Historiker und Publizist Scheuch gestorben

Der Historiker und Publizist Manfred Scheuch ist am Mittwoch 86-jährig nach einer langen schweren Krankheit verstorben. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Scheuch als Autor historischer Fachpublikationen bekannt.

Scheuch war von 1970 bis 1989 Chefredakteur des SPÖ-Parteiblatts „Arbeiterzeitung“ (später AZ) und arbeitete danach als Autor für den „Standard“. Scheuch gehörte der Journalistengeneration der Ära Bruno Kreisky an, der die Medien als wesentlichen Faktor in der Politik erkannt und für sich genützt hatte.

Scheuch

APA/ROBERT NEWALD

Mit seinen Büchern und Serien wollte der „Historiograph“ über geschichtliche Ereignisse und Länder aufklären. Das 2002 erschienene Werk „Das größere Europa“ beschäftigte sich etwa mit Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien und den baltischen Staaten. Scheuch verfasste darüber hinaus etliche Nachschlagewerke und historische Atlanten über Deutschland und Österreich.

Chefredakteur der Arbeiterzeitung

„Die Zukunft kann man nur in die richtigen Bahnen lenken, wenn man die Vergangenheit kennt“, lautete dabei Scheuchs Motto. „Das gilt für die, die Opfer geworden sind, und die, die Täter waren. Gespenster gehen nur um, wenn man Leichen im Keller liegen hat.“ Und so definierte Scheuch seinen Anspruch für historische Erläuterungen.

Am 31. Juli 1929 in Wien geboren, wurde Scheuch nach dem Studium der Geschichte Journalist. 1970 übernahm er von Paul Blau die Chefredaktion der AZ in einer für die SPÖ-Tageszeitung bereits schweren Zeit, als in Österreich die Boulevard-Berichterstattung zunahm und Parteizeitungen immer mehr Leser verloren.

Auch die Umstellung auf Kleinformat und die Fusionierung mit den SPÖ-Zeitungen von Oberösterreich und Salzburg 1985 half nicht mehr - 1989 gab die SPÖ auf, die Zeitung wurde dem damaligen Werbemanager und Freund von Kanzler Franz Vranitzky, Hans Schmid, überlassen. Sie erschien als unabhängiges Blatt - ohne Scheuch. Die Chefredaktion übernahm erst der bekannte ORF-Journalist Robert Hochner, dann Peter Pelinka. 1991 erfolgte das Aus für die AZ.

Als „Aufklärer gewirkt“

Nach seiner Zeit bei der „Arbeiterzeitung“ verfasste Scheuch große historische und zeitgeschichtliche Serien für die von Oscar Bronner neu gegründete Tageszeitung „Der Standard“. Dort würdigte der Journalist und Weggefährt Paul Lendvai am Donnerstag den Verstorbenen. Scheuch habe als „Aufklärer gewirkt“ und sei ein „Humanist, zugleich ein überzeugter Kämpfer gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ gewesen, so Lendvai.

Auch die Politik zollte Scheuch Respekt: Scheuch werde immer als eine Stimme für humanitäre Anliegen und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Erinnerung bleiben, so Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) in einer Aussendung. Die österreichische Sozialdemokratie trauere um ihr langjähriges Mitglied, erklärten SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann sowie SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid. „Manfred Scheuch hat die österreichische Sozialdemokratie nicht nur über weite Strecken mitbestimmt, sondern sie auch kritisch kommentiert und analysiert“, erinnerten Faymann und Schmid.