KAV: Wehsely schließt Ärztekammer aus

Die Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelungen für Spitalsärzte im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) läuft weiter. Die Ärztekammer wird laut Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) jedoch nicht mehr an diesem Prozess beteiligt sein.

„Jene Punkte, in denen wir Konsens erzielt haben, sind für mich nach wie vor handlungsleitend“, betonte Wehsely am Donnerstag. Das bedeutet, auch alle Nachbesserungen am Gesamtpaket bleiben bestehen - darunter etwa eine rückwirkende finanzielle Abgeltung für jene Ärzte, die die Opt-out-Lösung in Anspruch nehmen und daher mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten.

Ärztekammer verliert alle Funktionen

Allerdings: Die Ärztekammer verliert alle Funktionen, die sie in der Umsetzung in den Spitälern innegehabt hätte - etwa den Platz in der Monitoringkommission, die den Prozess begleiten soll. „Ich kann nicht einer Vertretungsgruppe eine Rolle zukommen lassen, die das gemeinsam erzielte Ergebnis ablehnt“, so Wehsely.

Umso mehr, da die Nachverhandlungen - aufseiten der Ärztevertreter unter der Leitung von Vizepräsident Hermann Leitner - auf einem eigens erarbeiteten Forderungskatalog der Kammer basiert hätten. Bei einem großen Teil dieser Forderungen sei man sich auch einig geworden - einzig bei Zulagen und Gehalt spießte es sich bis zum Schluss - mehr dazu in Ärzte lehnen KAV-Ergebnis erneut ab (wien.ORF.at; 4.5.2015).

Wehsely ortet politische Intrigen

Zuvor hatte die Kurie nach einer negativen Urabstimmung unter den KAV-Ärzten bereits ein Ergebnis abgelehnt, unter dem die Unterschrift von Kammerpräsident Thomas Szekeres stand. „Der Schluss daraus kann nur der sein, dass sowohl der Präsident als auch der Vizepräsident in dieser Kurie keine Mehrheit mehr haben“, meinte die Stadträtin. Die Einigung sei nicht inhaltlich, sondern vielmehr an politischen Intrigen in der Ärztekammer gescheitert. „Ich bin nicht bereit, der Reibebaum für interne Konflikte zu sein“, so Wehsely - mehr dazu in KAV: Ärzte lehnen Gehaltsschema vorerst ab (wien.ORF.at; 7.4.2015).

Die Ärztekammer hatte nach der Ablehnung hingegen angekündigt, eine neuerliche Arbeitsgruppe einsetzen zu wollen, die die weitere Vorgehensweise erarbeiten soll. Davon zeigte sich die Stadträtin heute wenig beeindruckt: Sie sei zwar natürlich bereit, weiter über grundlegende Reformen des Wiener Gesundheitssystems zu reden, „aber es geht nicht, dass Pakete, die an sich zu sind, immer wieder aufgemacht werden“. Sie gehe auch künftig nicht davon aus, dass unter diesen kammerinternen Bedingungen ein konstruktiver Dialog möglich sei. „Mit der Ärztekammer wird über diese Fragen nicht weiter gesprochen“, betonte Wehsely.

Beruhigung durch Einzelgespräche

Nun wolle sie „alles dazu beitragen, dass es zu einer Normalisierung und Beruhigung kommt“, meinte die Ressortchefin. Und auch die Vertrauenskrise unter den KAV-Ärzten soll mit Hilfe von Einzelgesprächen, Workshops und Einbeziehung in die Umsetzung weiter bekämpft werden. Vonseiten der Ärztekammer rechnet Wehsely dagegen mit „täglichen Eskalationsversuchen von verschiedenen Kräften“: „Davon dürfen wir uns nicht irritieren lassen.“

Dabei hofft die Stadträtin auch auf den zunehmenden Meinungsumschwung unter den Medizinern in den KAV-Spitälern: Eine interne Umfrage der Ärztekammer unter 500 KAV-Ärzten zeige, dass 49 Prozent - und damit die relative Mehrheit (da elf Prozent keine Angabe machten, Anm.) - die erzielten Nachbesserungen annehmen würden. „Zehn Wochen nach dem ersten Votum gibt es eine deutlich höhere Annahme. In weiteren zehn Wochen wird diese noch weiter gestiegen sein“, zeigte sich auch KAV-Generaldirektor Udo Janßen überzeugt.

Neue Dienstpläne ab Juli

Derzeit gebe es bereits fast überall Modelldienstpläne für den Juli, wurde versichert. Die Umstellung auf das neue Arbeitszeitmodell soll mit 1. Juli erfolgen - zu diesem Zeitpunkt treten auch die neuen Gehälter, die bereits Ende März im Landtag abgesegnet wurden, in Kraft.

Opposition kritisiert Wehsely

Die Wiener Opposition kritisierte am Donnerstag die Entscheidung von Wehsely, die Ärztekammer künftig nicht mehr in dem Umsetzungsprozess einzubinden. Diese „Aufkündigung der Sozialpartnerschaft“ sei unentschuldbar, so VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec per Aussendung. Es sei offensichtlich das erklärte Ziel der Stadträtin, die Situation zu eskalieren, meinte Korosec.

Der Gesundheitssprecher der Wiener FPÖ, Peter Frigo, verwies in einer Aussendung hingegen auf einen abgelehnten Gemeinderatsantrag der FPÖ, schnell eine Lösung für den Wiener Arbeitszeitkonflikt zu finden. Er bezeichnete Wehsely als „inkompetent“ und sei der Meinung, dass es „unter einem Bürgermeister H.-C. Strache“ eine rasche Lösung geben wird. Zuvor hatte FP-Klubobmann Johann Gudenus bereits den Rücktritt der Stadträtin verlangt.

Szekeres „nicht überrascht“

Der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres zeigte sich am Donnerstag per Aussendung „nicht überrascht“. Denn die Stadträtin habe sich schon bisher „substanziellen Gesprächen entzogen“.

Wehsely setze mit dieser Vorgehensweise ihren Weg, die Sorgen der Spitalsärzte zu ignorieren, konsequent fort, meinte Szekeres. Nun soll eine Arbeitsgruppe der Ärztekammer weitere Schritte besprechen - der Kammerpräsident verwies jedoch auf eine interne Meinungsumfrage der Kammer, bei der 81 Prozent der Ärzte der Meinung waren, dass beim derzeitigen Verhandlungsstand weitere Protestmaßnahmen notwendig seien, „um den Forderungen der Ärzteschaft Nachdruck zu verleihen“. Noch hat sich diese Arbeitsgruppe jedoch nicht konstituiert.

Für Szekeres, dessen Unterschrift unter der ersten Einigung mit der Stadt Wien stand, sei es jedenfalls „bedenklich, wenn eine Gesundheitsstadträtin unbeirrt gegen die Anliegen von 90 Prozent der Spitalsärzte agiere“. Er ortete in der KAV-Ärzteschaft durchaus „Kampfbereitschaft“, vor allem da die Stadträtin nach wie vor an Nichtnachbesetzungen festhalte und damit die bereits jetzt schon sehr knappe ärztliche Personaldecke noch weiter ausdünne.

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