Eltern kritisieren „versteckte Kosten“

Skikurse, Kopiergeld und Bücher: Der Verband der Elternvereine an den höheren und mittleren Schulen Wiens (VEV) kritisiert, dass Eltern jährlich 319 Euro pro Kind an versteckten Schulkosten übernehmen müssen, und fordert Schulgeldfreiheit ein.

Im Paragraf fünf des Schulorganisationsgesetzes ist die grundsätzliche Schulgeldfreiheit an öffentlichen Schulen festgelegt. Durch Spindmieten, Kopiergelder, Vorschreibungen für Schulbücher und Reparaturkosten sieht der VEV diese mittlerweile ausgehöhlt. In einer Umfrage ließ der VEV diese „versteckten Kosten“ erheben.

Für die Umfrage wurden Fragebögen an die knapp über 100 Mitgliedselternvereine des Verbands verschickt, von denen mehr als die Hälfte auch antworteten. Diese vertreten knapp 32.000 der rund 97.000 Schüler an den 155 höheren und mittleren Schulen Wiens.

Geld für EDV-Ausstattung und Renovierungen

Bisher hätten Eltern vor allem Exkursionen, Skikurse, Sprachwochen und Landschulwochen aus eigener Tasche finanzieren müssen, so VEV-Vorsitzende Elisabeth Rosenberger. Immer öfter kämen nun aber Kosten für Leistungen dazu, für die eigentlich der Staat aufkommen müsse: Dazu zählten etwa der Kauf von Schulbüchern, die Miete von Spinden, die EDV-Ausstattung und dringende Renovierungsarbeiten an Schulen - mehr dazu in Zentralmatura: Zu wenig Geld für Steckdosen (wien.ORF.at; 11.3.2015).

Kopierer

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Bis zu 45 Euro Kopiergeld wird von Eltern pro Kind und Jahr eingefordert

319 Euro Zusatzkosten pro Kind

Insgesamt müssten die Eltern jährlich hochgerechnet 31 Mio. Euro für Leistungen aufbringen, die eigentlich Aufgabe des Staates wären, so Rosenberger. Im Schnitt seien das 319 Euro pro Kind.

Dazu zählen etwa Kosten für Schulbücher. „Da geht es aber nicht ums Reclam-Heft oder die Formelsammlung in der Oberstufe“, meinte Rosenberger. Grundsätzlich sind Schulbücher zwar gratis und werden vom Familienlastenausgleichsfonds finanziert. Allerdings seien die Limits, in deren Rahmen die Schulen Schulbücher bestellen dürfen, seit 2010 nicht erhöht worden. Mittlerweile seien aber zahlreiche Bücher für die Zentralmatura adaptiert worden.

Die Folge: Einerseits würden Eltern immer wieder aufgefordert, bestimmte Bücher selbst zu finanzieren, andererseits griffen die Schulen deshalb verstärkt auf Kopien zurück und verlangten dafür Geld - pro Kind bis zu 45 Euro jährlich - mehr dazu in Eltern gegen Zusatzkosten für Zentralmatura (wien.ORF.at; 12.3.2015).

Hohe Spindmieten und Kopierkosten

„Emotionalstes Dauerthema“ sind fehlende Garderoben vor allem an älteren Schulen und deshalb eingehobene Spindmieten, so Rosenberger. Mittlerweile würden an etwa einem Drittel der AHS Spindmieten eingehoben, die bis zu 45 Euro jährlich betrügen. Deutlich höher sind Kosten für Laptops, deren Verwendung in immer mehr Schulen ab der fünften Klasse verpflichtend werde. „Noch unverständlicher“ sei die Einhebung von Geld für die schulinterne EDV-Ausstattung.

„Viele Ausgaben sind so normal geworden, dass Eltern schon gar nicht mehr hinterfragen, ob das rechtens ist“, meinte Rosenberger. Etwa ein Drittel der Elternvertreter fühle sich von den Direktoren moralisch unter Druck gesetzt, mit Beiträgen für bestimmte Anliegen einzuspringen - das gehe vom Auffüllen der Seifenspender über die Finanzierung von Sprachwochen bis zur Übernahme von Reparaturkosten am Gebäude. Dabei könne man den Schulleitern kaum einen Vorwurf machen, diese rechten meist nur die Kürzung ihrer eigenen Budgets weiter.

Elternverband fordert Schulgeldfreiheit

Eine Familie mit zwei Kindern kommt laut einem VEV-Rechenbeispiel insgesamt auf Zusatzkosten für die Schule von jährlich rund 3.000 Euro. Etwas mehr als zwei Drittel davon - etwa für Exkursionen, Skikurse, Sprachwochen und Nachmittagsbetreuung - seien rechtlich gedeckt. Dazu kämen aber auch noch Mittel für Spindmieten, Schulbücher, Kopien, EDV-Ausstattung und Gebäudesanierung.

Der Verband fordert daher die kostenlose Bereitstellung aller für den Unterricht nötigen Schulbücher, kostenfreie Garderoben und verschließbare Spinde sowie zumindest einen verbilligten Zugang zu für den Unterricht geeigneten Laptops. Die Budgets der Schulen dürften nicht weiter gekürzt werden. „Bei der Kostenfreiheit muss sich der Staat an seine eigenen Gesetze halten“, so Rosenberger.

Stadt Wien fördert mit „Warenkorb“

Aus dem Büro von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) hieß es am Freitag, dass an den öffentlichen Wiener Pflichtschulen „mit Sicherheit keine Spindkosten, Kosten für Steckdosen etc. eingehoben werden. Im Gegenteil: Um die Kosten für die Eltern für Schulmaterialien gering zu halten, gibt es seit Jahren die bewährte Einrichtung des ‚Warenkorbs‘“.

Mit dem „Warenkorb“ stellt die Stadt allen öffentlichen Wiener Pflichtschulen Materialien für den Unterricht bereit und investiert dafür insgesamt 3,75 Mio. Euro. Um das Geld werden unter anderem rund 625.000 Hefte, rund 124.800 Bleistifte, rund 186.000 Buntstifte, rund 10.300 Lineale und 10.600 Geodreiecke, 34.100 Radiergummis und 6.800 Zirkel angeschafft. Durchschnittlich kommen damit jedem Wiener Pflichtschulkind Schulmaterialien im Wert von 49 Euro zugute.

Stadtschulrat bei Geldforderungen informieren

Die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) spricht sich „strikt gegen jede Form von ‚verstecktem Schulgeld‘ aus“. Die sogenannten Schulnebenkosten würden von den Eltern „mit Recht als Problem gesehen“, so Brandsteidl. Im Bereich der Volksschulen sei hier auch bereits viel geschehen - etwa mit dem „Warenkorb“ der MA 56, betonte die Stadtschulrat-Chefin. „Den derzeit größten Problembereich gibt es jedoch in AHS und BMHS.“

„Generell sind wir der Meinung, dass ein öffentliches Schulwesen auch öffentlich finanziert sein soll und die öffentliche Hand entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen muss“, so Brandsteidl. Man unterstütze die Elternvereine daher schon lange im Kampf gegen Schulnebenkosten. „Wir appellieren an Eltern, Geldforderungen kritisch zu hinterfragen und sich in konkreten Fällen gegebenenfalls an den Stadtschulrat zu wenden.“

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