Spekulation in Wien „überschaubar“

Rund 30 Objekte in Wien stehen unter Spekulationsverdacht, nicht alle werden so bekannt wie das vor rund einem Jahr geräumte Haus der Pizzeria Anarchia in der Mühlfeldgasse. Die Stadt bezeichnet das Problem als „überschaubar“.

Schon vor der spektakulären Räumung des Hauses in der Mühlfeldgasse 12 vor etwa einem Jahr habe man den Hausbesitzern, die damals mit dem Vorwurf der Immobilienspekulation konfrontiert waren, auf die Finger geschaut. Das passiere nach wie vor und zeige offenbar Wirkung. „Die Eigentümer verhalten sich inzwischen sehr unauffällig“, sagte eine Sprecherin von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ).

Von den Altmietern lebe nur noch eine Familie in dem Haus, das derzeit renoviert wird. Die Besitzer würden ihr immer noch Angebote legen, um sie zum Auszug zu motivieren, „aber ohne Druck“, wie die Sprecherin betonte. Ein Anwalt der Stadt sei bei den Gesprächen dabei und passe auf, dass nichts passiere. Man habe außerdem eine Mietzinsreduktion erreichen können.

Rund 30 Bauten unter Spekulationsverdacht

Die Sprecherin bekräftigte, dass das Problem mit Spekulationen in Wien generell überschaubar sei. Derzeit seien lediglich rund 30 Bauten unter Beobachtung, bei denen der Verdacht bestehe. Grundsätzlich hat die Stadt zwei Möglichkeiten, um einzuschreiten: Einerseits kann sie Bewohner bei der Durchsetzung des Mietrechts etwa durch die Bereitstellung von Anwälten unterstützen - andererseits gibt es die behördliche Schiene. Werden etwa Umbauten und Reparaturen - aus welchen Gründen auch immer - nicht ordnungsgemäß durchgeführt, schreitet die Baupolizei ein, setzt Fristen und beauftragt bei Nichteinhaltung selbst Firmen, die die Arbeiten auf Eigentümerkosten durchführen.

Umbaupläne für barockes Wohnhaus

In einem Haus, in der Schwertgasse 3, sahen sich Mieter mit Umbauplänen konfrontiert, die manche verhindern wollen. Es ist ein barockes Wohnhaus im Palaisstil, neben der Kirche Maria am Gestade in der Wiener Innenstadt. Mozart ist dort ein und aus gegangen.

Walter Götlinger ist einer der Mieter, er lebt seit seiner Geburt in dem Haus. Vor ein paar Jahren gab der Eigentümer des Hauses, eine Stiftung, Ausbaupläne bekannt. Doch das Haus steht unter strengstem Denkmalschutz. Gutachten wurden erstellt, Gegengutachten folgten, selbst einige Prozesse wurden bereits geführt. Ein erstes Verfahren ging verloren: „Das zweite, die Kündigung, habe ich in erster Instanz gewonnen, und die Pawlatschen bzw. die Balkone habe ich in erster Instanz auch gewonnen“, sagte Götlinger im Interview mit „Wien heute“.

Spekulationshaus in der Schwertgasse

ORF

Barockes Wohnhaus noch ohne Dachausbau

20.000 Euro pro Quadratmeter

Es geht um sehr viel Geld. Für einen ausgebauten Dachboden in Innenstadtlage können an die 20.000 Euro pro Quadratmeter verlangt werden. Das macht auch langwierige Verfahren profitabel. Rund ein Dutzend Häuser in der Innenstadt seien betroffen, sagte Alexander Hirschenhauser von den Grünen. Häufig werden die Wohnungen zwar verkauft, allerdings an Menschen, die nur für Wochen in der Stadt leben.

Oft nur Anlageobjekte

Hirschenhauser beschäftigt sich seit Jahren mit dieser Problematik. Dachgeschoßwohnungen seien oft genug nur Anlageobjekte, bewohnt würden sie kaum: „Da gab es dieses denkwürdige Plakat am Hohen Markt: ‚You don’t have to live here to love Vienna, owning them will do.‘ Du musst da gar nicht leben, Immobilieneigentum hier reicht, um Wien zu lieben“, so Hirschenhauser.

Der Politiker kritisiert, dass die soziale Durchmischung verlorengehe. Um dem entgegenzuwirken, soll Wohnungseigentum nur dann erworben werden können, wenn gleichzeitig ein Hauptwohnsitz gemeldet ist. Diese Idee müsse man sich erst näher ansehen, „aber es wird überhaupt nicht darüber diskutiert“, so Hirschenhauser.