Fall Alijew: Opfervertreter sieht „Pseudoskandal“

In der Causa Alijew ermittelt die Wiener Staatsanwaltschaft jetzt gegen zwei Kriminalpolizisten und eine Staatsanwältin, die für den Opfervertreter Gabriel Lansky gearbeitet hat. Lansky spricht von einem „Pseudoskandal“.

Gegen die Staatsanwältin steht der Verdacht der Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses im Raum. Anfang März wurde sie deswegen vom Dienst freigestellt, wie am Dienstag bekannt wurde. Dabei gehe es um eine Zeit, als sie noch bei der Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner (LGP) tätig war, die Kanzlei vertritt die Witwen zweier Banker, die auf Betreiben des kasachischen Ex-Botschafters Alijew ermordet worden sein sollen.

Lansky betrachtete das als einen „Pseudoskandal“. Als Opfervertreter hätte seine Kanzlei ohnehin in Verfahren gegen Aliyev „überall vollständige und uneingeschränkte Akteneinsicht“ gehabt, sagte Lansky am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. „Ich hatte auch überhaupt keinen Anlass dazu, irgendetwas illegal bekommen zu wollen.“

Brisantes Material beschafft?

Bei Lansky soll die Juristin versucht haben, an der Amtsverschwiegenheit unterliegendes Material betreffend Alijew heranzukommen - etwa Adressen und dessen aktuellen Wohnort. Tatsächlich, so der Verdacht, soll es ihr gelungen sein, brisantes Material zu beschaffen. Auf die Frage, warum LGP so an der Wohnadresse Alijews interessiert gewesen war, antwortete Lansky: „Ich habe Klagen eingebracht, und Alijew hat sich versteckt, ich konnte ihm die Klagen nicht zustellen.“

Auch gegen zwei Beamte des Bundeskriminalamts wird in diesem Zusammenhang ermittelt - wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses -, weil sie der Juristin erwünschte Informationen weitergegeben haben sollen. Sie sollen außerdem parteiisch ermittelt haben, so der Vorwurf der Alijew-Anwälte. Die Anzeige hatten die Anwälte Alijews nach dem Tod ihres Mandanten eingebracht. Es ist eine von vielen gegenseitigen Anzeigen in einer Art „Krieg der Promianwälte“ in Wien.

Kriminalisten waren nach Alijew-Tod vor Ort

„Wir sind als Opfervertreter verpflichtet, mit den Ermittlungsbeamten zu kommunizieren“, wies Lansky die Vorwürfe gegenüber Ö1 zurück - mehr dazu in Causa Alijew: Ermittlungen gegen Staatsanwältin (oe1.ORF.at). Lansky sieht eine Kampagne von Mordangeklagten gegen korrekte Kriminalisten. „Einer der beiden Beamten ist jener Mann, von dem Alijew behauptet hat, er hätte einen Giftmordanschlag gegen ihn versucht. Daran merkt man, was für ein Unfug aus dieser Quelle stammt“, so Lansky.

Umso brisanter finden die Alijew-Anwälte dafür einen Aktenvermerk, aus dem hervorgeht, dass die zwei Kriminalisten nach dem mutmaßlichen Suizid von Alijew in seiner Zelle im Gefängnis in der Josefstadt an Ort und Stelle waren - noch vor den Mordermittlern des Wiener Landeskriminalamts. „Das wirft ein sehr eigentümliches Bild, weil das Bundeskriminalamt in diesem Zusammenhang keinerlei Zuständigkeit hat“, so Anwalt Otto Dietrich zu Ö1.

Auch Kanzleikraft im Visier

„Wir haben unmittelbar nach Bekanntwerden des Verdachts reagiert und die Kollegin bis zur Klärung des Sachverhalts vom Dienst freigestellt“, so Michael Klackl, Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft, zur Dienstfreistellung der Staatsanwältin. Sie sei nicht vom Dienst suspendiert worden, was aus rechtlichen Gründen auch gar nicht möglich gewesen wäre, betonte Klackl: „All ihre dienstrechtlichen Ansprüche bleiben gewahrt.“

Ermittelt wird in dieser Sache derzeit von der Staatsanwaltschaft Wien, wobei neben der Staatsanwältin ein zweiter Justizmitarbeiter als Verdächtiger geführt wird. Dabei soll es sich dem Vernehmen nach um eine Kanzleikraft handeln. „Im Vordergrund steht jetzt eine rasche, gründliche und lückenlose Aufklärung der Vorgänge“, sagte Klackl.

Anwälte bezweifeln Selbstmord Alijews

Alijew, der im Sommer 2014 in U-Haft genommen wurde und gegen den ab Mitte April wegen Doppelmordes vor einem Wiener Schwurgericht verhandelt hätte werden sollen, wurde am 24. Februar erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefunden. Seine Anwälte bezweifeln, dass er sich freiwillig getötet hat - mehr dazu in Alijew: Selbstmord bestätigt.

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