Ritalin-Verschreibungen stark angestiegen

Immer häufiger wird unruhigen Kindern das höchst umstrittene Medikament Ritalin verschrieben. Kinder bekommen es, wenn bei ihnen der Verdacht auf die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung - kurz ADHS - vorliegt.

Allein bei der Wiener Gebietskrankenkasse hat sich die Zahl der Verschreibungen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht: 2004 wurde es mehr als 3.300 Mal verordnet, im Vorjahr bereits über 11.250 Mal.

ADHS ist „Modediagnose“

Ritalin wird als vermeintlich schnelle Lösung für unruhige Kinder mit Konzentrationsschwäche verschrieben. Heftige Kritik daran kommt vom Fachgruppenobmann der Wiener Kinderärzte, Peter Voitl. Der Trend sei bekannt und nicht dadurch zu erklären, dass die Diagnose und die Krankheit plötzlich viel häufiger auftrete.

„Es liegt daran, dass es überdiagnostiziert wird und eine Modediagnose geworden ist“, sagte Voitl. Er sieht den Hauptgrund für die Zunahme darin, dass die Medikation für Eltern einfacher sei anstatt zu sagen, dass ein Kind eine Verhaltensstörung habe und eine Psychotherapie brauche. Bei den Eltern seien zudem massive Schuldgefühle damit verbunden, „dass die Kinder anders sind“, sagte Voitl.

Doch Ritalin hat massive Nebenwirkungen wie etwa gezügelten Appetit, warnt Voitl. Er kritisiert außerdem, dass es keine verbindlichen Diagnosekriterien für ADHS gibt. „Jeder Arzt und Psychologe macht das aus seiner persönlichen Erfahrung heraus“, sagte Voitl. Außerdem würden in Wien viel zu wenige Therapieplätze für betroffene Kinder zur Verfügung stehen.