Vermieter sollen Flüchtlinge betrügen

Hohe Mieten und desolate Quartiere: Flüchtlinge müssen auf dem privaten Wohnungsmarkt in Wien mit Diskriminierung rechnen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in mehreren Fällen. NGO-Vertreter warnen vor weiterer Verschlechterung.

Die schlechte Qualität der Quartiere ist nicht der einzige Punkt: Flüchtlinge werden immer wieder auch Opfer von Betrügern. In einem Fall könnten womöglich dutzende Flüchtlinge geschädigt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Sache schon seit längerem gegen den Betreiber einer Firma mit Sitz in Wien-Margareten, die zahlreichen Flüchtlingen Wohnungen vermietet.

Man prüfe den Tatbestand des Sachwuchers, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek. Bei dem Tatbestand nützt jemand im großen Stil „die Zwangslage, den Leichtsinn, die Unerfahrenheit oder den Mangel an Urteilsvermögen eines anderen“ aus, wie es im Strafgesetzbuch heißt. Die Stadt Wien sieht in dem Fall übrigens keinen Handlungsbedarf. Der Fonds Soziales Wien (FSW) habe hier bereits gehandelt.

Miete gezahlt, trotzdem delogiert

Ein anderer Vermieter, der selbst aus dem arabischen Raum stammt, trat als seriöser Geschäftsmann auf und mietete Wohnungen, darunter auch hochpreisige Objekte. Diese vermietete er an Familien aus Syrien und dem Irak weiter.

Nach ein paar Monaten gab es ein böses Erwachen: Denn in einigen Fällen leitete der angeblich seriöse Mittelsmann das Geld der Flüchtlinge nicht weiter. Seine Familie sei daraufhin von der Polizei aus ihren Unterkünften delogiert worden, sagte ein Betroffener. Auch soll der Mittelsmann Kautionen und Provisionen in der Höhe von tausenden Euro einbehalten haben.

Keine Alternative zu dubiosen Vermietern

Flüchtlingsorganisationen wie der Diakonie und der Caritas sowie den Einrichtungen der Stadt Wien sind die Vorwürfe schon seit längerem bekannt. Der FSW hat darum in einigen Fällen nach entsprechenden Hinweisen der Ermittlungsbehörden die Auszahlung von Mietzuschüssen an Asylwerber eingestellt, wenn ein verdächtiger Name im Vertrag aufscheint. Die Stadt Wien und der Steuerzahler seien aber nicht geschädigt worden, da immerhin eine „Mietleistung erfolgt sei“, wie ein Sprecher des FSW der APA sagte.

Die Flüchtlinge wissen oft vom dubiosen Ruf ihrer Vermieter. Doch es gebe keine Alternativen, klagte ein syrischer Flüchtling, der nicht namentlich genannt werden will, der APA. Der junge Mann und seine Familie wurden trotz regelmäßiger Mietzahlungen aus ihrer Wohnung delogiert - der Wohnungseigentümer hatte vom Mittelsmann nie das Geld erhalten. Dennoch schlossen die Flüchtlinge erneut mit dem mutmaßlichen Betrüger einen Mietvertrag ab. „Wir finden nichts anderes“, klagte der Betroffene.

Schwierige Lage für Flüchtlinge

Die mutmaßlichen Betrugsfälle zeigen die schwierige Lage für Flüchtlinge auf dem Wohnungsmarkt. Viele Eigentümer und Makler fordern einen Einkommensnachweis von ihren künftigen Mietern und lehnen Flüchtlinge, die nur die Mindestsicherung beziehen, von vornherein ab. Damit bleibt das Angebot von vornherein klein. Übrig bleiben darum häufig Anbieter, die abgewohnte Quartiere zu überhöhten Preisen anbieten, sagten NGO-Vertreter.

Über den Winter dürfte sich die Lage weiter verschärfen. Derzeit sind allein 8.000 bis 9.000 Asylwerber in Wien in privater Grundversorgung, sagte die Caritas-Expertin Karin Knogl. In den Bundesländern gibt es viele weitere, die - sobald sie Asyl erhalten - nach Wien ziehen wollen, um Anschluss an Freunde und Bekannte zu finden. Wie viele anerkannte Flüchtlinge in der Bundeshauptstadt wohnen, wisse man derzeit nicht, sagte Knogl. Es dürften aber angesichts immer weiterer Neuankömmlinge noch viel mehr werden.

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