Die ÖVP schlug in die selbe Kerbe. „Der Bau von neuen Gemeindewohnungen geht an den wirklichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger vorbei und ist nichts weiter als ein Wahlkampfschmäh“, analysierte Landesgeschäftsführer Alfred Hoch. 120 Wohnungen angesichts eines Zuzugs von 20.000 Menschen pro Jahr als Erfolg zu verkaufen, sei eine Frotzelei. Offenbar wollten die Roten „durch die Überschrift ‚Gemeindewohnungen‘ die eigene Basis mit alter sozialistischer Rhetorik zu den Urnen treiben“.

Karl Marx-Hof" in Wien Heiligenstadt

APA / Barbara Gindl

Der Gemeindebau „Karl Marx-Hof“ in Heiligenstadt

Nachhall des „Roten Wien“ für 500.000 Menschen

Der 1930 eröffnete Karl-Marx-Hof ist bis heute das wohl bekannteste Aushängeschild des kommunalen Wohnbaus in Wien. Heute gibt es in der Bundeshauptstadt mehr als 2.000 Gemeindebauten mit 220.000 Wohnungen, die knapp 500.000 Wiener beherbergen. Das entspricht knapp einem Drittel der Einwohner. Verstreut über alle 23 Bezirke bieten die Gemeindebauten vergleichsweise günstigen Wohnraum an. Er beträgt laut Rathaus durchschnittlich 6,28 Euro pro Quadratmeter inklusive Betriebskosten.

Am privaten Sektor reicht die Spanne von 9,86 bis 17,07 Euro pro Quadratmeter. Um Anspruch auf einen Platz im Gemeindebau zu haben, darf man gewisse Gehaltsgrenzen nicht überspringen. Sie liegen für einen Ein-Personen-Haushalt derzeit bei 3.140,71 Euro netto im Monat (14 mal im Jahr), für einen Zwei-Personen-Haushalt bei 4,680,71 Euro. War der preiswerte Wohnraum lange Zeit nur Inländern vorbehalten, dürfen seit fast einem Jahrzehnt auch Zuwanderer unter bestimmten Voraussetzungen in eine Gemeindewohnung ziehen.

Reaktion auf Wohnungsmangel

Die Ursprünge dieser geförderten Wohnform liegen im „Roten Wien“ der Zwischenkriegszeit. Nach der Errichtung erster kommunaler Mietshäuser beschloss der Gemeinderat 1923, in den kommenden fünf Jahren insgesamt 25.000 Wohnungen nach zeitgenössischem Standard und Gemeinschaftseinrichtungen wie Bädern, Waschküchen, Bibliotheken oder Kaufläden einzurichten. Aus dieser Phase stammen einige der heute als klassisch geltenden Wohnanlagen wie der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof in Favoriten oder der Reumannhof in Margareten.

Bis 1934 wurden knapp 62.000 Wohnungen sowie rund 40 Siedlungen und etwa 2.150 Geschäftslokale fertiggestellt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten stagnierte die Bautätigkeit der Stadt bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Angesichts des akuten Wohnungsmangels setzte die dann wieder SPÖ-regierte Stadt in der Phase des Wiederaufbaus vor allem auf Schnellbauprogramme, wobei durch die Baugrundknappheit tendenziell höhere, meist in Zeilen angeordnete Blöcke - später vor allem in Fertigteilbauweise - aus dem Boden gestampft wurden.

In den 1970er-Jahren entstanden Großprojekte wie der Gemeindebau „Am Schöpfwerk“ in Meidling. Eine bekannte Anlagen vergleichsweise jüngeren Baujahrs ist beispielsweise das Hundertwasserhaus im Bezirk Landstraße. 2004 beendete die Stadt - nach Fertigstellung des bis dato letzten Gemeindebaus, des Hauses Rößlergasse 15 in Liesing - ihre eigene Bautätigkeit und konzentrierte sich stattdessen auf Förderungen und Sanierungen. Die Mittel dafür belaufen sich derzeit jährlich auf gut 600 Mio. Euro, wobei rund 450 Mio. Euro aus dem Wohnbaufördertopf des Bundes kommen.

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