Pummerin erinnerte an Dom-Zerstörung

Normalerweise läutet Österreichs größte Glocke nur zu Silvester, an hohen katholischen Feiertagen oder beim Tod wichtiger Persönlichkeiten. Am Sonntag erinnerte die Pummerin an die Zerstörung des Stephansdoms in den letzten Kriegstagen vor 70 Jahren.

Zwischen 11.58 Uhr und 12.04 Uhr erinnerten die Glockenschläge der berühmtesten und größten Glocke Österreichs an die Ereignisse des 12. April 1945. In den letzten Kriegstagen nutzten Plünderer das Chaos in Wien und setzten dabei auch Häuser in Brand. Inzwischen wird einhellig der Funkenflug für den Brand verantwortlich gemacht - die These, dass dem „Steffl“ Artilleriebeschuss zum Verhängnis wurde, ist inzwischen widerlegt.

Fest steht, dass der Stephansdom nur wenige Stunden bevor der Kampf um Wien zwischen alliierten und deutschen Truppen beendet war, in Flammen stand. Binnen kurzer Zeit brannte der Dachstuhl, danach griff das Feuer auf den Glockenstuhl und den Hauptturm über. Schließlich stürzte die Pummerin ab und zersprang. Auch Stützmauern und das Gewölbe brachen am folgenden Tag ein - das Feuer zerstörte unter anderem den Chor, die Orgel und das Kaiseroratorium.

Ende April 1952 wurde die neue Pummerin geweiht

Zum letzten Mal zu hören war die „alte“ Pummerin zu Ostern 1937, in den folgenden Jahren des Nationalsozialismus blieb sie still. Heute ist von ihr nur noch der Klöppel übrig, der im Lapidarium des Doms aufbewahrt wird. Lange musste Wien jedoch nicht auf den „Steffl“ und das dröhnende Geläut der zweitgrößten freischwingenden Glocke Westeuropas verzichten: Mit vereinten Kräften aus Privatspenden, der Domlotterie, einer Briefmarkenserie, der „Dachziegelaktion“, bei der man einen Dachziegel um fünf Schilling erwerben konnte, sowie schließlich mit Mitteln von Bund und Land wurde der Dom wiedererrichtet.

Bereits am 26. April 1952 wurde die neue Pummerin geweiht - gegossen aus den Resten ihrer Vorgängerin und den anderen zerstörten Glocken der Kirche. Der Stephansdom und seine Glocke wurden so auch zum Symbol des erfolgreichen Wiederaufbaus.

Dabei hatte die „alte“ Pummerin ebenfalls eine bewegte Geschichte: Als Dank für die Befreiung Wiens nach der zweiten Türkenbelagerung wurde sie von Kaiser Joseph I. in Auftrag gegeben. Geschichtsträchtig ist deshalb auch das Material, aus dem sie gegossen wurde: Mehrere Kanonen wurden für die Glocke eingeschmolzen. 1711 wurde sie schließlich im Südturm des Stephansdoms aufgezogen.

1957 in den Nordturm gehoben

Eigentlich hieß der Koloss zunächst - nach dem Kaiser - „Josephinische Glocke“, später bürgerte sich wegen ihres tiefen Klanges allerdings der Name „Pummerin“ ein. Am 15. Dezember 1711 wurde sie geweiht, am 26. Jänner 1712 zur Rückkehr Kaiser Karls VI. von seiner Krönung erstmals geläutet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die gut 20 Tonnen schwere Glocke ein bisschen länger auf ihren ersten Einsatz warten: Sie stand fünf Jahre in einem Holzgerüst neben dem Dom, bevor sie 1957 in den Nordturm gehoben wurde. Seitdem ist das Geläut der Pummerin wieder über der Inneren Stadt zu hören.

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