Umstrittenes Lokalprojekt am Donaukanal

Ein Gastronomiegroßprojekt am Donaukanal sorgt für Diskussionen. Auf Höhe der U-Bahn-Station Schottenring will ein privater Betreiber ein Lokal bauen, in dem bis zu 800 Personen Patz haben sollen. 3,2 Millionen Euro soll es kosten. Stadtplaner und Anrainer haben große Bedenken.

Das Lokal soll etwa 60 Meter neben dem Otto-Wagner-Schützenhaus gebaut werden, schräg gegenüber von der Disco Flex – so zumindest die Pläne von Gastronom Philipp Pracser, Chef der RSG group. Wie auch „Der Standard“ berichtet, sei ein Pavillon aus Glas und Holz mit aufklappbarem Dach angedacht, so Pracser, dazu eine Terrasse mit einem kleinen Sand-Bereich.

„Wir wollen für die breite Masse ein tolles Beach-Club-Restaurant und Bar-Konzept verwirklichen, nach dem Beispiel von vielen großen Städten in Europa, wie München, Hamburg und Berlin“, erklärte Pracser gegenüber Radio Wien. Das Lokal, das den Namen „Sky & Sand“ tragen soll, soll ganzjährig in Betrieb sein. Bilder der Projektpläne wolle man noch keine veröffentlichen, so Pracser, als Stil-Inspiration diene beispielsweise die Mole West am Neusiedler See.

Donaukanal

ORF/Kanya

Otto-Wagner-Schützenhaus

Grundstück ist als Grünfläche gedacht

Bedenken gegenüber dem Projekt äußerte die MA 19, die für Architektur und Stadtgestaltung zuständig ist. Das betroffene Grundstück neben dem Otto-Wagner-Schützenhaus sei in den Leitlinien für die Gestaltung des Donaukanals als konsumfreie Grünfläche vorgesehen, sagte Franz Kobermaier, Leiter der MA19 im ORF-Wien-Interview. Diese Leitlinien seien von externen Architektinnen nach einem Wettbewerb entwickelt und im November von der Stadtentwicklungskommission verabschiedet worden.

Kritisch sieht Kobermaier zudem die „große Ausdehnung“ des Projekts „neben dem relativ kleinen Schützenhaus“. Die MA 19 habe gemeinsam mit dem Fachbeirat für Stadtgestaltung nun auch noch ein denkmalpflegerisches Gutachten in Auftrag gegeben, weil das Schützenhaus von Otto Wagner und auch die Kaimauer in diesem Bereich denkmalgeschützt seien. Wann es dieses Gutachten gebe, sei noch nicht klar, wahrscheinlich jedoch erst in ein paar Monaten, so Kobermaier. Erst dann könne die MA19 eine Stellungnahme zu dem Projekt abgeben – dieses sei aber derzeit formell auch noch gar nicht eingereicht worden.

Bezirk will Tauschhandel

Unterstützung bekommt Pracser vom Leopoldstädter Bezirksvorsteher Karlheinz Hora (SPÖ). Um das Lokal zu ermöglichen, schlägt Hora einen Tauschhandel vor: Statt des Bereichs neben dem Schützenhaus solle der Bereich zwischen Schwedenbrücke und Marienbrücke in eine konsumfreie Grünzone umgewandelt werden – derzeit gibt es dort Gastronomie. Dort sei die Lärmbelastung für die Anrainer ohnehin oft ein Problem, weil sich nur wenige Meter vom Donaukanal entfernt ein Gemeindebau befinde – beim Grundstück neben dem Schützenhaus gebe es jedoch keine direkten Anrainer. Die Kosten für die Begrünung am Schwedenplatz würde er tragen, so Pracser.

Donaukanal

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Hier soll das Gastroprojekt gebaut werden

In der MA19 will man diesem Vorschlag weder eine Absage noch eine Zusage erteilen: Es sei eine „politische Frage“ und theoretisch möglich, denn die Leitlinien seien rechtlich nicht bindend, so Kobermaier. Gabu Heindl, eine der beiden Architektinnen, die die Donaukanal-Leitlinien entwickelte, kann dem nichts abgewinnen: Die Wiese beim Schützenhaus sei eine der wenigen zentral gelegenen Wiesen, die gerade und nicht schräg seien, und sie sei auch hochwertiger als der zum Tausch angebotene Bereich: „Die Wiese beim Schützenhau ist ruhiger als der Bereich mitten im Zentrum – und sie ist auch breiter, was einen großen Unterschied macht“, so Heindl gegenüber dem ORF Wien.

Auch im Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) sieht man das Gastronomieprojekt kritisch und sieht keinen Anlass für einen Grünflächentausch: „Warum sollte man Leitlinien, die man gerade erst beschlossen hat, bei der ersten Gelegenheit wieder verwerfen“, so Vassilakous Sprecher Patrik Volf gegenüber dem ORF Wien.

Anrainer kritisieren „Eventisierung“

Kritik an dem Gastro-Großprojekt kommt auch von Anrainerseite. „Extreme Lärmbelastung, Schadstoffbelastung durch mehr Autos und natürlich, dass ein öffentlicher Raum wieder kommerzialisiert wird und nicht genutzt werden kann, ohne dass man konsumiert“, befürchtete eine Frau, die in der Oberen Donaustraße wohnt. Die Wiese werde derzeit auch von vielen Familien mit kleinen Kindern genützt, weil sie ausreichend breit sei, sodass keine Gefahr bestehe, dass die Kinder ins Wasser fallen. „Es findet wie so oft eine Eventisierung des öffentlichen Raumes statt und dadurch werden wahnsinnig viele Leute ausgesperrt“, formulierte es ein Nachbar.

Pracser argumentierte, er schaffe neben Arbeitsplätzen auch einen öffentlichen Mehrwert: So würde er etwa ein öffentliches WC zur Verfügung stellen, einen barrierefreien Zugang zum Donaukanal für alle mit einem Lift bauen, die Sanierung der Kaimauer bezahlen und Graffitis entfernen lassen. Eine Lärmbelastung für die Anrainer sieht er nicht, dazu seien die Wohnungen zu weit entfernt, denn auf gleicher Höhe mit dem Lokal befänden sich nur Büros.

Eröffnung im April 2016?

Dass die MA19 nun auf der Bremse steht, ärgert den Gastronomen. Er habe das Projekt in den vergangenen eineinhalb Jahren in engem Kontakt mit den Behörden entwickelt. Von Leitlinien, die da ein Problem sein könnten, sei da nie die Rede gewesen und diese seien ja auch erst im November beschlossen worden. Er habe außerdem bereits 150.000 Euro in die Planung und diverse Gutachten investiert. Noch gibt sich Pracser optimistisch: Er wolle am 1. April 2016 eröffnen.

Ein anderes Projekt soll am Donaukanal realisiert werden. Die „schwimmenden Gärten“ sollen den Donaukanal gleich gegenüber des umstrittenen Lokalprojekts grüner machen. Einen Baustart gibt es noch nicht - mehr dazu in Donaukanal bekommt Gärten.

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