Spritzentauschstation sorgt weiter für Wirbel

Die Eröffnung der zweiten Spritzentauschstation in der Nußdorfer Straße im November hat bei den Anrainern für große Aufregung gesorgt. Nach knapp einem halben Jahr üben sie weiter Kritik und beklagen, „die Aufgaben der Suchthilfe zu übernehmen“.

„In den letzten Wochen, vor allem seitdem das Wetter schöner wird, haben wir festgestellt, dass wir Anrainer die Aufgaben der Suchthilfe übernehmen“, sagt Matthias Peterlik, Sprecher der Bürgerinitiative „Spritzenfrei“, die einen Alternativstandort für die Drogenberatungsstelle fordert. „Nach Dienstschluss um 16.30 Uhr werden die Suchtkranken aus dem Drogenzentrum hinauskomplimentiert. Letztens habe ich einen auf der Straße gefragt, ob er Hilfe braucht und ihm Essen gekauft.“

20 Personen besuchen Spritzentauschstation

Bei der Sucht- und Drogenkoordination Wien, die die Einrichtung leitet, weiß man von „keinen neuen Beschwerden“, wie Sonja Grabenhofer von der Geschäftsführung gegenüber wien.ORF.at erklärt. Seit Mitte November ist die zweite Spritzentauschstation namens „change“ auf der Nußdorfer Straße in Wien-Alsergrund eröffnet und soll die Drogenberatungsstelle „jedmayer“ am Gumpendorfer Gürtel entlasten. Laut Grabenhofer besuchen zur Zeit 20 Klienten täglich die Einrichtung. Geplant sei sie für rund 100 Personen.

2. Spritzentauschstation

Suchthilfe Wien

Von Anfang an sorgte die Lage für Konflikte und Beschwerden der Anrainer

„Klienten sind Diskriminierungen ausgesetzt“

Stigmatisierungen und Diskriminierungen sind nach Angaben der Sucht- und Drogenkoordination Wien der Grund für das Fernbleiben weiterer Suchtkranker. „Die Probleme, die es gibt, sind eher in Bezug auf die Mitarbeiter und Klienten, die Diskriminierungen ausgesetzt werden, wenn Bürger ihnen nachgehen oder sie ohne Erlaubnis fotografieren“, sagt Andrea Jäger von der Sucht- und Drogenkoordination Wien. „Ich verstehe, dass sich suchtkranke Menschen dem nicht aussetzen wollen.“

Um das Problem zu lösen, will Jäger weiterhin mit den Anrainern in Kontakt bleiben und Grenzen setzen. „Man muss Bürgern sagen, was verboten ist. Es ist nicht erlaubt, dass man die Klienten einfach fotografiert und Bilder verbreitet“, sagt Jäger. Derzeit prüfe man die Vorfälle.

2. Spritzentauschstation

Suchthilfe Wien

20 Personen nehmen zur Zeit die Spritzentauschstation in Anspruch

„Es gibt keinen Drogenhandel“

Von Anfang an sorgte die Lage der Drogenberatungsstelle für Konflikte und Beschwerden der Anrainer. Die Bezirksvorstehung Alsergrund reagierte mit einem Dialogforum. „Wir Politiker haben zwar die Entscheidung getroffen, sind aber weiter gesprächsbereit und gehen auf die Sorgen und Ängste der Leute ein“, sagt Bezirksvorsteherin Martina Malyar anlässlich des Dialogforums, das am Dienstagabend zum zweiten Mal mit Anrainern und Vertretern der Sucht- und Drogenkoordination Wien stattgefunden hat.

Dass die Anwohner nach knapp einem halben Jahr weiterhin Kritik üben, ist für Jäger unverständlich: „Man sieht, dass sich die Ängste nicht bewahrheitet haben. Es gibt keinen Drogenhandel, keine Szenebildung und keinen Drogenkonsum im öffentlichen Raum.“ Auch die Polizei bestätigt im Rahmen des Forums, dass bisher keine Suchtmittelkriminalität festgestellt worden sei.

ÖVP will Alternativstandorte prüfen

Für die Anrainer bleiben dennoch viele Fragen ungenügend beantwortet, unter anderem die nach dem Grund für die Auswahl des Standortes. Die von der Sucht- und Drogenkoordination Wien genannten Kriterien, wie Barrierefreiheit, verkehrsgünstige Lage und Zustimmung des Vermieters, sehen viele der anwesenden Anrainer am Dienstagabend als „mangelhafte Antwort“. „Wir werden so lange Fragen stellen, bis wir Antworten bekommen“, sagt Peterlik.

Aufgrund des Berichts von wien.ORF.at meldete sich am Mittwoch auch die Wiener ÖVP per Aussendung zum Thema zu Wort. Die „Standortwahl von Rot-Grün“ gegen den Willen der Anrainer sei falsch gewesen. „Ein derartiges Projekt in einem sensiblen Gebiet zu etablieren, wo sich zahlreiche Kindergärten und Schulen befinden, ist verantwortungslos“, so Landesparteiobmann Manfred Juraczka. Die geringe Auslastung den Bürgern anzulasten sei „eine weitere Chuzpe“. Er forderte einen Runden Tisch und die Prüfung von Alternativstandorten.

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