Schauspielhaus und brut starten neu

Ende Oktober geht es endlich los: Die neuen Direktionen von Schauspielhaus Wien und brut beginnen ihre jeweils erste Saison. Zu sehen gibt es etwa ein „Autoballett“ oder „Punk & Politik“.

Bei einem gemeinsamen Pressegespräch präsentierten Schauspielhaus-Intendant Tomas Schweigen und brut-Chefin Kira Kirsch ihr Programm. „brut bleibt ein Ort für künstlerisches Abenteuer und Forschung“, versicherte Kirsch. Das brut macht am 30. Oktober den Anfang: An dem Abend „We ’ve only just begun - Un-mapping the beginning“ werden „über 20 Positionen aus Wien zum Thema Neubeginn und Neustart komponiert“. Mit dabei sind u.a. Claudia Bosse, Thomas Edlinger, die Rabtaldirndln, Doris Uhlich, aber auch Schauspielhaus-Leiter Tomas Schweigen.

(v.l.) Schauspielhaus-Intendant Tomas Schweigen und brut-Intendantin Kira Kirsch im Rahmen einer PK von "brut" und "Schauspielhaus Wien" am Donnerstag, 8. Oktober 2015, in Wien

APA/Schlager

Schauspielhaus-Intendant Tomas Schweigen und brut-Intendantin Kira Kirsch

Neues Label „brut+“

Parallel dazu lädt am Eröffnungswochenende das Schweizer Theaterkollektiv mercimax in einem „Autoballett“ das Publikum auf die Beifahrersitze von Wiener Autofahrern. „Zu hören sind dabei die Geschichten der Autofahrer, die ihr Verhältnis zum Auto und zur Stadt reflektieren“, so Kirsch. Dieses und andere Projekte im Stadtraum erhalten das Label „brut+“.

So bespielen die New Yorker Performerin Ann Liv Young und der Pianist Marino Formenti ab 16. November in dieser Reihe vier Wochen lang ein leer stehendes Wiener Geschäft mit zweistündigen Performances für jeweils einen Zuschauer, dem sie „auf Augenhöhe“ begegnen wollen. Diese Einzelbegegnungen münden in eine „Revue“ am 12. Dezember.

Kirsch: Brut wurde schuldenfrei übergeben

Programmatisch will Kira Kirsch, 1972 in Saarbrücken geboren und zuletzt leitende Dramaturgin am steirischen herbst, „New Art on Stage“ zeigen und sich „Uraufführungen und Kollaborationen mit lokalen Künstlern und Institutionen“ widmen. Das Grazer Theater im Bahnhof richtet eine Reihe „Zu Gast im brut“ aus, auch internationale Gäste präsentieren sich. Musik und Tanz bleiben weitere Programm-Schwerpunkte.

Das brut sei von Thomas Frank schuldenfrei übergeben worden, sagte Geschäftsführer Richard Schweitzer. Der Spielort im Konzerthaus-Keller wurde aus inhaltlichen und finanziellen Überlegungen aufgegeben. Die Förderung der Stadt Wien beträgt unverändert 1,6 Mio. Euro jährlich, Anträge für Bundes- und EU-Förderungen wurden abgegeben bzw. werden vorbereitet.

Sieben große Eigenproduktionen im Schauspielhaus

Am Schauspielhaus hat der aus Basel gekommene Tomas Schweigen den nach Basel gegangenen Andreas Beck abgelöst. Die Bühne in der Porzellangasse bleibt ein politisch und zeitgenössisch positioniertes Ensembletheater: Mit sieben Schauspielern aus fünf Ländern (Simon Bauer, Vera von Gunten, Jesse Inman, Steffen Link, Sophia Löffler, Vassilissa Reznikoff und Sebastian Schindegger) werden die Produktionen im En-Suite-System gezeigt und sind damit meist nach ca. einem Monat abgespielt. Dies ermöglicht künftig variablere Bühnenlösungen als bisher.

Schweigen, gebürtiger Wiener das Jahrgangs 1977, stellte gemeinsam mit seinem Dramaturgen Tobias Schuster sieben große Eigenproduktionen mit „verschiedenen Formen der Autorenschaft“ vor: Vom fertigen Theatertext über Entwicklungsarbeit bis zur kollektiver Verantwortung für den Text. Eine solche eröffnet am 31. Oktober die neue Intendanz: „Punk & Politik“ wird durch den Intendanten selbst inszeniert, präsentiert alle Ensemblemitglieder und denkt ausgehend von der Biografie des ehemaligen Bürgermeisters von Reykjavik, Jon Gnarr, über die Rolle des Theaters in Zeiten des Umbruchs und „Reformperspektiven für die EU“ nach.

„Der Grüne Kakadu“ und „Confirmation“

Am 6. November folgt die von Marco Storman inszenierte Erstaufführung von „Möglicherweise gab es einen Zwischenfall“ des englischen Autors, Performers und Musikers Chris Thorpe, für Schuster „ein Stück der Stunde“, das vier Menschen vor existenziellen Entscheidungssituationen zeigt. Dazu gibt es Mitte November ein Gastspiel von Thorpes „Confirmation“, ein Monolog, bei dem der Autor selbst auf der Bühne steht.

Ab 14. Jänner 2016 hat „Der Grüne Kakadu“ von Arthur Schnitzler in einer neuen Version mit Texten von Bernhard Studlar Premiere (Regie: Lucia Bihler). Ab 25. Februar kommt die Bearbeitung von Christian Krachts Romans „Imperium“ in der Regie von Jan-Christoph Gockel auf die Bühne.

Die Uraufführung „Strotter“ (Premiere: 1. April) von Thomas Köck (geb. 1986 in Steyr) ist als Projekt im öffentlichen Raum angekündigt, „Cellar Door“ (Premiere: 14. April) des schwedischen Installationskünstlers Thomas Bo Nilsson als Rauminstallation auf der Bühne und hinter den Kulissen. Dabei wird das sich derzeit vor allem in Hass-Postings äußernde Aggressionspotenzial zum Ausgangspunkt räumlicher und szenischer Überlegungen gemacht.

Schauspielhaus mit einem Plus von 25.000 Euro

Eine Koproduktion mit den Wiener Festwochen wird im Mai 2016 „Citta del Vaticano“ mit Falk Richter und Nir de Volff, ein „Labor über Fragen von Religion und kultureller Identität“, das jeden Abend anders aussehen soll. Das „Nachbarhaus“ wird mit Gastspielen, Monologen und Diskussionen bespielt. Erstmals wurde ein „Preis der Theaterallianz“ für junge Autoren ausgelobt. Ende 2015 wird das Siegerstück gekürt.

Das Schauspielhaus wurde laut der kaufmännischen Leiterin Rita Kelemen vom Vorgänger mit einem Plus von 25.000 Euro übernommen, die Subventionshöhe (1,915 Mio. Euro von Bund und Stadt) ist unverändert. Das „Neustart“-Plakat zeigt übrigens nicht das Schauspielhaus, sondern die Fassade des Burgtheaters. Über ihr taucht bedrohlich King Kong auf. „Es fehlt uns weder an Selbstvertrauen noch an Selbstironie“, sagte Schweigen dazu.

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