Audimax: Fahndung nach Rechtsextremen

Die Wiener Polizei fahndet weiter nach Rechtsradikalen, die am Donnerstag im Audimax der Uni Wien eine Theateraufführung mit Flüchtlingen gestürmt haben. Mittlerweile konnten vier Verdächtige ausgeforscht werden.

Die Mitglieder der rechtsradikalen Identitären seien nach der Störaktion aus dem Audimax der Uni Wien geflüchtet, so Polizeisprecher Thomas Keiblinger gegenüber Radio Wien. Da zu dem Zeitpunkt bereits Funkstreifen alarmiert gewesen seien, habe man drei Verdächtige in unmittelbarer Nähe anhalten können. Ein vierter Verdächtiger, ein hochrangiges Mitglied der Identitären, sei im Nachhinein identifiziert worden, so Keiblinger.

Audimax vor Störaktion

ÖH Uni Wien

Das voll besetzte Audimax vor der Störaktion

Die vier Männer wurden angezeigt, insgesamt gab es laut Polizei acht Anzeigen wegen Körperverletzung - zum Teil noch gegen unbekannt. Dazu kommen Anzeigen wegen der Störung einer Versammlung. Um weitere Verdächtige zu finden, werte man etwa zahlreiche Handyvideos aus, sagte Keiblinger.

Bühne gestürmt und Kunstblut verspritzt

Rund 40 Rechtsradikale stürmten am Donnerstag gegen 20.45 Uhr eine Aufführung des Elfriede-Jelinek-Stücks „Die Schutzbefohlenen“ im Audimax der Uni Wien. Sie entrollten Transparente und Fahnen. Außerdem seien Flugblätter mit dem Text „Multikulti tötet“ in das etwa 700 Personen umfassende Publikum geworfen und Kunstblut verspritzt worden, so Keiblinger. Elf Funkstreifen der Wiener Polizei und der Sondereinheit WEGA waren im Einsatz.

Die Aktion habe sieben Minuten gedauert, dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen, berichtete Keiblinger. Danach sei es Teilen des Publikums gelungen, die Rechtsextremen hinauszudrängen, acht Personen hätten danach über Schmerzen im Bauchbereich geklagt. Bis zum Ende der Vorstellung, die nach der Unterbrechung fortgesetzt wurde, seien Polizisten im Saal geblieben.

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Störaktion im Audimax

Die Störaktion der Identitären bei der Aufführung von Elfriede-Jelinek-Stücks „Die Schutzbefohlenen“ wurde gefilmt.

ÖH ortet koordinierte Aktion

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) der Uni Wien, die den Abend mitveranstaltete, sprach am Freitag in einer Aussendung von einer koordinierten Aktion, da bei der Stürmung der Bühne auch der Obmann der Identitären Wien ausgemacht worden sei. Mehrere Personen aus dem Publikum sowie die performenden Flüchtlinge sollen geschlagen, gestoßen und verletzt worden sein. „Die laut DÖW neofaschistischen Gewalttäter_innen machten dabei keinen Unterschied zwischen Erwachsenen, Schwangeren oder Kindern, die unter den Schauspieler_innen waren“, hieß es in einer Aussendung.

Sendungshinweis:

„Wien heute“, 15.4.2016

Die Darsteller des mit dem Nestroypreis ausgezeichneten Stücks „Die Schutzbefohlenen“ von Jelinek an der Uni Wien sind Schutzsuchende aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. So wurde das Drama auch nach einem Konzept und unter der Regie von Tina Leisch und Bernhard Dechant unter dem Titel „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ aufgeführt.

SPÖ, Grüne und NEOS verurteilen Aktion

Mit Entsetzen reagierten politische Vertreter von SPÖ, Grünen und NEOS auf den Bühnensturm. Die Störaktion sei „schockierend und reiht sich leider in eine Reihe von Übergriffen dieser Gruppe ein, die zutiefst abzulehnen sind", meinte etwa Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). Es dürfe „kein Wegschauen, kein Akzeptieren und kein Verharmlosen“ geben.

Saalstürmungen seien Methoden, die man aus der Zeit des Nationalsozialismus kenne, warnte der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Albert Steinhauser. Er nahm auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache in die Pflicht, da immer wieder personelle Verbindungen zwischen den Identitären und den Freiheitlichen sichtbar geworden seien. „Alarmiert“ zeigte sich auch die Klubchefin von NEOS Wien, Beate Meinl-Reisinger: „Wir alle müssen verhindern, dass wir wieder in Zeiten geraten, wo Kunst- und Kulturveranstaltungen aus Gesinnungsgründen von politischen Gruppierungen gestört werden.“

Theaterstück soll im Rathaus aufgeführt werden

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) laden das Ensemble als Reaktion ins Wiener Rathaus ein, um das Stück dort aufzuführen, wie sie per Aussendung mitteilten. „Wir wollen damit als Stadt der Menschenrechte ein klares Zeichen setzen gegen Hetze und Ausgrenzung“, wurde Häupl zitiert. Das Theaterstück ist für Vassilakou „eine der schönsten und mutigsten Initiativen der vergangenen Monate“: „Lasst uns gemeinsam und mit Standing Ovations für ‚Die Schutzbefohlenen’ und gegen Neonazis auftreten. Jetzt erst recht“, erklärte sie weiter.

Identitäre kündigten weitere Aktionen an

Der Verfassungsschutz stuft die Identitären als „rassistisch/nationalistisch geprägt“ und dem Neonazismus nahestehend ein. Auf ihrer Website rechtfertigten sie die Störaktion unter anderem als „ästhetische Intervention“. Gleichzeitig kündigten sie weitere Aktionen an: „Es gibt keine ruhige Minute für die Profiteure des Bevölkerungsaustausches mehr! Identitäre bleiben so lange aktiv, bis sie aus den Parlamenten, Redaktionen und Fernsehstudios verschwunden sind!“

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