Flüchtlinge: Erschöpfung bei Helfern

In Wien werden derzeit wieder mehrere tausend Flüchtlinge pro Tag versorgt. Nach sechs Wochen macht sich in den Bahnhöfen bei den Helfern teilweise Erschöpfung breit. Den Flüchtlingen macht die Kälte zu schaffen.

Am Dienstagnachmittag wurden am Wiener Hauptbahnhof 1.200 Flüchtlinge betreut. „Wir wissen nie, wie viele aus Nickelsdorf zu uns kommen“, sagt Julian Pöschl von „Train of Hope“, dem Zusammenschluss der Freiwilligen. Derzeit sind jeden Tag 300 Helferinnen und Helfer im Einsatz. „Es wird immer schwieriger, genügend Helfer dazuhaben“, sagt Pöschl.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA/EPA/Tobias Hase

Flüchtlingsversorgung am Hauptbahnhof

Einerseits sind viele Studenten durch den Beginn der Universität verhindert, andererseits machen sich auch „Erschöpfungszustände“ bemerkbar. Seit sechs Wochen werden jetzt Flüchtlinge am Hauptbahnhof betreut. „Manche Leute brauchen jetzt auch einmal mehrere Tage Pause“, sagt Pöschl. Der Einsatz ist auch psychisch fordernd.

Kleidung, Decken und Schlafsäcke gefragt

Zusätzlich macht den Helfern und Flüchtlingen am Westbahnhof das kalte Wetter zu schaffen. „Viele der Ankommenden wissen gar nicht, wie das Wetter bei uns ist. Sie stehen dann in Sandalen oder komplett durchnässt da und müssen komplett eingekleidet werden“, sagt Pöschl. Daher werden Schlafsäcke, Decken, Schuhe und Kleidung gesucht. Es wurden auch bereits Heizstrahler aufgestellt.

Reportage aus Nickelsdorf

Wie die Menschen der Kälte und Nässe ausgeliefert sind, zeigt eine Reportage vom Grenzort Nickelsdorf.

„Train of Hope“ versucht, die Menschen nach der Grundbetreuung in Wiener Notquartiere zu bringen. „Das funktioniert sehr gut, einige wollen auch im Bahnhof bleiben, weil sie in der Früh einen Zug haben“, sagt Pöschl. In unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs stehen 350 Plätze in der Erste-Bank-Halle und im TU Arsenal zur Verfügung - mehr dazu in fm4.ORF.at.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA/EPA/Tobias Hase

Das Handy als Überlebensgarant auf der Flucht

Ähnlich die Situation am Westbahnhof. Dort sind derzeit 120 bis 150 Freiwillige im Einsatz. „Klar, nach mehreren Wochen merken wir, dass es wichtig ist, Pause zu machen. Das neue Semester spielt auch hinein", sagt Klaus Schwertner von der Caritas, wo sich seit Anfang Juli 3.500 Freiwillige gemeldet haben. Bei der „young caritas“ meldeten sich 400 Schulklassen, die helfen wollen. „Das ist ein sehr ermutigendes Signal“, sagt Schwertner. Speziell in den Morgenstunden werden am Westbahnhof Freiwillige gebraucht. „Wir brauchen weiter die Unterstützung der Wienerinnen und Wiener, auch nach der Wien-Wahl“, sagt Schwertner. Er bittet, auf der Facebook-Seite der Caritas nachzuschauen, welche Sachspenden und wo Helfer gebraucht werden.

Flüchtlinge vor einer Zuganzeigetafel

APA/Neubauer

Flüchtlinge am Westbahnhof

Auch die Kälte ist am Westbahnhof ein Thema. Seit einigen Wochen schon werden heiße Getränke und warme Mahlzeiten ausgegeben. Außerdem werden Schuhe, Winterjacken, Handschuhe, Hauben und Pullover gesucht. Die größte Herausforderung bleibt, dass die Hilfe nicht planbar ist. An manchen Tagen kommen mehrere tausend Flüchtlinge, an anderen Tagen sind es nur einige hundert.

