Milchbauern protestierten mit Manifest

An drei Standorten haben Kundgebungen von Milchbauern stattgefunden. Dabei wurde ein Milch-Manifest präsentiert, in dem eine Reduzierung der Milchmenge gefordert wird. Bei der Kundgebung waren die Bauern mit Traktoren unterwegs.

Milchbauern bekommen derzeit rund 27 Cent pro Liter für konventionelle Milch und rund 40 Cent für Biomilch. Zum Überleben notwendig sind, wie es von mehreren Milchbauern hieß, „mindestens 47 Cent“. Dabei betonten mehrere Gesprächspartner, „sicher keine Almosen von der Politik“ zu wollen. Was man aber sehr wohl fordere sei eine bedarfsorientierte Milchmengensteuerung.

Milchbauern-Protest, 2. Runde

Vor einem Jahr haben die österreichischen Milchbauern protestiert, gebracht hat es nichts. Deswegen sind sie jetzt wieder auf der Straße.

Protest mit Kuhglocken

Das wurde lautstark auch unter neugierigen Augen von EU-Mitarbeitern, die beim Haus der EU aus ihren Bürofenstern blickten, gefordert. Kuhglocken wurden gebimmelt, Milchkannen und Deckel aneinandergeschlagen und extra-laute Traktor-Hupen betätigt. Symbolisch wurde zur Veranschaulichung der IG-Milch-Meinung zum problematischen Welt-Milchmarkt eine kleine Weltkugel mit Milchpulver aus Europa überflutet.

Teilnehmer bei Demonstration von Milchbauern

APA/Georg Hochmuth

Die Kundgebung begann vor dem Haus der Europäischen Union in der Innenstadt

„Politisch gewollte Überproduktion in der EU“

Derzeit laufe vieles falsch, sagte ein Bauer, der netto acht Stunden lang mit seinem Traktor aus dem oberösterreichischen Mühlviertel in die Bundeshauptstadt getuckert war. Es gebe eine „politisch gewollte Überproduktion in der EU“. Nur die Politik, auch die heimische, würde das nicht offen sagen. Zusammengefasst würden in den großen EU-Milchländern Leistungsmilchkühe mit Gen-Soja aus Südamerika gefüttert, um schlussendlich so viel Milch zu erzeugen, dass Milchpulver bis nach Indien exportiert werde - wo die ansässigen Milchbauern ebenso sterben würden, da sie auch preislich unterboten würden.

Ähnlich argumentierte der Obmann der Demo-Veranstalterin IG-Milch, Ewald Grünzweil, der viele „Grauslichkeiten am Milchmarkt“ ortet. Es brauche kein Geld für neue Exportstützen, in der die Politik ein Heilmittel sehe. Das Gegenteil sei der Fall: Solche Förderungen würde die Überproduktion nur weiter steigern. „Geld für Exportstützen macht keinen Sinn.“ Steuergeld dafür einzusetzen, dass nicht nur der heimische sondern auch der ausländische Markt zerstört werde gehe - „das kann keiner wollen, das ist krank und gehört den Politikern gesagt“.

EU solle Sorgen der Bauern ernst nehmen

Kernforderung an die EU ist, dass keine weiteren Gelder für den Export oder die Milcheinlagerung verwendet werden sollen. Dafür wurde eine Petition übergeben. Der leitende Mitarbeiter der Kommissionsvertretung in Wien, Wolfgang Bogensberger, betonte, dass die EU die Sorgen der Bauern ernst nehme. Die Krise im Milchsektor dauere schon lange, daher sei auch ein großes Paket geschnürt worden. Darauf angesprochen, dass dieses offenbar nicht reiche, sagte Bogensberger, dass die EU ihr möglichstes tue, um eine Preisstabilität zu erreichen. Kurzfristig kaufe die EU aktuell auch um 30 Mio. Euro Milch, um diese für Syrien zur Verfügung zu stellen.

Eigentlich sprachen sich alle Bauern im Gespräch - der eine nannte zehn Milchkühe sein eigen, andere 15, der nächste 20 - für eine Mengensteuerung auf Produktionsebene auf. Einer lobte beispielsweise jene Mengensteuerung, wie sie kürzlich von der Gmundner Milch eingeführt wurde. Die Politik müsse aber für Rahmenbedingungen sorgen, dass solche Mengensteurungen auf Erzeugerebene - wenn es wie jetzt notwendig sei - praktisch flächendeckend umgesetzt werde. Dann könnten sich Bauern nicht gegenseitig ausspielen.

Demonstration von Milchbauern in der Wiener Innenstadt

APA/Georg Hochmuth

Die Bauern fordern Fairness für kleinere Betriebe

Demo auch Kritik an TTIP

Die zahlreichen unterschiedlich gestalteten Plakate hatten es durchaus in sich. Die Landwirtschaftskammer vertrete nicht die Interessen der kleinen Bauern von Raiffeisen, hieß es dort beispielsweise. Auch Agrarminister Andrä Rupprechter (ÖVP) stieg auf einigen nicht unbedingt gut aus. Auf einem stand auch „Mengenbegrenzung statt Exportträumereien des Bauernbundes“.

Der Demonstrationszug - der auch genutzt wurde um Freihandelsabkommen a la TTIP zu kritisieren - von rund 30 Traktoren und Begleitfahrzeugen mit insgesamt laut Veranstaltern rund 150 Bauern wurde nach dem „Besuch“ der EU-Kommissionsvertretung weitergeführt. Unter die Agrarier gemischt hatte sich auch der Grüne-Agrarsprecher im Parlament, Wolfgang Pirklhuber.

Milch und Butterbrote für Passanten

Es sollte auch noch vor der bei Raiffeisen angesiedelten Vereinigung der Milchverarbeiter Österreichs (VÖM) demonstriert werden. Dem VÖM gegenüber gibt es die Hauptforderung nach der Milchmengenreduzierung. Dritte Station war dann noch der Morzinplatz - dort wurde ein Manifest präsentiert und außerdem gab es Milch und Butterbrote für Passanten. Das sollte helfen, ein Bündnis der Gesellschaft mit den Milchbauern aus der Taufe zu heben, so die IG Milch.

Die IG Milch veröffentlichte auch ein Milch-Manifest mit zehn Punkten, das Forderungen der Demo beinhaltet und darüber hinaus etwa auch eine Reform der landwirtschaflichen Ausbildung und einen Bürokratieabbau in der Landwirtschaft fordert. Dieses wird unterstützt von der Arge Weltläden, Attac, der Bank für Gemeinwohl, EZA Fairer Handel, Greenpeace, Fian, Südwien, Weihbischof Scharl, Welthaus Graz, ÖBV und Grünen Bauern - mehr dazu in Protestfahrt der Milchbauern (noe.ORF.at), Proteste der Milch-Bauern in Wien (ooe.ORF.at) und Milchbauern: Protestfahrt nach Wien (salzburg.ORF.at).

Proteste auch vor einem Jahr

Schon vor einem Jahr, am Tag des Endes der EU-Milchquote, haben Bauern der IG Milch in Wien demonstriert. Das Aus der EU-Milchquote hat sich stark auf die Preise ausgewirkt. Da immer mehr Milch angeliefert wird, führten erste Molkereien bereits teils umstrittene Bonus-Malus-Systeme ein, um die Mengen zu begrenzen - mehr dazu in Milchdemo: Traktoren auf dem Ring (wien.ORF.at; 31.3.2015).