Mindestsicherung: Grüne fordern Ausgleichsfonds

Die Wiener Grünen fordern einen Ausgleichsfonds in Sachen Mindestsicherung. Dieser solle Mehrkosten für jene Länder abdecken, die bei Flüchtlingen nicht kürzen. Strikt dagegen ist die ÖVP, NEOS Wien plädiert für eine Wohnsitzpflicht.

Bundesländer, die durch Kürzungen dazu beitragen, dass andere Länder ihre Aysl-Betreuungsquote übererfüllen, sollen in einen Fonds einzahlen, forderte Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Wiener Grünen in einer Aussendung am Freitag. Schon jetzt, so befand Hebein, würden Flüchtlinge regelrecht nach Wien getrieben - durch verfassungswidrige Bestimmungen anderer Länder. So beschloss etwa Niederösterreich Kürzungen - mehr dazu in Mindestsicherung: Landtag beschloss Kürzungen (noe.ORF.at).

„Wien braucht Unterstützung, wenn es fast im Alleingang für ganz Österreich das Problem der sozialen und beruflichen Integration lösen soll“, verlangte Hebein von Bund und Ländern. Ein Grundsatzgesetz zur Mindestsicherung solle zudem klare Mindeststandards für alle Bundesländer vorgeben, urgierte Hebein.

ÖVP Wien: Ganz Wien „ein Sozialmarkt“

Dass Wien finanziell dafür belohnt werden soll, dass es den „Magnet namens Mindestsicherung“ weiter verstärke, Reformbestrebungen verweigere und Anreize für Sozialtourismus erhöhe, „spricht dafür, dass die Wiener Grünen den Sinn für die Realität nun völlig verloren haben“, sagte ÖVP Wien Landesparteiobmann Gernot Blümel. Die Grünen Ideen seien abzulehnen. Notwendig seien eine Systemumstellung und Reformen, um diesen Magneten zu neutralisieren.

Bei der SPÖ-Klubklausur habe Bürgermeister Michael Häupl durch völlige Reformresistenz geglänzt, am Tag danach würden es ihm die Grünen nachmachen „und überholen ihn dabei noch deutlich mit Absurditäten“, so Blümel in Richtung Rot-Grün. Dieser Paarlauf bei der Mindestsicherung „macht ganz Wien zum Sozialmarkt“.

NEOS für Wohnsitzzwang

Auch NEOS-Wien-Chefin Beate Meinl-Reisinger machte sich am Freitag Sorgen über einen Anstieg der Mindestsicherungsbezieher in Wien. Durch die Tatsache, dass viele Bundesländer Sozialleistungen kürzen, werde Wien eine noch größere Sogwirkung für anerkannte Flüchtlinge entwickeln, so Meinl-Reisinger im APA-Interview. Sollte man nicht gegensteuern, werde die Anzahl der Bezugsberechtigten von zuletzt rund 160.000 im Lauf des Jahres auf mehr als 200.000 ansteigen, so ihre Befürchtung. „Das können wir nicht stemmen“, prophezeite sie.

Ihr Vorschlag: Zwecks Entlastung Wiens soll bestimmten Asylberechtigten zwangsweise ein Wohnsitz in anderen Bundesländern zugeteilt werden können. Soll heißen: Sobald Flüchtlinge mit zuerkanntem Asylstatus bzw. subsidiär Schutzberechtigte, nicht mehr in der Grundversorgung sind und - mangels ausreichendem Einkommens - nahtlos in die Mindestsicherung fallen, könnten sie gezwungen werden, in einem bestimmten Bundesland zu leben.

Details zur Umsetzung dieser Wohnsitzauflage müsse man sich anschauen, so die Wiener NEOS-Chefin. „Ein Wohnsitzzwang löst kein einziges Problem, weil er auf Dauer grundrechtswidrig und leicht umgehbar ist“, befand dazu die Grüne Hebein.

NEOS: Parteiklausur am Semmering

Die Flüchtlingsdebatte wird jedenfalls ein inhaltliches Schwerpunktthema in der zweitägigen Parteiklausur sein, für die sich die Wiener Pinken ab Freitag, ins Sporthotel Semmering zurückziehen. Landespartei, Rathausklub, Bezirksräte - insgesamt rund 80 Leute - wollen hier die strategischen Weichenstellungen für die kommenden Monate vornehmen und zugleich Bilanz über die ersten 100 Arbeitstage als Wiener Oppositionspartei ziehen.

Häupl schließt Kürzungen aus

Kürzungen bei der Mindestsicherung schloss Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) erst am Donnerstag erneut aus. Eine „Sogwirkung“ auf anerkannte Flüchtlinge sieht er nicht: „Wenn wir ohnehin schon 85 Prozent aller anerkannten Flüchtlinge in Wien haben, was sollen wir da noch für eine Sogwirkung entwickeln?“, sagte Häupl im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag. Kritik an Häupls Haltung kam von FPÖ, ÖVP und NEOS - mehr dazu in oe1.ORF.at und in SPÖ-Klausur: Häupl stärkt Faymann Rücken.