Eigener Imam für Wiener Soldaten

15 Prozent der Wiener Soldaten sind Muslime. Seit Juli haben sie mit Abdulmedzid Sijamhodzic einen eigenen Seelsorger. Als erster Imam hat er am Nationalfeiertag auf dem Heldenplatz gesprochen.

Seelsorge, das Freitagsgebet und Lebenskundeunterricht: islamisch leben und dem Staat Österreich dienen, das ist die Devise des muslimischen Religionslehrers, der als Seelsorger seit 1. Juli beim Bundesheer arbeitet und Soldaten aus Wien und Niederösterreich betreut. Abdulmedzid Sijamhodzic: „So sehe ich meinen Auftrag, nicht nur aus Ausbildner sondern auch als Erzieher. Denen zu vermitteln, dass eine Kompatibilität der islamischen Lebensweise mit der Zugehörigkeit zu Österreich oder mit dem Leben von demokratischen Prinzipien vereinbar ist.“

Imam beim Bundesheer

ORF

Imam mit Soldaten des Bundesheeres

Seelsorge und lebenskundlicher Unterricht

Nur am letzten Freitag im Monat kommt der Imam zum traditionellen Freitagsgebet. Dafür werden Muslime vom Dienst freigestellt. Gebetszeiten unter der Woche sind nur strenggläubigen Soldaten erlaubt und müssen wieder eingearbeitet werden.

Der Imam hält auch lebenskundlichen Unterricht ab. Zuletzt ging es um das Thema „Das Leben miteinander"."Ich war wirklich sehr stolz, dass mir die Soldaten selber gesagt haben, dass sie als Soldaten bereit wären, für dieses Land zu sterben. Das hat mir gezeigt, dass die Soldaten ihre Rollen im Bundesheer verstehen, dass sie als Soldaten und als Bürger dieses Landes sowohl Rechte als auch Pflichten haben.“

Imam Abdulmedzid Sijamhodzic am Montag 26. Oktober 2015, bei der Angelobung der Rekruten im Rahmen der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag am Heldenplatz

APA/Punz

Sijamhodzic bei der Angelobung der Rekruten am Heldenplatz

Muslime in der österreichischen Armee

Auch an anderen Fronten trägt das Bundesheer der Tatsache Rechnung, das Muslime als Soldaten im Bundesheer Dienst versehen. So dürfen strenggläubige Muslime einen Bart tragen. In der Kantine wird auf für Muslime verbotenes Schweinefleisch extra hingewiesen. Strenggläubige Muslime beim Bundesheer bekommen an wichtigen Feiertagen und bei religiösen Festen dienstfrei, wobei sie diese Zeiten an anderen Tagen einarbeiten müssen.

Erstmals spricht Imam am Heldenplatz

Wien heute hat den Imam zum Interview getroffen. „Meinen Auftrag sehe ich auch als Erzieher“, sagt Imam Abdulmedzid Sijamhodzic .

Muslime in einer österreichischen Armee sind nichts Neues. Schon vor 100 Jahren gab es Militär-Imame aus Bosnien, damals im Dienste der K.u.K.-Armee. 1956 beschloss der Ministerrat die Einrichtung der Militärseelsorge in der Zweiten Republik. Das Bundesheer hat seitdem eine katholische, evangelische und orthodoxe Seelsorge für die Soldaten ins Leben gerufen. Diese nehmen ihre Aufgabe nicht nur im Inland, sondern auch bei Auslandseinsätzen wahr.

Arbeit beim Heer mit Werkvertrag

Am 16. Juni 2015 unterzeichneten Sektionschef Christian Kemperle, als Vertreter des Verteidigungsministeriums, und Fuat Sanac, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, den Vertrag zur Betreuung der Mitglieder des muslimischen Glaubens durch einen Imam.

Hauptberuflich ist Sijamhodzic als Religionslehrer in einem Gymnasium tätig. Er ist vom Wiener Stadtschulrat angestellt und übt seine Tätigkeit als Imam auf Basis eines Werkvertrages zwischen der islamischen Glaubensgemeinschaft und dem Bundesheer aus. Abdulmedzid Sijamhodzic ist seit Juli im Amt.

„Die Menschenrechte sind unantastbar“

„Es ist die Pflicht eines Muslims, die Gesetze zu achten. Es besteht Kompatibilität zwischen der Lebensweise eines gläubigen Muslims und den demokratischen Prinzipien eines Staates. Von daher sehe ich überhaupt kein Problem, das in Einklang zu bringen“, so Sijamhodzic.

„Die Menschenrechte sind unantastbar.“ Es gebe zahlreiche Aussagen im Koran und in den Worten des Propheten, „wo das Recht auf Leben, das Recht auf Gleichbehandlung, auf Religionsfreiheit, Pressefreiheit und Meinungsfreiheit hervorgehoben werden. Das sind die Sachen, die uns verbinden und die uns allen gemeinsam sind.“

Imam: Keine Radikalisierung unter Soldaten

Die Anliegen, mit denen Soldaten bisher zu ihm kamen, betrafen „hauptsächlich technische Fragen, wie Bescheinigungen für die Strenggläubigkeit“, so Sijamhodzic. Beim Lebenskundeunterricht, der Teil der Grundausbildung ist, habe er mit den Rekruten über gesellschaftliche und religiös-ethische Fragen gesprochen. Radikale Tendenzen habe er dabei bisher keine bemerkt.

Der Imam ist mit einer gebürtigen Bosnierin verheiratet und hat vier Töchter, die selbst entscheiden können, ob sie ein Kopftuch tragen oder nicht. „Freiheit ist das höchste Gut im Islam. Es gibt keinen Zwang in der Religion. Alles, was mit Zwang kommt, ist nichtig und ungültig“, sagte Sijamhodzic.

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