Heimkinder: Ende der Frist für Entschädigung

Bis Donnerstag konnten sich ehemalige Heimkinder, die in den 1950er und 60er Jahren missbraucht worden sind, wegen einer finanziellen Hilfe bei der Stadt Wien melden. Nun ist die Frist abgelaufen. Einige Opfer wollen das nicht hinnehmen.

Johann Kailich verbrachte seine Kindheit und Jugend hauptsächlich in Heimen, auch auf der Hohen Warte. „Die Erzieher waren Schläger, das waren Ex-Nazi-Leute damals, 1957 bis 1961. Uns ist es sicher nicht gut gegangen“, so Kailich gegenüber „Wien heute“. Der heute 69-Jährige hätte Anspruch aus dem Unterstützungsfonds, zwischen 5.000 und 35.000 Euro gibt es für die Opfer von Misshandlungen in den Kinderheimen.

Klärungsgespräch als Hürde für Opfer

Allerdings wollte sich Kailich bis zum Ablauf der Anspruchsfrist bei der zuständigen Stelle, dem Opferschutzverein Weisser Ring, nicht dem psychologischen Klärungsgespräch unterziehen. „Wir müssen unser Leben dort wieder frisch ausbreiten, und das ist für uns nichts anderes als eine neue Traumatisierung“, so Kailich.

Anspruchsfrist für Ex-Heimkinder endet

Heimkinder sind in Einrichtungen der Stadt geschlagen und psychisch gedemütigt worden. Die Frist für finanzielle Entschädigung endet.

Kailich ist einer der wenigen, die es in ein normales Leben geschafft haben: Nach abgeschlossener Mechanikerlehre war er 20 Jahre selbstständig. Mit 15 anderen ehemaligen Heimkindern und einer eigens gegründeten Selbsthilfegruppe setzt er sich nun für die Rechte von anderen Opfern der Wiener Jugendwohlfahrt ein - und jetzt kämpft er gegen den Ablauf der Anspruchsfrist: „Auch unser Anwalt sieht das mit uns absolut richtig so, keine Verjährungsfrist, da das Ganze eine Folter war.“ Marianne Gammer vom Opferschutzverein Weisser Ring: „Die Frage der Menschenrechtsverletzung ist juristisch zu klären“ - mehr dazu in Heimopfer: Entschädigung noch bis 31. März.

Geld mit Symbolwert

3.000 Misshandlungsopfer meldeten sich in den sechs Jahren, rechtfertigt die Stadt Wien den Ablauf des finanziellen Anspruchs. „Der Wiener Gemeinderat hat über 52 Millionen Euro beschlossen, die an Opfer ausgeschüttet worden sind - was niemals ausreichend sein kann und niemals eine Entschuldigung sein kann, aber ein Symbol jedenfalls ist. Wir sind im österreichischen Vergleich das Bundesland, das am längsten die Möglichkeit zur Antragstellung gegeben hat“, so Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ). Die Stadt Wien bietet weiterhin zumindest psychologische Unterstützung für Misshandlungsopfer an.

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