Grüne: „Grün wählen braucht Mut“

Ab Herbst könnten völlig neue Gesichter im Gemeinderat sitzen. Wien.ORF.at hat sie getroffen. Die grüne Frauensprecherin Ewa Dziedzic erklärt, warum man zum Grünwählen Mut braucht und Deutschlernen nur in gemischten Klassen funktioniert.

Die Grünen betreiben aktiv Wahlkampf in einem Passivhaus im Bezirk Landstraße. So proaktiv sogar, dass man ihnen gar nicht auskommt, wenn sie ihre Hausbesuche machen. Einen Bewohner erwischen die 35-jährige Ewa Dziedzic und deren Kollegin im Stiegenhaus: „Ja, verbessert hätte ich schon gerne etwas“, sagt er und wird zehn Minuten über die Heizung im Haus sprechen. Die Politikerinnen nicken interessiert, obwohl sie an der Heizung vermutlich nichts ändern werden können.

Ewa Dziedzic, Die Grünen

ORF

Ewa Dziedzic per Öffi auf dem Weg zu Hausbesuchen in Landstraße

Fünf Jahre Klientel-Politik

Fünf Jahre lang hatten die Grünen Zeit Wien zu verändern. Seit den letzten Landtagswahlen im Jahr 2010 koalieren Rot und Grün zwar nach außen hin oft harmonisch. Wirklich friktionsfrei blieben aber vor allem die großen Themen nicht. Es sei aber einiges passiert, sagt die Bezirksrätin der Brigittenau: „Von der höchsten Mindestsicherung in Österreich über die neue ‚Mahü‘ bis zur 365-Euro-Jahreskarte“ haben die Grünen aber vor allem deren Klientel bedient.

„Um Grün zu wählen braucht es sicherlich Mut“, sagt Dziedzic. Und genau da könnte auch die grüne Krux begraben liegen. Denn die Partei legte zwar bei Wahlen regelmäßig zu, der große Sprung blieb bislang aber aus. Dass es für einen Koalitionspartner mit Regierungsverantwortung nicht ausreicht nur mutige Wählerinnen und Wähler anzuziehen, sieht Dziedzic aber nicht problematisch: „Unsere Lösungsansätze sind nicht plump. Manchmal braucht man ein wenig länger, um zu verstehen, was dahintersteckt“.

Mariahilfer Straße „in der Zielgeraden“

Die Umgestaltung der Mariahilfer Straße war das grüne Prestigeprojekt und gleichsam auch das am meisten umstrittene. Schief gegangen sei aber „gar nicht soviel“, sagt Dziedzic. Nur hätten viele Menschen Angst vor Veränderung. „Jetzt fühlen sich hier nicht nur Grüne wohl. Die Wirtschaftstreibenden beschweren sich auch nicht mehr“, sagt sie. Einige Geschäfte haben seit der Umgestaltung allerdings zugesperrt, manche sind abgewandert. Die Grünen fänden es „schade, wenn sich Wirtschaftstreibende nicht wohl fühlen oder der Meinung sind, die Umgestaltung schade ihnen“.

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„Wien heute“-Serie zu den neuen Politikern

Stefanie Leodolter hat die grüne Frauensprecherin Ewa Dziedzic zum Gespräch getroffen.

Nach der Wien-Wahl im Herbst wünscht sich die grüne Politikerin nicht nur den Einzug in den Gemeinderat. Die Grünen sollen „so stark sein, dass nicht infrage gestellt wird, ob eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition wünschenswert ist oder nicht“. Auf Twitter beobachtet und kommentiert Dziedzic den Koalitionspartner:

„Selektion schlicht und einfach absurd“

Die Parteichefin und Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou streut der Wiener Frauensprecherin Dziedzic Rosen: „Ewa ist eine ganz besondere. Ich schätze ihr Engagement und ihre Fähigkeit zu organisieren“. Auf dem Weg in den Gemeinderat für eine regierende Partei müsse man aber auch wissen, „dass Gestalten in Wahrheit das Bohren sehr harter Bretter ist“, sagt Vassilakou.

Dziedzic wurde im polnischen Krakau geboren und kam 1990 als zehnjähriges Mädchen nach Wien: „Ich konnte kein einziges Wort Deutsch. Ich bin das erste halbe Jahr in der Klasse gesessen und habe einmal zugehört“. Parallel zum Deutschunterricht habe sie damals einen Förderkurs besucht. Dafür sei sie heute „sehr dankbar, weil ich schon gemerkt habe, dass es dann viel einfacher war, dem Schulunterricht zu folgen“.

ÖVP und FPÖ fordern separate Klassen für Kinder, deren Deutschkenntnisse nicht adäquat sind. Jene Parteien, die dies forderten, würden von Integration sprechen, „um dann auf die Idee zu kommen, dass eine Selektion die Lösung wäre. Das halte ich schlicht und einfach für absurd“.

Stefanie Leodolter, wien.ORF.at

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