Flüchtlingshetze im Internet

Rasend schnell verbreiten sich falsche Nachrichten über Flüchtlinge im Internet. Warum das so ist, hat das ORF-Magazin „Thema“ recherchiert.

Flüchtlinge bleiben zur Erholung zwei Nächte

Insgesamt stellt die Stadt laut Fonds Soziales Wien derzeit rund 6.000 Plätze in Notquartieren zur Verfügung. In den vergangenen Nächten wurden 3.500 bis 5.500 pro Nacht versorgt. Durch die Kälte sind die Flüchtlinge gezeichnet. „Die Leute bleiben jetzt eher zwei Nächte, weil sie sich von den Strapazen erholen müssen“, sagt ein Sprecher - - mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Viele sind auch verkühlt oder haben Fieber. 95 Prozent reisen nach Skandinavien oder Deutschland weiter.

Flüchtlinge

APA/Oczeret

Flüchtlinge in der Kälte Nickelsdorfs

Am Wochenende kamen in Nickelsdorf im Burgenland 20.000 Menschen an. Viele von ihnen sind nur leicht bekleidet und leiden unter der Kälte. Es sollen jetzt in Nickelsdorf beheizbare Zelte für 4.000 Menschen aufgestellt werden - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Wiener Apps sollen Flüchtlingen helfen

Vier neue Apps für das Handy sollen Flüchtlingen und Helfern das Leben erleichtern. Programmiert wurde die Software an nur einem Wochenende von 25 Freiwilligen, Programmierern und Designern in Wien. „Es ist toll, was Menschen, die sich gar nicht kennen, in kurzer Zeit schaffen können“, sagte Mitinitiatorin Helene Pattermann im Gespräch mit der APA.

In vier Teams tüftelten die Freiwilligen beim „Refugee Hack Vienna“ in zwei Wiener Gemeinschaftsbüros, Stockwork Coworking und Sektor Fünf, an der Software. Sieger des freundschaftlichen Wettbewerbs wurde die App „Where 2 Help“, die die Koordinierung von Freiwilligen erleichtert. Das Problem sei immer, dass es entweder zu wenige oder zu viele Helfer an Ort und Stelle gebe. „Da gibt es viel Unzufriedenheit bei allen“, sagte Pattermann. Helfer könnten mit der App nun in Echtzeit sehen, wo sie gebraucht werden.

„Frage, wie die Flüchtlinge die Apps annehmen“

Die App „Refugees Connect“ von Philipp Breuss hingegen funktioniert laut Pattermann „wie ein Walkie Talkie“ und ermöglicht die Vernetzung zwischen Flüchtlingen und Helfern. Damit ließen sich Fragen beantworten wie „Wo bekomme ich eine warme Jacke?“, „Wer möchte einen Kaffee trinken gehen?“ und „Wie ist die Lage an der Grenze?“ Die App „Open Knowledge“ soll mehr Fakten in die Flüchtlingsdebatte bringen und konkrete Zahlen zu Flüchtlingsbewegungen und Waffenlieferungen nach Syrien an die Öffentlichkeit bringen. Mit der Plattform „Bridges“ von GL Brain sei ein Weg entstanden, der unter anderem das Chatten in verschiedenen Sprachen ermöglicht.

„Die Frage ist jetzt, wie die Flüchtlinge die Apps annehmen“, sagte Pattermann. Die Programme sollen bald einsatzbereit sein - und müssten nun verbreitet und kommuniziert werden. Die Initiatoren des „Refugee Hack Vienna“ veranstalteten zuvor bereits den „Foodwaste Hackathon“. Auch in anderen Städten sind „Hackathons“ für Flüchtlinge geplant. In Berlin treffen sich am 24. und 25. Oktober mehr als 100 Freiwillige, um gemeinsam Hilfssoftware zu schaffen. Vorbereitungstreffen dazu gibt es in Hamburg und Mannheim.

Links: