Otto Schenk feiert 85er auf der Bühne

Am Freitag feiert Otto Schenk seinen 85. Geburtstag. „Ich bin nur Überarbeitung gewohnt“, sagte er einmal. Daran hält er sich auch jetzt. Den Geburtstagsabend verbringt Schenk auf der Bühne der Wiener Stadthalle.

„Das Allerbeste zum 85. Geburtstag“, heißt das Spezialprogramm, das in der Stadthalle aufgeführt wird, doppeldeutig - mehr dazu in Otto Schenk feiert 85. Geburtstag auf der Bühne. In der Kammerspielen der Josefstadt spielt er im Juni von 6. bis 9. und von 18. bis 21. im Altersheim-Stück „Schon wieder Sonntag“, das als verfrühtes Geburtstagsgeschenk Ende März Premiere hatte. Und noch bis 21. Juni ist er überdies „Auf Reisen“ und steht für den gleichnamigen Film von Regisseur und Drehbuchautor Michael Kreihsl vor der Kamera.

„Ich bin ein schwerer, träger Mühlstein, und immer wieder hat es Leute gegeben, die dieses Mühlrad bewegt haben“, kokettiert Schenk mit der eigenen Trägheit, die so schlimm nicht sein kann, wenn er im Rückblick auf gezählte 168 Inszenierungen kommt, die er im Laufe seiner langen Karriere gemacht hat.

Otto Schenk

APA/Neubauer

Bühnendebüt mit 17 Jahren

Otto Schenk wurde am 12. Juni 1930 in Wien als Sohn eines Notars und einer aus Triest stammenden Mutter geboren. Sein Bühnendebüt feierte er bereits 1947 als Gendarm in Karl Schönherrs „Karrnerleut“ im Theater der Jugend, das damals in der Urania untergebracht war. Beim Vorsprechen am Max-Reinhardt-Seminar als Zettel überzeugte er u.a. die große Helene Thimig. Mit einer Gruppe gleichgesinnter Theater-Enthusiasten übernahm er in dieser Zeit auch das Parkring-Theater und landete mit Erich Neubergs Inszenierung von Becketts „Warten auf Godot“ einen großen Erfolg. Aus den Kellertheatern wechselte er Mitte der 50er über das Volkstheater ans Theater in der Josefstadt.

Den Durchbruch als Regisseur feierte Otto Schenk 1960 mit seiner Josefstadt-Inszenierung von Eugene O’Neills „O Wildnis!“. Es folgten Horvath-Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen („Geschichten aus dem Wiener Wienerwald“, 1966 und „Kasimir und Karoline“, 1969), Regiearbeiten am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen - u.a. Shakespeares „Was ihr wollt“ (1972) und „Wie es euch gefällt“ (1980) sowie die Nestroy-Stücke „Der Talisman“ (1976) und „Der Zerrissene“ (1982, mit sich selbst als Gluthammer) - und an der Burg. Sein Schauspieldebüt am Burgtheater gab er erst 1996 als Hohes Alter in Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“.

Otto Schenk und HIlde Dalik

APA/Kammerspiele Josefstadt/Erich Reismann

Hilde Dalik und Otto Schenk

Weltkarriere als Operregisseur

Als Opern-Regisseur machte Otto Schenk Weltkarriere. Seine erste Oper inszenierte er mit Mozarts „Zauberflöte“ bereits 1957 am Salzburger Landestheater. Den endgültigen Durchbruch in dieser Sparte schaffte Schenk 1962 mit Bergs „Lulu“ an der Wiener Staatsoper. Bei den Salzburger Festspielen (wo er 1986-88 Direktoriums-Mitglied war) inszenierte er u.a. die Uraufführung von Cerhas „Baal“ (1981). Die New Yorker Met, wo Schenk 1970 mit „Fidelio“ debütierte und 2009 noch einmal seinen „Ring des Nibelungen“ (1986-88) auf die Bühne brachte, wurde seine zweite Heimat. Hier brach er für eine Zusammenarbeit mit Anna Netrebko 2006 auch seinen Eid, sich endgültig von der Regie zurückzuziehen, und inszenierte Donizettis „Don Pasquale“.

