MedUni: Mehrere Finanzspritzen nötig

Die Medizin-Uni (MedUni) Wien kämpft an mehreren Fronten um mehr Geld. Diverse Punkte würden zeitlich aufeinandertreffen. Das AKH sei in kritischem Zustand. Das Ministerium verweist auf langwierige Verhandlungen.

Bei den Leistungsvereinbarungs-Verhandlungen mit dem Bund für 2016 bis 2018 liege man noch mehr als 100 Mio. Euro auseinander, so der scheidende Rektor Wolfgang Schütz am Mittwochabend. Dazu kämen noch die ungeklärte Situation beim Klinischen Mehraufwand sowie die Notwendigkeit eines Neubaus für den vorklinischen Bereich.

MedUni-Wien-Rektor Wolfgang Schütz am 9. Februar 2012 bei einer Pressekonferenz im AKH

APA/Herbert Neubauer

Wolfgang Schütz

„Wir brauchen gegenüber der letzten Leistungsvereinbarungsperiode um 200 Mio. Euro mehr zum Erhalt des Status Quo“, rechnete Schütz vor. Das liege unter anderem an der Budgetstruktur: „Wir haben - gemessen am Gesamtbudget - den höchsten Personalstand aller Unis. 90 Prozent des Budgets werden für Gehälter aufgewendet.“ Steigerungen in diesem Bereich könnten deshalb kaum anderweitig aufgefangen werden, die Budgetwünsche würden daher stets exponentiell anwachsen.

„Neues AKH“ ist nicht mehr neu

Dazu komme noch, dass Ende des Jahres die seit 2007 gültige Vereinbarung mit Stadt und Bund zum klinischen Mehraufwand (KMA) für Investitionen im AKH auslaufe. „Da die Beträge seither nicht valorisiert wurden, zeigt sich jetzt, dass das AKH in kritischem Zustand ist“, so Schütz. „Das AKH hat für die nächsten acht Jahre einen Investitionsbedarf von 1,2 Mrd. Euro im Baubereich und von 770 Mio. Euro im Gerätebereich“, betonte Schütz. „Wenn das nicht aufgebracht wird, ist das ganze Krankenhaus in Gefahr, dass es veraltet bzw. sogar in einen betriebsgefährdenden Zustand kommt.“

Der KMA sind jene Mehrkosten, die der Bund den Ländern ersetzt, weil an den Uni-Kliniken neben Patientenversorgung (Länder-Zuständigkeit) auch Lehre und Forschung (Bundes-Zuständigkeit) betrieben werden. Er gliedert sich in einen KMA für Investitionen (Bauten, Geräte) und einen KMA für den laufenden Betrieb.

Uni-Rats-Vorsitzender Erhard Busek wunderte sich dabei, dass nach wie vor immer vom „Neuen AKH“ gesprochen werde. „Was vor 40 Jahren gebaut wurde, ist mittlerweile veraltet. Über die Bezeichnung ‚Neues AKH‘ muss ich immer wieder lachen. Das ist es nicht mehr, wir müssen schauen, dass es up to date wird.“

Bei den Verhandlungen über den KMA sieht es gemischt aus, meinte Busek: „Auch wenn ich es nicht gern sage: Im Moment haben wir mit dem Bund mehr Probleme als mit der Stadt.“ Während die Stadt die derzeitige Regelung - Kosten für die Bauten werden je zur Hälfte getragen und jene für die Geräte zu zwei Drittel von der Stadt und zu einem Drittel vom Bund - verlängern wolle, würde der Bund seinen Anteil drücken wollen. Der jährlich rund 40 Mio. Euro schwere KMA für den laufenden Betrieb läuft dagegen noch zwei Jahre weiter.

AKH

APA/Helmut Fohringer

Das Allgemeine Krankenhaus Wien

Vorklinischer Bereich in veraltetem Gebäude

Schon demnächst könnte das Arbeitsinspektorat den in einem veralteten Gebäude in der Schwarzspanierstraße untergebrachten vorklinische Bereich der MedUni sperren. Das sei auch überfällig, so Busek: „Ich bin seit 20 Jahren nicht mehr Wissenschaftsminister. Und der Investitionsbedarf war damals schon akut.“ Ohne Gebäude für den vorklinischen Bereich müsse die Studentenzahl „wesentlich verringert“ werden, kündigte Schütz an.

Die Uni habe zwar das ehemalige Wien-Energie-Gelände in der Mariannengasse erworben - bauen müsse dort aber der Bund bzw. die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Ein Neubau käme vermutlich auf rund 250 Mio. Euro. Diese summierten Kosten würden die Politik lähmen, vermutet Schütz: „Der Bund erstarrt, wenn man vorrechnet, was die Wiener Medizin an Geld braucht. Da wird intuitiv abgeschaltet, weil man sagt: ‚Das können wir eh nicht finanzieren.‘“

MedUni nicht nur „Kostenfaktor“

Der designierte Nachfolger von Schütz, Markus Müller kritisierte, dass die Medizin-Uni oft nur als Kostenfaktor gesehen werde. Natürlich verursache man hohe Kosten - Studien für das Ausland würden aber zeigen, dass die Universitätsmedizin auch eine hohe Umwegrentabilität habe. „In der Patientenversorgung spielen wir eine systemrelevante Rolle. Um im Bankenjargon zu bleiben, sind wir ‚Too big to fail‘.“

Markus Müller

MedUni Wien

Markus Müller

Es bestehe aber die reale Gefahr, etwa im Forschungsbereich „nach unten durchgereicht zu werden“, meinte Müller. Noch Anfang der 1990er-Jahre sei der wissenschaftliche Output weit unter dem internationalen Schnitt gewesen - mittlerweile habe man aber zumindest Anschluss gefunden.

Ministerium: „Zeitintensiver Prozess“

Das Wissenschaftsministerium verweist bei der Budgetsituation der Medizin-Universität Wien auf die „konstruktiven Verhandlungen“ mit allen Unis über die Mittel für 2016 bis 2018. Dafür stünden insgesamt 9,7 Mrd. Euro und damit so viel wie nie zuvor zur Verfügung. Allerdings überstiegen die Wünsche aller Unis kumuliert das Budget um 1,1 Mrd. Euro, hieß es auf APA-Anfrage.

Bei den Medizin-Unis müsse man außerdem die bereits fixierten Aufwendungen für das neue Ärztearbeitszeitgesetz berücksichtigen. Beim klinischen Mehraufwand (KMA) spreche man derzeit mit allen beteiligten Partnern - neben Medizin-Uni, AKH und Stadt Wien auch dem Finanzministerium. Ziel sei es, „die bisherige komplexe Finanzstruktur zu entflechten und bestmöglich auf neue Beine zu stellen“. Das sei ein „zeitintensiver Prozess“.

Beim nötigen Neubau des Gebäudes für den vorklinischen Bereich sehe man „grundsätzlich die notwendige Weiterentwicklung des Campusgeländes, um auch weiterhin ein qualitativ hochwertiges Ausbildungsangebot sicherstellen zu können“. Allerdings habe das Ressort erst Anfang September konkrete Vorschläge für das Bauprojekt in der Mariannengasse von der Universität übermittelt bekommen. „Die eingehende Prüfung derart wichtiger Entscheidungsprozesse nimmt entsprechende Zeit in Anspruch.“

Links: