Bedarf an Spezialhostien steigt

Rund ein Prozent der Wiener verträgt kein Gluten, Tendenz steigend. Viele Pfarren bestellen für diese Gruppe daher glutenreduzierte Hostien. Denn gänzlich ohne Weizen sind sie aus kirchenrechtlichen Gründen nicht erlaubt.

Sonntagsmesse in der Pfarre Sankt Christoph am Rennbahnweg in der Donaustadt. Ein Ministrant bringt Pfarrmoderator Alexander Fuchs gegen Ende der Kommunion eine neue Patene. In dem Extragefäß befinden sich glutenreduzierte Hostien. „Bei uns in der Pfarre gibt es mehrere Personen, die eine Glutenunverträglichkeit haben. Wenn sie sich vor dem Gottesdienst bei mir melden, bekommen sie diese Spezialhostien und können so auch an der Kommunion teilhaben“, so Fuchs gegenüber wien.ORF.at.

Glutenarme Hostien (35mm)

HOCH GmbH Oblatenfabrik

Glutenarme Hostien in der Größe von 35 Millimeter

Große Nachfrage bei Erstkommunion

Die Pfarre bestellt diese Hostien bei der Handelsagentur Fuchs. Diese vertreibt Kirchenbedarf aller Art, darunter auch glutenreduzierte Hostien. „Ich verkaufe rund tausend solcher Spezialhostien pro Jahr nach Wien, die meisten an Pfarren, aber auch an Privatpersonen. Groß ist die Nachfrage vor allem zur Zeit der Erstkommunion, da immer mehr Kinder eine Glutenunverträglichkeit haben“, so Inhaber Johannes Fuchs gegenüber wien.ORF.at. Seine Firma ist aber bei Weitem nicht die einzige, die solche Hostien vertreibt.

Gluten

Klebereiweiß, das in verschiedenen Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Gerste enthalten ist, ebenso wie in weizenverwandten Sorten wie etwa Dinkel, Kamut oder Einkorn.

Fuchs bestellt die Hostien bei der Hostienbäckerei in Mödling. „Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren gestiegen“, erklärt Betriebsleiterin Johanna Nemetz. „Die normalen Laienhostien haben einen Durchmesser von rund drei Zentimetern, die glutenreduzierten sind etwas größer. Sie unterscheiden sich auch in der Farbe. Die normalen sind beige, die glutenreduzierten blütenweiß. Beim Geschmack kann man keinen Unterschied feststellen, denn selbst die normalen Hostien schmecken – je nach Mehl – unterschiedlich.“ Eine glutenreduzierte Hostie kostet 20 Cent.

Laienhostien (31mm)

HOCH GmbH Oblatenfabrik

Gewöhnliche, glatte Laienhostien (31 Millimeter)

Nur mit Weizen „eucharistiefähige Materie“

150.000 normale Laienhostien werden pro Woche in der Hostienbäckerei produziert. „Glutenreduzierte Hostien können wir mit unseren Backmaschinen selbst nicht backen, da sie nicht aus Weizenmehl, sondern aus Weizenstärke hergestellt werden“, erklärt Nemetz. Die Spezialhostien werden daher in Deutschland bestellt - konkret bei der Hoch GmbH Oblatenfabrik in Bürgstadt. Dort werden seit rund 20 Jahren glutenreduzierte Hostien hergestellt.

Oblaten ohne Gluten

Hostien aus Kartoffelstärke und ohne Gluten produziert etwa die Gläserne Hostienbäckerei St. Johannes. Diese entsprechen jedoch nicht dem Kirchenrecht und werden daher als glutenfreie „Oblaten“ bezeichnet.

Nemetz: „Diese Hostien enthalten einen sehr geringen Glutenanteil. Aber die Menge ist so gering, dass es noch nie Beschwerden oder Reaktionen darauf gegeben hat.“ Das bestätigt Christoph Hoch von der Oblatenfabrik: „Unsere Hostien für Zöliakiekranke sind als Hostien mit sehr geringem Glutengehalt einzuordnen. Zur Herstellung wird eine Weizenstärke mit sehr geringem Glutengehalt genutzt. Nach den Vorschriften der katholischen Kirche soll eine Zutat aus Weizen verwendet werden und ein Restgehalt an Gluten vorhanden sein, damit die Hostie eine eucharistiefähige Materie ist.“

Hohe Dunkelziffer bei Zöliakie

Laut der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie ist rund ein Prozent der Bevölkerung von Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) betroffen. Diese chronische Erkrankung wird durch den Verzehr glutenhaltiger Speisen ausgelöst und führt zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut. „Jedoch weiß es nur rund jede bzw. jeder Zehnte. Berücksichtigt man auch Glutensensitivität, wo es nur zu Beschwerden, jedoch zu keiner Schädigung kommt, liegt der Anteil höher“, so eine Sprecherin.

Da immer mehr Ärzte das Thema Glutenunverträglichkeit in ihre Diagnose miteinbeziehen, steigt die Zahl der erfassten Zöliakiebetroffenen in Österreich täglich. Die Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie zählt in Wien aktuell rund 900 Mitglieder, österreichweit sind es etwas über 5.000.

Florian Kobler, wien.ORF.at

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