Schenk hat sich mit unzähligen Rollen in das Gedächtnis des Publikums gespielt, etwa als „Bockerer“ (1984 im Münchner Volkstheater bzw. 1993 in der Josefstadt), als Fortunatus Wurzel in „Der Bauer als Millionär“ (Salzburger Festspiele, 1987), als „Volpone“ (1989), als Salieri in Shaffers „Amadeus“ (1991), als Zauberkönig in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1994), als Molieres „Der Geizige“ (1995), als Rappelkopf in Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (Salzburger Festspiele, 1996), in Turrinis „Josef und Maria“ (1999) oder als Thomas Bernhards „Theatermacher“ (2006).

Otto Schenk

APA/Techt

Als Plutzerkern „Der Talisman“ im Jahr 2006

„War darauf aus, dass man es mir glaubt“

Kammerschauspieler ist er ebenso längst wie Ehrenmitglied von Wiener Staatsoper und Theater in der Josefstadt, zum 80er wurde er auch „Bürger von Wien“. „Die Kunst, zum Lachen zu bringen, ist Otto Schenk wie kaum einem anderen gegeben. Weil dieses Lachen aber mit dem geheimen Erkennen menschlicher Fehlbarkeit verbunden ist, lieben ihn die Menschen“, hieß es 2000 in der Begründung für den Lebenswerk-„Nestroy“. „Otto Schenk hilft ihnen, im Lachen für Augenblicke ihre Ängste aufzulösen. Und tröstet sie damit über eigenes Missgeschick, eigene Schwächen hinweg. So ist er zum populärsten Schauspieler Österreichs geworden.“

Seine Popularität in Österreich verdankt Schenk auch seiner regen Bildschirm-Präsenz und seinen zahlreichen Lesungen. Mit Kabinettstücken wie „Die Sternstunde des Josef Bieder“ (seit 1992) oder „Othello darf nicht platzen“ (ab 1990) hat er sich vor allem als Komiker ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben. „Es war nicht immer komisch“, hat er dagegen ein Erinnerungs-Buch genannt, „Ich war nie darauf aus, dass es komisch wird. Ich war darauf aus, dass man mir glaubt“, beteuert er im Gespräch.

Schenk im Fernsehen

Ein Themenabend auf ORF III ist Schenk am Sonntag gewidmet: Um 20.15 Uhr ist die Aufzeichnung seiner „Fidelio“-Inszenierung an der Wiener Staatsoper aus dem Jahr 1978 zu sehen, danach Xaver Schwarzenbergers TV-Krimi „Duett“ (23.10 Uhr). Nächsten Dienstag (ebenfalls ORFIII) ist Otto Schenk in einer neue Ausgabe des Büchermagazins „erLesen“ (20.15 Uhr) zu Gast.

Forschung am eigenen Alter

In seiner aktuellen Theaterrolle ist er weniger komisch als berührend: In „Schon wieder Sonntag“ reitet er wie ein Don Quixote der Geriatrie so aufrecht wie möglich (auch wenn der tiefe Ohrensessel zunehmend magnetische Kräfte zu entwickeln scheint) gegen die Windmühlen des Alters, gegen die übermächtigen Feinde Demenz und Inkontinenz, gegen die man nur Schlachten, aber nicht den Krieg gewinnen kann.

Dass dabei existenzielle Fragen verhandelt werden, die einem 85-Jährigen vielleicht näher liegen könnten als ihm lieb ist, habe ihn nicht geschreckt, versichert Otto Schenk: „Ich sehe das sowohl als eine Therapie an als auch als eine Forschung am eigenen Alter und seinen Schwächen und Schwierigkeiten. Wenn man diese hautnah erlebt, hat man das beste Material.“

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