Grüne bleiben trotz „übler Tricks“ in Koalition

Obwohl die Wiener SPÖ einen Grün-Mandatar abgeworben und so ein neues Wahlrecht verhindert hat, wollen die Grünen bis zur Wahl im Herbst in der Koalition bleiben. Und trotz „unentschuldbarer übler Tricks“ streben sie eine rot-grüne Neuauflage an.

„Die Empörung ist tief, die Empörung über das Machtgehabe und die faulen Tricks, zu denen die SPÖ bereit war, um ihre Privilegien - koste es, was es wolle - zu verteidigen“, übte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) am Samstag erneut scharfe Kritik am Koalitionspartner. „Gestern haben die Sozialdemokraten ihr hässlichstes Gesicht gezeigt.“

Mit ihrem Verhalten vor der Wahlrechts-Landtagssitzung - also mit der Abwerbung des bis dahin grünen Integrationssprechers Senol Akkilic - „hat die SPÖ den Spirit von Rot-Grün, den Partnerschaftsgeist, den Rot-Grün I ausgezeichnet hat, zu Grabe getragen“, befand Vassilakou. Die rote Vorgangsweise sei „unentschuldbar“ und müsse Konsequenzen haben - mehr dazu in SPÖ-Coup lässt Koalition wackeln (wien.ORF.at; 26.3.2015).

Keine Kompromisse mehr bis zur Wahl

Aufkündigen will die Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin die Koalition aber deshalb trotzdem nicht - obwohl es in den vielen Rückmeldungen von Parteifreunden „diese Emotion“ schon auch gebe. Aber es werde zugleich die Sorge geäußert, „dass dieser Neuerungskurs, den die Grünen in die Stadt gebracht haben, zum Stillstand kommt“. Es gebe noch begonnene Projekte zu Ende zu führen, argumentierte sie.

Etwaige Verhandlungen bzw. Kompromisse mit der SPÖ wird es seitens der Grünen in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr geben: „Wo es im Regierungsalltag Entscheidungen braucht, werden sie unmittelbar getroffen.“ Alles, was „vernünftig und erforderlich“ sei, werde gemacht. Man habe bis zum Wahlkampf aber ohnehin kaum noch Punkte im Regierungspakt offen, betonte die grüne Frontfrau.

SPÖ habe „kaputtes Demokratieverständnis“

Nichtsdestoweniger hofft Vassilakou auf Rot-Grün II nach der Wien-Wahl am 11. Oktober - und zwar „mit gestärkten Grünen“. Denn: „Der Fehler von Rot-Grün I liegt in zu viel Rot“, geißelte sie das „Machtgehabe“ des Regierungspartners. Man wolle nämlich Veränderung für Wien, und als Koalitionspartner gebe es eben nur die SPÖ. Aber: „Diesen Kräften in der SPÖ, die dieses kaputte Demokratieverständnis gestern an den Tag gelegt haben, werden wir das Handwerk legen“, sagte Vassilakou. Ob damit auch Bürgermeister Michael Häupl gemeint sei? „Ich möchte das nicht auf spezifische Personen münzen.“

Kontakt zum oder gar ein Gespräch mit dem übergelaufenen Mandatar Akkilic habe es seit dem Vorfall am Freitag nicht gegeben. „Ich möchte hier mit Wittgenstein sagen: ‚Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen.‘ Es gibt nichts zu bereden.“

Filzmaier: „Koalition müsste beendet sein“

Die Wende im Wahlrechtsstreit bezeichnet der Politologe Peter Filzmaier als eine „tragikomische Form des Wiener Kabaretts“, die „moralisch von fragwürdiger Glaubwürdigkeit“ sei. Die Koalition müsste eigentlich beendet sein - mehr dazu in Filzmaier: „Form des Wiener Kabaretts“ (wien.ORF.at; 27.3.2015).

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